Nun, eigentlich will ich ja mal kurz weg. Der Wunsch ist gross, der Wille ist auch ganz eindeutig da, aber manchmal funktionieren die Dinge nicht so, wie ich es gerne haette. Daher lerne ich nun doch etwas laenger Spanisch und erkunde Quito und Umgebung.

Wie gesagt, nun bin ich also hier und suche mir Beschaeftigungen. Ich hatte mir ja schon in Tumbes einiges ueberlegt, doch finanziell war alles ein „No Go“. Aber ich muss was tun, wenn ich mich nicht zu Tode langweilen will. Da die Variante, alleine weiterzufahren fuer mich ja nicht wirklich in Frage kommt. Da bleibt mir nicht viel anderes uebrig. Zuerst suche ich eine Sprachschule. 2 Wochen koennen nicht schaden. Mit der Vida Verde finde ich eine Schule, die mir vom ersten Moment an sympathisch ist. Dort werde ich 2 Wochen Privatunterricht nehmen. Ueberigens die Spezialitaet der Schule.

Pause in der Vida Verde. Rechts das „Lehrerzimmer“

Ich lerne viel und der Unterricht macht mir viel Spass. Aber das Ganze kostet auch. Manchmal trinke ich nach der Schule noch einen Kaffee mit den anderen Studenten. Es tut gut, andere Gesichter zu sehen. Dann gehts meistens zurueck nach Tumbaco. Dort lese ich. Doch oh weh. Eines spaeten Nachmittages ist mein Buch ausgelesen. Und kein Neues in Griffweite. Und nun?? Waehrend Monika fast taeglich trainiert und gehaetschelt und getaetschelt wird, langweile ich mich schon des Oefteren ziemlich arg. Ich muss wohl unter der Woche einfach Quito erkunden. Natuerlich kommt mir der Gedanke, mir in Quito eine Unterkunft zu suchen. Das waere echt toll, auch rein schulwegtechnisch, aber das waere dann definitv ueber Budget. So quetsche ich mich jeden Morgen um kurz nach 7 Uhr in einen meist zum Bersten vollen Bus. Nach einer Weile wirds meist etwas besser, bis in Quito der naechste Quetschbus folgt. Und Abends gehts in umgekehrter Reihenfolge wieder zurueck. Zu den 4 Stunden Schule kommen also noch jeden Tag fast 3 Stunden Busfahren dazu. Wobei einem da manchmal interessante Dinge ins Auge stechen…

Na so was? Da kommen doch wirklich Heimatgefuehle auf…

Und auch unser Toni ist allgegenwaertig

Zuerst dachte ich an einen Fake, aber er ist es wahrhaftig…

Schon bevor ich mit den Spanischklassen angefangen hatte, schrieb ich ein Mail an den „Jardin Botaníco Las Orquídeas“ in Puyo. Dort suchten sie Voluntaere, sogar jemanden der Schulmaterial und Poster designen kann. Und im Garten hilft. Wo es vor allem Orchideen hat. So eine Art Traumjob fuer mich. Die Leute waren auch sehr interessiert daran, dass ich komme. Zuerst mache ich jetzt aber noch die 2 Wochen Spanischschule und lasse mir mit der definitven Antwort fuer den Garten etwas Zeit. Ich habe auch immer wieder kleinere Zweifel, ob ich wirklich in die Selva soll. Doch dann bin ich ueberzeugt, dass es das Richitge ist. Vor allem, weil ich fuer einen Monat fliehen kann. Tumbaco ist ein doch eher langweiliges Kaff. Doch dann bekomme ich leider die Antwort vom Garten, dass in der Zwischenzeit neue Voluntaere aufgekreuzt sind und es nun keinen Platz fuer mich mehr hat. Da hab ich doch zu lange gewartet. Die Antwort schockt mich im ersten Moment, ich hatte mich nun doch wirklich darauf gefreut, dann sehe ich es so. Nun kann ich noch 2 weitere Wochen Spanisch lernen und dann vielleicht Galapagos? Wer weiss. Aber spaeter trifft mich das Ganze doch mehr als ich dachte. Ich waere so gerne weggegangen. So gerne. Schade. Nun denn, das Leben ist eben oft keine Schoggi. Im Moment ja sowieso gerade nicht. Nun sitze ich eben noch 2 Wochen hier ab.

