Wir schreiben Freitag, den 23. Juli 2010. Heute geht’s nach langer Pause, fast 2 Monaten, wieder auf die Strasse. Und es ist so quasi der Beginn einer weiteren Aera. Von nun an radeln wir als Frauenteam gegen Norden. Ich freue mich darauf. Um kurz nach 6 Uhr ist Tagwache und wir gehen direkt zum San Pedro Mercado, wo wir uns bei Rina noch einen letzten frischen Fruchtsaft genehmigen. Ein paar Extra-Vitamine koennen nicht schaden. Danach gibts Fruehstueck im Hostal und gegen 9 Uhr sind wir startklar. Wir fahren lange aus Cusco raus, dann geht’s rauf auf den Abra Arcopungo. Von dort oben betrachten wir Cusco unter eine Dunstglocke. Dann die erste Bergabfahrt. Wir essen in einem kleinen Dorf zu Mittag. Kurz nach unserer Mittagsrast fahren wir an der Queseria Suiza Andina vorbei. Dieser Ort wurde uns bereits empfohlen. Wir probieren 2 verschiedene Kaese und hausgemachte Dulce de Leche. Die ist so lecker, dass wir eine kaufen muessen, obwohl wir noch welche haben. Zudem kaufen wir einen halben Laib Kaese, richtig guten Kaese.
Wir haben uns ja fuer das Radeln in Peru auf das Schlimmste gefasst gemacht. Alle Reisenden haben so viel Schlechtes ueber die Peruaner erzaehlt. Das geht von Gringo-Rufen, Stein- und Kartoffelgeschossen bis zu aggresiven und bissigen Hunden. Doch heute sind alle Leute nett, gruessen, winken und die Lastwagen- und Busfahrer hupen zum Gruss und winken. Beim Aufsteig zum Abra Huillque werden wir von Holzarbeitern auf einen Schluck Bier eingeladen. Das koennen wir schlecht ablehnen. Wir trinken eine homoeopathische Menge und verabschieden uns wieder von der Truppe. Gegen Abernd erreichen wir 3720 M.ue.M., dann gehts rasant runter nach Limatambo, wo wir die Nacht verbringen.
Wir verlassen Limatambo kurz nach 7 Uhr. Zuerst fahren wir gute 20 km bergab. Entlang des Rio Apurimac fuehrt die Strasse durch das bergige Tal. Wir erreichen die Talsohle, ueberqueren die Bruecke. Nun beginnt die erste richtige Bergfahrt. Wir passieren die ersten Papayabaeume, spaeter folgen ganze Plantagen, Mangobaeume, Zuckerrohr und ich sehe auch eine Bananenpalme. Zudem schwirren grosse, bunte Schmetterlinge durch die Luft und Papageien kraechzen laut von den Baeumen. Und das alles auf knapp 2000 M.ue.M. Ja, der Aequator rueckt definitv naeher. Faszinierend. Wir fahren an einem Stand mit Fruechten vorbei. Ich lese: Lucuma. Moni steht extrem auf diese speziellen Dinger. Wir halten und fragen ob sie welche haben. Nein, aber Glace. Es ist noch frueh, aber wir goennen uns je eins. Die Senora bringt zwei Stuehle und wir setzen uns in die Sonne. Moni in ihrem schwarzen T-Shirt wird sogleich von Muecken umschwaermt. Wenig spaeter haben sie auch mich in Hellblau entdeckt. Trotzdem essen wir gemuetlich unser Glace, dann gehts weiter. Doch nun werden wir von den Biestern fast aufgefressen. Klein und rot sind die. Wir spruehen reichlich Antibrumm ein, dann gehts weiter den Berg hoch. Auch heute gruessen die Leute am Strassenrand und in den Doerfern freundlich und winken. Es ist mittlerweile sehr heiss, das Bergauffahren verstaerkt dies noch. Aber zum Glueck hat es neben der Strasse immer wieder kleine Wasserkanaele. Dort netzen wir unsere T-Shirts regelmaessig, sehr zur Freude der gerade vorbeifahrenden Autos… Unter einem Unterstand machen wir Mittagspause, danach ist es noch viel heisser. Wir netzen unsere Shirts alle paar Meter. So wird das Bergauffahren um einiges ertraeglicher. Kurz vor 15 Uhr erreichen wir Curahuasi. Wir trinken eine kalte Cola und beschliessen, heute schon frueh zu stoppen und hier zu uebernachten.
