Die Senora des Hostals macht uns netterweise um 6 Uhr Fruehstueck. Dann heisst es wieder einmal Bikes beladen und um 7.30 Uhr sind wir abfahrbereit. Zuerst geht es lange im dichten Verkehr raus aus der Stadt. Dann wieder durch viele kleine Vororte. Wir fahren immer noch auf Asphalt und es geht mehr oder weniger geradeaus, mit einer leichten Steigung. Der Asphalt hat ja sein Gutes, aber auch sein Schlechtes. Die Peruaner nutzen die Strassenraender gerne als Muellhalde. Dies teilweise in einem ziemlich ueblen Ausmass. Und besonders gerne wird der Strassenrand als Entsorgungsstelle fuer Glas verwendet. Was sich mit glasscherbengespickten Seitenstreifen aeussert. Wohl eher ein Glasstreifen als ein Seitenstreifen. Da es auf dieser Strasse ziemlich viel Verkehr hat, fahren wir natuerlich meist auf diesem Glasstreifen. Staendig werden wir von Lastwagen und Bussen ueberholt. Wozu man sagen muss, die Lastwagenfahrer sind sehr ruecksichtsvoll, ueberholen mit grossem Abstand und wenn es nicht moeglich ist, warten sie geduldig und ohne hupen, bis die Strasse frei ist. Die Busfahrer hingegen ueberholen im Zentimeterabstand, blasen einem fast um und hupen ungeduldig, wenn wir nicht sofort die Strasse verlassen.
Wir fahren immer noch dem Fluss Mantaro entlang. Ebenso schlaengelt sich seit Huancayo ein Eisenbahngeleise dem Fluss entlang. Abends kommt uns sogar ein Zug entgegen. Viele goldene Felder saeumen den Weg. Hier ist das Tal sehr weit und flach, spaeter wird es wieder enger. Die Bergformen sind huegeliger und nicht mehr so schroff wie zuvor. Kurz vor Jauja biegen wir auf die Strasse in Richtung Lima ab. Kurz vor Mittag ist auch ein alter Freund zurueck. Der Gegenwind. Nahe dem Fluss (der Dativ ist wirklich dem Genitiv sein Tod) machen wir Mittagspause. Heute mit Vollkorn-Ciabattas. Was fuer eine Bereicherung. Danach hat der Wind nochmals aufgefrischt. Und wie es der Wind so an sich hat, je spaeter die Stunde, desto mehr blaest er. Immer wider passieren wir kleine Doerfer, dazwischen hat es viele Steinbrueche. Gegen 16 Uhr und nach ueber 100 km sehen wir ueberhalb der Strasse einen geeigneten Campplatz. Wir koennten sicher noch 1 Stunde fahren, doch wer weiss, was spaeter noch kommt. Wir schieben die Bikes so schnell wie moeglich den steilen Weg hoch. Dann setzen wir uns in die Sonne, ich lese. Das Zelt stellen wir wieder erst spaeter auf. Danach kochen wir. Hoernli mit Tomate und Peperoni. Die kleine Peperoni entpuppt sich als grosse Chili. Daher gibt es dann Hoernli a la Arrabiata con Crema.

Ich messe am Morgen 0 Grad in Zelt. Nicht so kalt. Das Aussenzelt ist gefroren und als wir die Taschen rausstellen fuehlt es sich sehr kalt an. Ich lege meine Jacke nach draussen, nach Sekunden ist sie mit einer Eisschicht ueberzogen. Alles andere auch. Die Packtaschen sind heute morgen extrem steif und lassen sich fast nicht schliessen. Wir packen alles und stossen die Bikes den Weg nhinunter. Mein hinteres Bremskabel scheint gefroren zu sein. Beim Losfahren bemerke ich, dass auch die Schaltkabel gefroren sind. Ich stecke im 7ten fest. Aber die Strasse steigt nur gering, geradeaus fahre ich einfach langsam. Es ist eiskalt, meine Fuesse gefrieren fast, ebenso meine Haende. In den ersten Sonnenstraheln, die auf die Strasse fallen, waermen wir uns auf. Das dauert. Komisch, dass es hier so extrem kalt ist oder sich zumindest so anfuehlt. Wir fahren weiter in den Schatten, aber zum Glueck sind die Schaltkabel mittlerweile aufgetaut, ich kann wieder schalten. Die Strasse steigt langsam an, und ganz langsam wird es auch waermer. Spaeter fahren wir an farbigen Felsen vorbei, die ganzen Berge zeigen immense Faltungen. Eine eindrueckliche Landschaft. Dann ein Bergwerk. Wir naehern uns definitv La Oroya, einer Minenstadt. Und nach einer weiteren Kurve wird der riesige Schlot der Schmelzanlage sichtbar. Eine riesige Anlage. Um La Oroya werden Blei, Kupfer, Zink und Silber gefoerdert. Viele Reisende bezeichen La Oroya als haesslich, doch auf mich wirkt das Ganze irgendwie faszinierend. Wir fahren durch das Dorf, kaufen Brot, und an einem Saftstand bestellen wir einen Ananas-Papaya-Saft. Wir bekommen je ein riesiges Glas fuer je 1,50 Soles (ca CHF 0,60.-) . Nicht schlecht. Dann geht es weiter. Nun ist auch Kollege Gegenwind wieder da. Und er blaest schon mittags ganz schoen kraeftig. Das interessante und auch nervige ist, dass er nach diversen Kurven und Richtungswechseln einfach immer frontal von vorne blaest. Mit dem Wind im Gesicht steigen wir nun etwas steiler hoch. Wir erreichen die Hochebene von Junin auf ca. 4200 M.ue.M. Dort sehe ich auch wieder Vicunas. Nun geht es noch ca. 15 km mehr oder weniger geradeaus bis Junin. Wir erreichen das Dorf am spaeten Nachmittag. Wir suchen eine Unterkunft, dann spazieren wir zur Plaza, wo gerade auf einer kleinen Buehne rockige Kirchenmusik gespielt wird. Wir hoeren eine Weile zu, dann suchen wir ein guenstiges Restaurant. Wir essen fuer je 2,50 Soles (CHF 1.00.-) einen Teller Suppe und den Hauptgang, dazu gibt es ein Glas Tee.