Und wie soll es anders sein, die Bichos hocken grundsaetzlich in meinem Bett. So auch hier. Seit Tagen habe ich jeden Morgen mehr Stiche am ganzen Koerper, und die Stiche jucken furchtbar, vor allem nachts. Wahrscheinlich Floehe. Die sitzen wohl in der alten, eher ekligen Matratze. Auf der schlafe ich ja nicht direkt, meine eigene Matte liegt obenauf. Aber die Viecher koennen ja hochspringen. Entweder tun sie das, oder die Hunde uebertragen die Floehe. Irgendwoher kommen sie auf jeden Fall.

Jack, fauler Flohsack

Ich putze also das ganze Zimmer, spraye alles inkl. Matratze und Schlafsack mit Antiflohmittel ein, weiche auch die Kleider stundenlang im Wasser ein. Vielleicht kann man die Floehe ja ertraenken. Santiago glaubt ja sowieso nicht, dass es Bichos sind. Er behauptet, ich haette eine Allergie. Wenn, dann wohl gegen sein Haus… Dann breite ich meinen Footprint ueber die Matratze aus. Und hoffe, dass ich endlich Ruhe habe.

Ansonsten besuche ich wie gesagt die Schule fuer weitere zwei Wochen. Macht mir ja Spass. Und wenn ich nicht im botanischen Garten arbeiten kann, dann muss ich sonst was tun. Ich haette wohl eine andere Voluntariatsstelle suchen koennen, aber der Garten hatte mir schon sehr zugesagt und zudem war die Zeit nun etwas knapp. Ich ueberlege mir wieder einmal, nach Quito zu ziehen, irgendwie fuehle ich mich in Santiagos Haus nicht mehr wohl. Sind vielleicht auch die Bichos. Oder ich bin einfach schon zu lange hier. Aber mein Quitobudget ist eh schon lange ueberstrapaziert. Dann halt doch bei den Bichos bleiben, die ja jetzt hoffentlich nicht mehr das sind. Im Gegensatz zu mir scheint Santiagos Haus fuer doch einige andere ein „magischer“ Ort zu sein. Frische Liebespaare wohin man schaut.

Nach der Schule treibe ich mich jeweils noch stundenlang in Quito rum, mal schaue ich was an, unter anderem die Ausstellung „World Press Photo“. Immer wieder gut, diese Fotos. Ein anderes Mal besuche ich die „Capilla del Hombre„. Die Capilla del Hombre ist gleichzeitig Ausstellunsort der Kunstwerke von Oswaldo Guayasamin. Guayasamin, geboren in Quito, als Sohn eines Indígena-Vaters und einer Mestizin. Diese Herkunft ist in vielen seiner Arbeiten wiederzufinden. Ich bin fasziniert von der Grosszuegigkeit und Intensitaet seiner Kunstwerke. Zudem kann man einen Blick auf sein Haus werfen und den „Árbol de la Vida“ bestaunen. Die Capilla ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Und da man in Ecuador fast in jedem Museum fotografieren darf, hier ein paar Impressionen.