In Peru wird es frueh hell und frueh dunkel. Wir wollen deswegen frueh starten. Um kurz nach 6 Uhr fahren wir los. Es ist kuehl. Zuerst fahren wir etwas runter, etwas hoch, etwas geradeaus bis nach Pisanay Pata. Dort fahren wir in den Sonnenschein. Von nun an gehts wieder aufwaerts und schon um 7 Uhr ist es richtig warm. T-Shirt Zeit. Kurz danach stellt Moni einen Platten an ihrem Hinterreifen fest. Wir halten und beheben diesen. Dann geht’s weiter hoch. Es ist nicht so heiss wie am Tag zuvor. Wir sind aber auch weiter oben und es weht ein kuehles Lueftchen. In einem Dorf fahren uns ein paar Jungs auf ihren Bikes lange nach. Zuerst studieren sie intensiv unsere Fahrraeder, dann werden sie gespraechig. Sie wollen sogar zu Dorf zurueckfahren und uns Wasser bringen. Doch wir haben genug mit uns. Wir fahren weiter hoch, es geht gut voran, die Steigung ist angenehm. Bei einem Haus werden wir auf eine Tasse Chicha (selbstgemachtes Mais-Bier) eingeladen. Die Senora bringt uns auch noch einen Teller gekochte Riesenmaiskoerner und einen selbstgemachten Kaese. Die Leute hier sind wirklich nett. Wir setzen uns zu ihnen, essen und unterhalten uns. Moni verteilt die lange mitgereisten Luftballons an die vielen Kinder. Diese freuen sich riesig und es scheinen immer mehr Kinder aufzutauchen… Oder sind es immer die gleichen? Nach einer Weile verabschieden wir uns von der Familie. Wir steigen weiter hoch. Das letzte Stueck zieht sich ganz schoen in die Laenge. Kurz vor 14 Uhr erreichen wir den hoechsten Punkt auf 4000 M.ue.M., den Abra Soraquasa. Dort essen wir zu Mittag. Schoen, wenn man auf dieser Hoehe im T-Shirt dasitzen kann. Zudem geniessen wir ein fantastisches Bergpanorama. Nach dem Lunch gehts bergab. 35 km. Die kurvenreiche Abfahrt ist toll und schon bald sehen wir Abancay unten im Tal. Ebenso sehen wir die Strasse auf der anderen Talseite, die wieder hochfuehrt. Unsere Strasse. Aber im Moment konzentriere ich mich auf die Talfahrt, alles andere kommt spaeter. Kurz nach 16 Uhr erreichen wir Abancay, eine groessere Stadt. Wir suchen nach einer Unterkunft und Monis Hinterreifen ist schon wieder platt. Sie hatte am Morgen den Mantel nicht ueberprueft und da steckte ein Stueck Draht drin. Also muss sie nochmals den Schlauch flicken. Danach essen wir noch eine teure und nicht so leckere Pizza, dann fallen wir muede in unsere Betten.