Am naechsten Morgen kaufe ich noch frisches, warmes Brot in der Panaderia, dann geht es weiter. Der Himmel ist grau und es ist kuehl. Kurz nach dem Dorf rennt der erste Hund auf mich zu. Auf der Strasse bleibt er stehen, den Blick abgewandt. Als ich an ihm vorbeifahre, rennt er in mein Bike, danach versucht er mein Bein zu schnappen. Ohne Erfolg, zum Glueck. Daemlicher Koeter. Wir fahren nun auf und ab auf der Hochebene. Es ist flach, die Wiesen golden. Fast ein bisschen wie Urugay. Wir fahren am Lago de Chinchaycocha, lagunenaehnlichen kleinen Seen, vorbei. Spaeter passieren wir das Dorf Huayre. Die dortige Plaza koennte auch in Disneyland stehen. In der Mitte ragt ein riesiger, glaeserner, violetter Maca empor. In der ganzen Gegend hier werden Macas angepflanzt, eine Knollenfrucht aus der Gattung der Kressen. Wir fahren weiter auf der Ebene, immer wieder durch kleine Doerfer. In Carhuamayo machen wir „Znuenipause“ und essen auf einer Bank ein paar Kekse und Schoggi. Zwei Frauen stossen einen Karren vorbei und gruessen. Kurze Zeit spaeter kommt die eine mit zwei Tellern zurueck. Fuer uns. Je zwei Kartoffeln und ein grosses Stueck Fleisch. Einheimische Spezialitaeten. Wirklich nett. Ich starre das Fleisch an und habe wirklich keine Lust, dieses zu essen. Aber seit einer Weile sitzen zwei Huendinnen neben uns. Wir warten, bis die Frauen ausser Sichtweite sind, dann geben wir das Fleisch den Hunden. Diese freuen sich natuerlich riesig. Die Kartoffeln sind sehr lecker. Dann gehts weiter. Nach einer Weile kommen uns wieder zwei Radler entgegen. Ein irisches Paar. Wir schwatzen eine Weile, dann fahren wir weiter. Am Rande der Hochebene tauchen nun richtig hohe Berge auf. Dann wird die Steigung etwas steiler. Mein linker Oberschenkelmuskel beginnt zu stechen, ich fahre nur noch langsam. In Pasco fahren wir zur Plaza, die wohl gerade am Entstehen ist, und essen zu Mittag. Zwei Maenner wollen Fotos mit uns machen, ein anderer redet wirres Zeug. Dann ein lauter Knall, auch hier hat es Minen. Es werden Blei, Zinn und Kupfer abgebaut. Dann weht ein heftiger Windstoss ueber die Plaza, es bildet sich eine richtig kleine Windhose. Weiter vorn nimmt sie den ganzen Abfall mit und schleudert ihn hoch in die Luft. Nach dem Mittag geht es noch ein paar Kilometer hoch, nun wieder mit Gegenwind. An einer Stelle rennt ein Rudel von sicher 8 Hunden auf die Strasse. Zuerst folgen sie Moni, dann mir. Der eine schnappt wieder nach meinem Bein. Ich weiche auf die andere Strassenseite aus. Zum Glueck kommt gerade kein Auto… Die Hunde sind richtig aggressiv hier. Eine Aussage von anderen Radlern, die wahrlich zutrifft. Spaeter treffen wir nochmals auf zwei ziemlich aggressive Hundeexemplare. Echt muehsam. Manchmal hilft schreien, manchmal kicken, manchmal Steine werfen, manchmal nichts… Und kurz vor der hoechsten Stelle bildet sich auf der linken Seite nochmals eine kleine Windhose. Wir schauen ihr eine Weile zu, bis sie sich wieder aufloest. Oben angekommen befindet sich linkerhand ein Lagune. Spaeter grasen dann ueberall riesige Alpacaherden an den Strassenraendern. Die sehen ganz schoen kuschelig aus. Wir erreichen den Abzweig nach Cerro de Pasco. Eigentlich wollten wir rauffahren, aber die Iren meinten, dass es sich nicht lohne. Also sparen wir uns die je 5 km hin und zurueck und beginnen mit der langen Abfahrt nach Huanuco. Eine tolle Abfahrt. Ohne den boeigen Gegenwind waere sie noch viel besser, aber auch so macht’s Spass. Immer wieder fahren wir an Baechen mit Menschenansammlungen vorbei. Heute ist wohl Waschtag. Dazu fahren die Leute mit ihren Autos an ein Gewaesser und waschen in geselliger Runde. Wir fahren wieder durch viele kleine Doerfer. In einer kleinen Minenstadt endet der Aspahlt abrupt und fuer eine Weile fahren wir ueber ziemlich miesen Schotter. Genug, um wieder richtig eingestaubt zu werden. Doch dann beginnt der Asphalt wieder. Wir fahren rutner bis Huariaca. Dort quartieren wir uns in dem von den Iren empfohlenen Hostal Rosa Nautica ein. Dann laufen wir etwas durch das Dorf und den Markt.