Die Capilla del Hombre

In der Capilla

Portraits von Guayasamin

Einmal schaffe ich es sogar in ein Schwimmbad, 3 km auf meiner eigenen Bahn, oder ich laufe stundenlang in der Gegend rum. Nur um so wenig Zeit wie moeglich in Tumbaco zu verbringen. Wo man uebrigens abends auch nicht schlau spazieren kann, ohne jede einzelne Strasse dreimal abzulaufen. Einmal treffe ich mich abends mit den anderen Schuelern der Casa Verde. Wir besuchen das Centro Historico von Quito mit seinen vielen Bars und Restaurants und trinken Canelazo. Canelazo ist heisser Fruchtsaft mit Schnaps. Na ja. Ziemlich suess, das Zeugs. Da der letzte Bus nach Tumbaco schon um 22 Uhr losfaehrt, heisst das auch, dass ich in Quito uebernachten muss. Alles immer etwas kompliziert. Aber an diesem Abend darf ich bei Rosa, der Dueña der Schule, schlafen, weil eine andere Studentin nicht da ist. Echt nett. Und am Morgen gibts dann das Studentenfruehstueck. Frischer Fruchtsalat, Joghurt, Muesli und Toast. Nicht uebel.

Dafuer ists mir am darauf folgenden Sonntag uebel. Tumbaco ist wirklich nicht mein Ort. Das erste Mal seit mehr als 14 Monaten in Suedamerika ist mir speiuebel. Das Ganze faengt am Sonntagmorgen an und geht die ganze Nacht so weiter. Und weil ich die Schule ja bezahlt habe, quaele ich mich am Montagmorgen in die Stadt. Die 1,5 Stunden in vollgestopften Bussen sind eine Tortur. Abwechslungsweise machen sich Schwindel und Brechreiz breit. Aber ich schaffe es bis in die Stadt, frage mich aber ernsthaft, ob dies eine gute Idee war. Na ja. Auch dieser Tag geht vorueber.

Und nach einer knappen Woche finde ich am Morgen auch wieder ueberall Stiche an meinen Beinen. Die Bichos sind doch wieder da. Waren wohl nicht sehr beeindruckt vom Spray. Zaehe Biester, wie es schient. Dann muss das ganze Prozedere wohl wiederholt werden. Ich hoffe nur, dass die Magenverstimmung keine Reaktion auf den Antiflohspray war…

Um dem Trott doch noch etwas zu entfliehen, fahre ich mit einigen Leuten aus der Schule fuer ein Wochenende nach Mindo. Am Samstag macht die Schule sowieso einen Ausflug dorthin. Fuer 1 Tag. Netterweise duerfen wir vier Abtruennigen mit dem Rest im Privatbuessli mitfahren. Mindo liegt im Nordwesten von Quito und einiges tiefer. Wir fahren also in den Dschungel. Wo es hoffentlich schoen warm ist. Kurz vor Mindo hats ein grosses, schwarzes Etwas auf der Strasse. Eine Tarantel, meint der Fahrer. Tja, wir fahren wirklich in den Dschungel… Wenns einfach keine im Zimmer hat. In Mindo suchen wir das von Santiago empfohlenen Hosal „Rubby“. Ein netter Ort. Im obersten Stock, gleich unter dem Dach, hats 4 Betten. Perfekt fuer uns 4. Und mit einem Blick aus dem Fenster sehe ich viele bunte Voegel. Wir duerfen noch mit den anderen zum Dorf rausfahren. Beim Mariposario werden wir rausgeworfen, schliesslich haben wir nicht den ganzen, teuren Ausflug bezahlt. Die anderen fahren weiter zu den Wasserfaellen, wir laufen in den Regen. Und schauen uns erst einmal das Mariposario an. Vor dem Eingang hat es Futterstellen fuer Kolibris. Und die winzigen Voegel schwirren mir um den Kopf. In einer wahren Farbenvielfalt. Es gibt die gruen-blauen und gruen-violetten, dann hat es gruen-braun-weisse und mal leuchtet ein Schnabel in orange raus. Echt cool.

Rastlose Kolibris

Und die Futterstellen werden gut besucht. Doch auch da ist es schwierig, ein gutes Foto zu machen, denn die Voegel bewegen sich extrem schnell. Wir schauen ihnen ein ganze Weile zu. Dann gehen wir in den Schmetterlingsgarten. Zuerst erklaert uns eine Señora die verschiedenen Entwicklungsstadien. Die Puppen werden im Garten gesammelt und in einen Kasten gehaengt. Dort kann man den Schmetterlingen mit etwas Geduld beim Schluepfen zusehen.