Am Morgen gehen wir im Mercado Central einkaufen und trinken noch einen frischen Orangen-Papaya-Saft. Zurueck im Hostal beladen wir die Bikes, wobei ich meine Schluessel nicht finden kann. Und ich sollte das Schloss oeffnen, mit dem unsere Bikes zusammengemacht sind. Der Senor bringt mir eine Metallsaege zum Oeffnen des Schlosses, doch es ist wohl einfacher, wenn Moni ihren Lowrider kurz abschraubt. So ist es. Dann gehts bei bedecktem Himmel los. Noch ca. 500 Hoehenmeter runter. Im Tal fragen wir bei der Polizeikontrolle nochmals nach dem besten Weg. Der Senor im Hostal hatte uns die Strasse ueber Huancarama empfohlen. Die Polizisten raten uns jedoch von diesem Weg ab, da die Strecke durch viel Wald fuehrt und es da immer noch aktive Terrorzellen gaebe… Wir ueberqueren die Bruecke Arhacacha und biegen rechts ab. Nun beginnt die Schotterstrasse, zuvor hatten wir perfekten Asphalt. Es ist heiss, die Landschaft trocken mit verstaubten Kakteen und Agaven. Und nun beginnt auch die Steigung. Die Hitze macht das Rauffahren nicht angenehmer. Wir passieren ein Dorf, dort kaufen wir Wasser nach. Und wieder netzten wir unsere Kleider in den kleinen Wasserlaeufen neben der Strasse. Es geht hoch, die vorbeifahrenden Fahrzeuge stauben uns kraeftig ein. Nach ein paar Haeusern finden wir noch ein Wasserrinnsal. Wir fuellen unsere Wasserflaschen nochmals auf, zur Sicherheit und mit Micropur. Dann fahren wir weiter in die Nachmittagshitze. Eine schweisstreibende Angelegehnheit. Gegen 16.30 Uhr suchen wir nach einem Campplatz. Ueberhalb der Strasse findet Moni ein flaches Stueck. Da unser Wasser knapp werden koennte, halten wir noch einen vorbeifahrenden Truck an. Der Chauffeur schenkt uns einen ganzen Wasserkanister. Wir bringen unsere Bikes und die Taschen zum Platz. Es gibt genug Platz fuers Zelt, doch wir beschliessen, unter freiem Himmel zu schlafen. Wir richten unser Lager ein, kochen unser Abendessen und dann geniessen wir den Sternenhimmel.
Schlafen unter dem Sternenhimmel ist toll, es sei denn, es war gerade Vollmond. Hell erleuchtert scheint dieser die ganze Nacht ueber. An Schlafen ist fast nicht zu denken. Und die Luft kondensiert langsam an unseren Schlafsaecken. Um 5 Uhr ist Tagwache, der Himmel mittlerweile bewoelkt und unsere Schlafsaecke ziemlich nass. Wir fruehstuecken im Schein unserer Stirnlampen, packen zusammen und beladen die Bikes. Um 6.30 Uhr stehen wir abfahrbereit wieder auf der Strasse. Die naechsten Kurven sehen wir noch, hoch oben im Nebel. Kurve um Kurve arbeiten wir uns hoch. Es ist angenehm kuehl. Wir erreichen die Nebelschicht. Ich mag diese geheimnisvolle Stimmung. Ein paar Hunde bellen uns an. In weiten Kurven windet sich die Strasse nach oben. Das gegenueberliegende Abancay entschwindet meiner Sicht, dann taucht es wieder auf. Weit oben lichten sich die Wolken und der Blick in ein neues Tal tut sich auf. In der Mittagspause trocken wir unsere Schlafsaecke, dann geht es weiter hoch. Gegen 15 Uhr erreichen wir den Abra Cruzcasa auf 4002 M.ue.M. Knappe 1300 Hoehenmeter sind wir heute hochgeklettert. Dann gehts runter, wir sehen das Dorf Kishuara. Dieses passieren wir ausserhalb, wir wollen noch etwas weiter. Wir erreichen ein weiteres kleines Dorf, Cabira. Dort fragen wir bei einem Haus, ob wir das Zelt aufstellen duerfen. Kein Problem. Die 6 Kinder beaeugen uns neugierig. Wie geben ihnen ein paar Kekse, dann stellen wir das Zelt auf. Kaum steht dieses, ist die ganze Kinderschaar drin. Ein kleines Maedchen zeigt mir ein ziemlich verfallenes Kindervelo. Sie will damit fahren. Ich stosse es hin und her, das Maedchen spricht die ganze Zeit Quechua mit mir, ich verstehe kein Wort. Aber das scheint sie nicht zu stoeren. Spaeter duerfen die Kinder auf unsere Reader sitzen, bis es dunkel ist und sie reingerufen werden. Endlich koennen wir kochen. Doch dann kommt einer der Jungs mit einem Teller gekochter Kartoffeln zum Zelt. Fuer uns. Ebenso erhalten wir 2 Tassen mit einem unbekannten, suessen, heissen Getraenk. Schoene peruanische Gastfreundschaft.