Kurz nach 7 Uhr verlassen wir Huariaca. Wir fahren immer noch auf Asphalt, doch dessen Qualitaet nimmt von Dorf zu Dorf ab. Teilweise ist die Strasse uebersaet mit badewannengrossen Schlagloechern, manchmal sieht die Strasse aus wie ein Truemmerfeld nach einem Bombeneinschlag. Die tolle Abfahrt wird hierdurch wieder einmal ziemlich abgebremst, das Fahren erfordert volle Konzentration. Auch heute passieren wir immer wieder laestige Hunde. Bellend und zaehnefletschend rennen sie uns nach. Je weiter nach unten wir kommen, desto waermer wird es . Und die Vegetation wechselt auch wieder. Zuerst Agaven und Kaktee, dann Bananenpalmen und Bougainville. Es ist extrem dunstig hier unten. Gegen den spaeten Vormittag erreichen wir die Aussenbezirke von Huanuco. Dort nimmt der Verkehr, im Speziellen der Mototaxiverkehr zu. Diese Dinger fahren einem teilweise fast um. Wir essen noch ein Glace, dann fahren wir in die Stadt hinein. Oder besser gesagt, in den total chaotischen Stadtverkehr. Autos, Toeffs, Lastwagen und zig Mototaxis ueberfuellen die Strassen. Und wir mittendrin. Es wird gehupt und nochmals gehupt. Wir suchen eine Unterkunft und beziehen ein Zimmer im Hostal Beijing. Dann lassen wir uns in der Touristeninformation zweimal alle Sehenswuerdigkeiten von Huanuco erklaeren. Spaeter suchen wir wie gewohnt den Mercado Central, wo ich einen Ananas-Papaya-Erdbeer-Saft trinke. Wir essen auf einer kleinen Plaza zu Mittag, dann heisst es E-Mail checken, Waesche waschen und unnoetige Dinge aus dem Gepaeck aussortieren. Wir wollen, bevor wir wieder in die Berge fahren, unser Gepaeck ein wenig erleichtern… Und zur unbekannten Feier des Tages goennen wir uns abends eine teure Pizza. Diese ist nicht schlecht, aber sicher meine letzte in Peru.

Wir verbringen zwei Ruhetage in Huanuco. Ich hoffe, dass sich mein Oberschenkelmuskel etwas erholen kann. Wir besuchen die archaeologische Staette von Kotosh mit dem beruehmten Tempel der gekreuzten Haende. Dieser soll 4000 Jahre alt sein. Da oben hat es wieder einmal viele Bichos, die kleinen roten Muecken, hier Zancudos genannt. Wir spruehen uns mit Off! ein, natuerlich auch im Gesicht. Netterweise schwellen abends dann meine Augenlider an, wohl eine allergische Reaktion auf diesen fiesen Spray…

Am naechten Tag fragen wir in der Touristeninfo nach der Weg raus aus Huanuco. Beim Rausgehen laufen wir gerade in eine Evakuierungsuebeung im Falle eines Erdbebens rein. Das wird anscheinend heute national in Peru geuebt. Wir sehen eine Weile zu, da werden „Verletzte“ abgeseilt, rausgetragen, verladen und alles was Sirenen hat, steht vor dem Gebaude und macht viel Laerm. Dann sehen wir uns einige Sehenswuerdigkeiten und Kirchen in Huanuco an.