Schlupfkasten

Fluegeltrockenen

Riesig und blau

Dann laufen wir in dem kleinen Garten herum und bestaunen Farben und Formen. Immer umflattert von riesigen blauen, blaugrauen und braungelben Schmetterlingen. Wir verbringen eine ganze Weile in dem Mariposario und ich hoere dem Regenprasseln auf dem Dach zu. Scheint ziemlich heftig zu regenen. Danach wollen auch wir noch zu den Wasserfaellen laufen. Doch zuerst essen wir etwas in dem Garten. Draussen regenet es dann nicht ganz so heftig, das Tropfgeraeusch auf dem Dach muss von den Baeumen gekommen sein. Aber trotzdem regenet es. Wir verschieben die Wasserfaelle auf Sonntag und laufen nur noch zueruck ins Dorf, mit einer Vuelta zu den Ziplines oder Canopy. Doch keiner will sich durch den nassen Wald schwingen. Wir setzen uns eine Weile unter ein Daechlein und beobachten das erste Dschungeleichhoernchen. Dann zurueck ins Dorf wo es ein Feierabendbier gibt.

Verregnetes Mindo

Wir treffen wieder auf die anderen. Alle ziemlich dreckig und einige etwas unterkuehlt. Sie wollen jetzt noch zum Mariposario, doch dieses ist mittlerweile geschlossen. Da haben wir wohl den besseren und gemuetlicheren Tagesablauf gewaehlt. Eine ganze Weile spaeter machen sich die anderen auf den Heimweg und wir gehen Nachtessen. Wie gemuetlich. Dann trinken wir noch etwas. Wir sind zwar im Dschungel, aber es ist ganz schoen kalt. Dann moechte ich nur noch das bequeme Bett geniessen. Endlich wieder einmal richtiges Bett. Hoffentlich ohne Bichos. Zum Regenprasseln auf dem Dach schlafe ich ein.

Am Morgen prasselts immer noch aufs Dach. Aber die Nacht war bichofrei, wie schoen. Wir fruehstuecken ausgiebig, frischer Ananassaft, Kaffee, Spiegeleier, Broetchen, Marmelade, Butter und eine Banane, ist im Uebernachtungspreis von 8,50 Dollar inbegriffen. Dann beratschlagen wir, was wir machen wollen. Zu den Wasserfaellen laufen? In dem Regen? Hm. Wir schauen uns zuerst einen Orchideengarten an. So komme ich doch noch in einen Orchideengarten. Eine Señora fuehrt uns durch das Gruen und nennt den Namen jeder Orchidee. Aber manche der Namen entschwinden schnell wieder aus meinem Gedaechtnis. Waren wohl einfach zu viele aufs Mal…

Ich nenne sie „2 Taenzer“

Draculita

Und Dracula

Auch dort tropfts immer heftiger, meine Kamera ist nach dem Durchgang ganz schoen nass. Wie es scheint, regnet es wieder heftiger. Und wie es ebenso scheint, werden wir auch heute keine Wasserfaelle sehen. Wir laufen etwas im Dorf herum, dann essen wir auf dem kleinen Mercado zu Mittag. Dann laufen wir wieder etwas durch den Regen, um danach eine heisse Schoggi zu trinken. Ein verregneter und fauler Sonntag. Um 16 Uhr faehrt unser Bus zurueck nach Quito. Und so endet dieses doch eher nasse, aber extrem gemuetliche Wochenende.

Ach ja, und falls jemand einen guten Bookexchange in Quito sucht, hier mein Favorit. Bei Mister Bagel findet ihr bestimmt Ersatz. In diversen Sprachen. Ihr konsumiert was im Resaturant, z.B. einen leckeren Bagel und einen Fruchtsaft, danach duerft ihr Buecher tauschen. Mister Bagel befindet sich an der Avenida Portugal 546 y Avenida 6 de Diciembre im Edificio Oporto (im neuen Stadtteil).