Um 5 Uhr ist wieder Tagwache. Das Zelt ist triefend nass vom Kondenswasser. Wir fruehstuecken in der Waerme des Innenzelts. Dann packen wir die Taschen, das nasse Zelt und machen die Bikes fertig. Es ist kuehl. Die Senora ist mittlerweile auch auf und macht Feuer. Wir bedanken uns fuer alles und fahren los. Wir fahren weiter durch das Dorf. Die Leute winken, gruessen und wuenschen uns: Feliz viaje. Zur Feier des heutigen, peruanischen Nationalfeiertages schmueckt eine rot-weisse Girlande unsere Lenker. Wir fahren weiter den Berg hoch, bis wir auf 4100 M.ue.M. den Abra Huayllaccasa erreichen. Dort oben ist es kalt. Wir machen ein Gipfelfoto und ziehen uns fuer die kommende Abfahrt warm an. Der Strassenzustand hatte sich schon bei der Auffahrt verschlechtert, dies nimmt bei der Abfahrt nun zu. Es holpert gewaltig, die Haende haben viel zu tun. Zum Glueck wechselt der Belag bald wieder zu „schoenem“ Schotter. Doch nicht fuer lange. Es wird noch holpriger und auch wieder waermer. Auf diesem Streckenabschnitt wird fleissig fuer die Asphaltierung vorbereitet, was dem momentanen Strassenzustand nicht immer behilflich ist. Gegen Mittag fahren wir in das Dorf Andahuaylas ein. Wir suchen die Plaza, setzen uns auf eine Bank und essen, was wir gerade noch in unseren Taschen finden. Dann beschaeftigt uns die Unterkunftsfrage. Moni fragt eine Gruppe nach der Touristen-Info. Diese ist 3,5 km weiter die Strasse runter. Seltsam. Ich frage mich mittlerweile, ob wir im richtigen Dorf sind. Sicherheitshalber frage ich ein paar Kids. Nein, wir befinden uns auf der schoenen Plaza von San Jeronimo… Andahuaylas liegt weiter unten. Das erklaert einiges. Die Kids laufen kichernd weiter, wir steigen wieder auf die Raeder. Schlussendlich erreichen wir Andahuaylas, wo die Unterkunftssuche beginnt. Die Qualitaet der Betten laesst ueberall zu wuenschen uebrig. Nach laengerer Suche entscheiden wir uns fuer die guenstigste Unterkunft, das 1-Stern-Hotel Cusco fuer je 8 Soles pro Nacht. Wir trinken im nahen Mercado einen Saft und setzen uns auf die hiesige Plaza. Es ist richtig heiss hier. Wir essen noch ein Glace. Dann gehen wir ins Hotel. Duschen, Waesche waschen, Zelt trocken. Was halt so zu tun ist. Abends wollen wir was essen gehen. Doch alle Restaurants sind wegen des Feiertages zu. So essen wir eben in der einzig offenen Pollo-Bude. Dann laufen wir nochmals zur Plaza, wo wir Festaktivitaeten erwarten. Doch da herrscht absolut tote Hose.
Wir verbringen einen „Ruhetag“ in Andahuaylas, den ich eigentlich mit lesen fuellen will. Doch die meiste Zeit sitzen wir wie ueblich in Internet-Cafes.
Dann geht es weiter. Um 5 Uhr ist wieder Tagwache und um 6 Uhr oeffnet der Mercado, wo wir noch Brot kaufen. Dann fahren wir entlang von Haeuserzeilen runter bis nach Talavera auf 2850 M.ue.M. Dort beginnt die naechste Steigung. Und die hat es in sich. Steil geht es den Hand hinauf, auf einer von Wasser total zerfurchten Strasse. Spaeter nimmt der Steigungswinkel auf das gewohnte Mass ab. Angenehm klettern wir hoeher und hoeher. Die Leute in den einen Doerfern nehmen uns kaum wahr, auch wenn wir gruessen, in anderen winken sie freundlich, sprechen mit uns und fragen uns ueber unsere Reise aus. In Moyabamba passieren wir eine Schule, die wohl gerade aus ist. Im Nu sind wir von neugierigen Kindern umzingelt. Und diese haben unendlich viele Fragen. Nach einer Weile reissen wir uns los. Weiter geht’s nach oben. Kurz darauf erreichen wir Nueva Esperanza, ein groesseres Dorf mit aktivem Dorfleben. Wir trinken einen Bananen-Papayasaft und essen ein suesses Teilchen. Einige Hoehenmeter spaeter machen wir Mittagspause. Nach dem Essen fallen uns beiden fast die Augen zu. Gerne wuerden wir eine kleine Siesta machen, doch wer weiss wie lange wir schlafen wuerden. Diese ganze Strecke wird in den kommenden Jahren asphaltiert, heute muessen wir ein Umleitung fahren. Alle Bauarbeiter sind sehr besorgt darum, dass wir trotz Ausschilderung auch ja den richtigen Weg nehmen. Wir passieren etliche Baustellen, die Arbeiter sind sehr nett, winken immer und plaudern manchmal ein bisschen. Wir hatten von anderen Radlern, oder Radlerinnen gehoert, dass diese extrem nerven und immer hinterherpfeifen. Klar, tun sie dies auch, aber nicht allzu aufdringlich. Gegen Abend steigen wir zum Arbra Sorococha hoch. Kurz davor, auf 4200 M.ue.M. fragen wir einen Bautrupp nach einer Campmoeglichkeit. Auf die Baugelaende duerfen wir nicht, aber die Arbeiter geben uns Wasser. Und neben dem Gelaende auf einer Wiese duerfen wir das Zelt aufstellen. Anscheinend patroullieren nachts auch Sicherheitsleute um die Baumaschinen.
Die Nacht im Zelt war angenehm, nicht zu kuehl. Doch als um 5.30 Uhr der Wecker klingelt, zeigt das Thermometer -5 Grad im Zelt an. Das ganze Innenzelt ist vereist und das Aufstehen eine kalte Angelegenheit. Aussen ist das Zelt weiss und gefroren, ebenso alle Wasserflaschen. Ich packe das Zelt zusammen, meine Finger sind eiskalt. Da treffen die ersten Bauarbeiter ein. Natuerlich kommen sie zu uns und fragen wie die Nacht war. Einer nach dem anderen. Sie bieten uns wieder Trinkwasser an. Zuerst lehnen wir ab, doch dann fuellen wir all unsere leeren Wasserbehaelter. Sicher keine schlechte Idee. Dann gehts los. Die letzten paar Kilometer aufwaerts zum Abra Sorachocha auf 4260 M.ue.M. Dann folgt die Talfahrt. Wir ziehen uns warm an. Die Strasse ist gut, wir kommen voran. Dazwischen zwei kleine Steigungen, dann gehts nur noch runter. Immer wieder vorbei an Baustellen. Gegen 10 Uhr erreichen wir Uripa. Wir fahen einfach durch bis zum naechsten Dorf Chincheros. Dort versuchen wir einzukaufen, weit oben im Dorf. Wir bekommen fast alles. Doch das Dorf zieht sich noch weit in die Laenge, weiter unten gibt es sogar einen Mercado. Wir wollen einen Saft trinken, doch die Siesta scheint den Leuten hier wichtiger zu sein. Wir fahren weiter. In einer Seitenstrasse machen wir Mittagspause. Nun ist es bruetend heiss. Ich trockne das Zelt, obwohl ich mich schon da frage, ob es in dieser direkten Sonne nicht wieder schrumpft. Danach geht es weiter runter. Im ganzen etwa 55 km und mehr als 2000 Hoehenmeter.
Dazu muss ich kurz mal einen Vergleich einschieben. Das Hoehenprofil dieser Strecke gleicht wohl etwa dem Aussehen einer Toblerone-Schockolade. Die Spitzen liegen auf 4000 bis 4300 M.ue.M., die Taeler zwischen ca. 1800 und 2000 M.ue.M. Und so geht es froehlich rauf und runter und rauf und runter…
Weit unten passieren wir eine spektakulaere Schlucht und es ist heiss, sehr heiss, ganz unten im Tal. In Ayahuara kaufe ich mir eine warme Cola. Dann geht’s mehr oder weniger geradeaus weiter. Vorbei an Bananenpalmen, Mango- und Avocadobaeumen. Im naechsten Dorf gibt es Glace. Was fuer Glueck. Da koennen wir nicht vorbeifahren. Wir schwatzen ein wenig mit den Einheimischen und geniessen die kuehle Wohltat. Noch 10 km bis zur Bruecke ueber den Fluss Pampas. Da wollen wir noch hin. Nun zeigt sich links das Flussbett. Es ist riesig, doch jetzt in der Trockenzeit schlaengeln sich nur einige Arme durch. Es sieht toll aus. Nach 6 km fuehrt eine Strasse zum Fluss. Wir wollen da runter, da koennen wir sicher campen. Wir folgen der Sandpiste. Ziegen laufen uns entgegen, der Hirte meint, dass weiter unten ein Haus stehe, wo wir nach einer Campmoeglichkeit fragen sollen. Doch bei dem Haus ist niemand. Doch unten nahe dem Fluss gibts geschuetzte Plaetze. Wir tragen alles einen kleinen Weg runter. Zum Schluss die Bikes. Unten stecken hunderte von kleinen Doernchen in den Reifen. Moni zupft sie raus, doch in ihrem Vorderreifen steckt auch ein grosser Dorn. Sie zieht ihn raus: pfffft. Wieder ein Loch im Schlauch. Sie flickt dieses, ich stelle das Zelt auf. Besser gesagt, ich versuche es. Dieses ist so stark geschrumpft, dass die Stangen unter keinen Umstaenden mehr in die Koerbchen passen. Zum Glueck campen wir an einem Fluss. Ich laufe runter und bade das Zelt. Im nassen Zustand ist das Aufstellen kein Problem mehr, dafuer klebt nun der ganze Staub dran. Und die kleinen Dornengebilde sind ueberall, auch unter dem Zeltboden. Wir ueberlegen, ob wir wieder aufbrechen sollen, doch es ist zu spaet. Wir werden einfach ohne Matten schlafen, darin wollen wir keine Loecher riskieren. Und die Moral von der Geschicht. Schau immer genau den Boden an, bevor du da dein Bike hinfaehrst oder das Zelt hinstellst.
Die Nacht auf dem harten Boden ist ziemlich unbequem. Ich drehe mich vom Ruecken auf beide Seiten und wieder zurueck. Um 5 Uhr laeutet zum Glueck der Wecker. Wenigstens ist es warm warm hier. Wir tragen alls wieder auf den Weg und schieben die Bikes zur Strasse. Dort ein Dornencheck der Reifen, dann fahren wir los. Noch etwas runter, rauf, danach geradeaus bis zur Puente Pampas. Danach geht es wieder einmal den Berg rauf. Nun durch ein ausgefressenens Flusstal mit senkrechten Waenden. An einer Stelle sieht es aus wie ein riesiges Amphitheater. Dann fahren wir durch Kakteen so gross wie Baeume. Der Himmel ist etwas bedeckt, daher ist es recht angenehm zum Fahren. Wir passieren ein Haus. Ein Maedchen kommt raus, winkt und laedt uns auf einen Teller Suppe sein. Bemerkenswert, denn die kleine ist etwa 10 Jahre alt und ganz allein. Da koennen wir schlecht nein sagen. Wir duerfen in die Huette, wo uns Diana einen Teller mit Suppe gibt. So bekommen wir einen Einblick in eine dieser einfachen Wohnhuetten. Da steht ein kleines Bett aus Bambusrohren, wohl fuer die ganze Familie. 2 Holzkloetze als Stuehle, ein Regal fuers Geschirr und daneben am Boden die Feuerstelle. Nada mas. Nun kommen auch Grossmutter und Mama in die Huette. Alle sind fasziniert von den blauen Augen. Und alle sind sehr freundlich und interessiert an unserer Reise. Nach einer Weile mussen wir weiter. Die Abuela zeigt uns noch den Abzweig fuer einen schnelleren Weg nach Ocros. Wir bedanken und verabschieden uns und fahren zu der Kreuzung. Die Abkuerzung ist extrem steil. Da fahren wir wohl lieber die Vueeeeeeeeeeeeeelta, wie die Leute hier zu sagen pflegen. Gegen Mittag erreichen wir Chumbes. Dort gibt es sogar Saefte. Wir trinken einen Ananas-Papaya-Saft, dann essen wir auf der Plaza zu Mittag. Wieder begleitet von neugierigen Kinderfragen. Dann geht es weiter hoch. Nun ist die Strasse oft mit grossen Kieseln bedeckt. Ziemlich muehsam zum Fahren und zudem ist es nun auch ziemlich heiss. Gegen 16 Uhr und nach ca. 1200 Hoehenmetern erreichen wir Ocros. Ich bin muede. Wir fahren ins Dorf uns beziehen ein Zimmer in einem Hostal. Mit einer wirklich warmen Dusche. Herrlich. Abends feiern wir unseren eigenen Nationalfeiertag, den 1. August, mit einer Portion Hoernli.
Um kurz nach 6 Uhr sind wir wieder auf der Strasse. Weiter geht’s bergauf. Bis zur ersten Spitze haben wir noch ca. 1000 Hoehenmeter vor uns. Kurve um Kurve arbeiten wir uns hoch. Der Himmel ist wolkenverhangen, es ist kuehl. Auf einmal schiesst ein grosser Stein den Hang runter, genau zwischen uns beiden durch. Glueck gehabt. Aber wir fahren ja durch Zonen mit meoglichen Erdrutschen… Den wird wohl niemand geschossen haben. Und die ganzen Buesche und Pflanzen entlang der Strasse sind extrem eingestaubt. Aber dann fahren wir an einem Busch mit leuchtend pinkfarbenen Passionsblumen vorbei. Die muessen wohl erst gerade aufgegengen sein. Und sie sind ein Foto wert. Wir fotografieren, als ein Minibus vorbeifaehrt. Wenig spaeter kommt ein Mann um die Kurve gerannt und ruft: Martina! Ja? Ah, es ist der Mann von der Baustelle, der uns vor ein paar Tagen Wasser gegeben hat. Er ist auf dem Weg zu einer anderen Baustelle, da sie da oben schlecht bezahlen. Wir arbeiten uns weiter hoch, die Wolken haengen tief ueber den Bergen. Es ist richtig kalt. Aber zum Hochfahren nicht unangenehm. Wir erreichen 4100 M.ue.M. und eine Kreuzung. Beide Strassen sehen gleichwertig aus. Wir tippen auf links, doch hier oben wollen wir nicht falsch abbiegen. Wir warten auf ein Fahrzeug. Nach 10 Minuten kommt ein Bus. Wir fragen, welche Strasse nach Ayacucho fuehrt. Beide. Schoen. Und welche ist besser? Die Linke. Gut. Wir folgen der Strasse, die Steigung ist nun relativ flach. Wir erreichen 4300 M.ue.M., dann geht es runter, in ein weites Puna-Tal. Wir sehen die ersten verbrannten Grasbuschel. Wir fragen uns noch, ob diese absichtlich abgebrannt wurden. Doch nach der naechsten Kurve sehen wir riesige schwarze Flaechen. Das kann keine Absicht sein. Einige Brandherde rauchen immer noch. Das muss kuerzlich passiert sein. Seltsam. Wir fahren weiter, nach der naechsten Kurve hoeren die Brandflaechen auf. Wir fahren an einem Steinbruch vorbei. Dies waere ein guter Campplatz. Es ist noch frueh. Doch wir brauchen einen geschuetzten Campplatz, denn es weht ein heftiger Wind hier oben. Wir verstecken die Bikes und die Taschen und legen uns ein wenig in die Sonne. Das Zelt wollen wir erst spaeter aufstellen, in der Dunkelheit werden wir schlechter gesehen.
Am naechsten Morgen geht es ein bisschen hoch, dann runter, dann wieder hoch auf 4300 M.ue.M. Es ist wieder bewoelkt. Wir fahren an einigen archaeologischen Staetten vorbei, an einer Stelle sehen wir freiegelelegte, alte Waesserungskanaele. Auch sehen wir das erste Mal in Peru Vicunas. Sie sind dunkler als ihre bolivianischen Artgenossen. Noch eine letzte Steigung, dann beginnt die 40 km lange Abfahrt nach Ayachucho. Juhui. Noch eine letzte Kreuzung, wir muessen nach rechts abbiegen. Und dort steht eine Tafel. Die Strasse ist nur von 12 -13 Uhr geoffnet, die restliche Zeit ist sie wegen Sprengarbeiten gesperrt. Jetzt ist es 10 Uhr. Aber es gibt eine Umleitung. Die Senora der Strassenbaufirma sagt uns, dass wir da langsam fahren sollen, da die Strasse „un poco malo“ sei. Schon die erste Kurve ist steinig und holprig, dann fahren wir durch tiefe Rillen gefuellt mit zentimeterdickem Staub. Und mit diesem werden wir von jedem vorbeifahrenden Fahrzeug eingenebelt. Und es hat viel Verkehr auf dieser Piste. Wir fahren weiter ueber riesige Steine und versinken in den Staubrillen. Und es wird noch schlimmer. Es ist wie fahren durch ein zerfurchtes Bachbett, gefuellt mit riesigen Steinen, lockerem Schotter oder eben dem zentimeterdicken Staub. Dieser wechselt alle paar Meter die Farbe. Von schwarz zu sandfarben, dann zu violett oder rot und wieder zu grau. Das gibt eine gute Mischung auf unseren Kleidern. Und dies alles soll „un poco malo“ sein. Ha. Das ich nicht lache. Wir kaempfen uns mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit, die wohl tiefer ist, als die des Bergauffahrens, den Hang hinunter. Teilweise fahrend, dann wieder mit einem Fuss gehend. Nach einer Weile wird die Piste etwas besser, um dann wieder ins Miserable ueberzugehen. Das geht furchtbar in die Knie und Handgelenke. Irgendwann erreichen wir das Dorf Chiara. Auf der dortigen Plaza essen wir zu Mittag und sind schon bald umringt von neugierigen Einheimischen. Diese wollen wieder alles ueber uns wissen. Irgendawann kommen wir dann doch noch zum Essen, danach geht’s weiter. Nun auf schlechter Steinpiste aufwaerts. Nach weiteren nervenstrapazierenden Holperkilometern trifft die Piste wieder auf die Hauptstrasse. Wir fahren ein paar Meter, dann muessen wir vor einer Baustelle halten. Wir stehen wahrhaftig im Stau. Dann geht es ein paar Meter weiter, dann muessen wir wieder halten. Die Leute schicken uns mit den Bicis nach vorn. Wir fahren an einer Riesenschlange mit Fahrzeugen vorbei. Wir erreichen den Anfang, dort muessen auch wir warten. Um 16 Uhr soll die Strasse aufgehen. Jetzt ist es 15.40 Uhr. Wir essen ein paar Kekse und bald schon sind wir wieder die Hauptattraktion fuer die Wartenden. Moni zueckt die Peru-Karte und die Menschentraube wird nochmals groesser. Um 16 Uhr geht die Strasse auf, wir duerfen als erste los. Doch schon nach ein paar Metern halten wir und lassen die Fahrzeuge passieren. Und nach einer weitern Kurve stehen wir vor der naechsten Baustelle schon wieder im Stau. Ziemlich nervig. Dann gehts im Fast-Schrittempo weiter, wir mitten in der Kolone. Und natuerlich werden wir wieder tuechtig eingestaubt. Ich fahre hinter einem Lastwagen, teilweise sehe ich vor lauter Staub nichts mehr. Schliesslich erreichen wir das Zentrum von Ayacucho. Wir fahren zum empfohlenen Hostal. Die Senora lacht sich jedemal fast schief, wenn sie mich sieht. Mein Gesicht ist so dreckig und verstaubt, dass man sagen koennte, ich waere fuer einmal so richtig braun… oder grau. Auch der Rest – Bike, Taschen und Kleider – ist toatal verstaubt. Da hilft nur noch eins: Duschen, laukalt, und putzen.
Die Tage in Ayacucho verbringen wir mit waschen, einem gruendlichen Bikeputz und den sonstigen wiederkehrenden Angelegenheiten wie Internet besuchen, einkaufen und Saft im Mercado trinken. Im Hostal bekommen wir noch Gesellschaft von zwei oesterreichischen Jungs, was die Abende gespraechig und unsere ueblichen, fruehen Schlafenszeiten weit nach hinten verlegt.
good chapter