Nach 4 Tagen Ruhe in Popayán machen wir uns auf den Weg nach Cali. Die ersten Kilometer sind gewohnt hügelig, später säumen Ananasplantagen den Weg. Und eine verbarrikadierte Polizeistation sowie eine grössere Militärkontrolle. In Cali erwartet uns eine weitere Casa de Ciclistas. Hernan und seine Familie heissen uns herzlich willkomen und wieder treffen wir auf unglaublich nette Leute.

Wir verbringen 4 Tage in Popayan. Die Wunde an meinem Knie heilt langsam, die Sehnen werden 1 mal pro Tag eisgekühlt. Die rechte scheint sich zu erholen, die linke will nicht. Ansonsten tue ich nicht viel, ist ja auch Sinn der Sache. Zumindest für mich. Am dritten Tag taucht ein Schotte im Hostal auf, er ist mit Surfbrett und auf Segelbooten unterwegs. Und Monika muss nicht alleine joggen gehen. Am letzten Tag schauen wir uns noch das Museo de Histora Natual an. Ein junger  Student gibt uns eine informative Führung. Am Schluss kommt da immer die Frage auf, ob wir ihm jetzt Trinkgeld geben sollten. Immer eine knifflige Angelegenheit. Wir beschliessen, ihm was zu geben, doch da kommt ein vehementes:“No!“. Ok. Klare Aussage. An dieser Stelle ist auch noch unser Hotel zu erwähnen. Das „Hogar del Paso“ oder die etwas absurde englische Variante „Pass Home“ ist ein sympathisches Hotel mit viel Charme. Dieser kommt vor allem von der Besitzerfamilie. Alle sehr nett, hilfsbereit und unkompliziert. Jeden Tag wird mein Knie begutachtet und ich bekomme „ärztlichen“ Rat. Der Señor ist total von meinem Bike angetan. Er ist etwa gleich gross wie ich und beginnt mein Bike im Detail zu vermessen. Davon macht er dann eine kleine Skizze. Hier kann man sich Bikes machen lassen. Sicher zu guenstigen Preisen. Ich lasse ihn dann noch einmal draufsitzen, da ist er happy. Ich kann das „Pass Home“ wärmstens empfehlen, falls jemand eine Bleibe in Popayán sucht. Auch der Preis ist in Ordnung.  Zudem haben wir eine neue Speise entdeckt. Arepas. So etwas wir gebratene Maisfladen, sie kommen in unterschiedlichen Dicken und Groessen. Und manchmal werde sie gefüllt. Mit Käse, und was sonst gerade noch zur Verfügung steht. Champinons waren sehr lecker. Kaese ist hier noch speziell zu erwähnen. Ich glaue, der gehört in jede Speise, egal ob süss oder salzig. Und dann wären da noch die Bocadillas. Unsere kleinen Energiespender.

Bocadillo in natürlicher Verpackung

Dies ist Guavenpaste, mal mit mehr, mal mit weniger Zucker. Die sind auch sehr fein und lassen einem gleich noch etwas besser den Hügel raufpedalen.

Nach diesen 4 Tagen machen wir uns wieder auf die Socken, oder besser gesagt, ich schmeisse mich wieder in die Sandalen. Oder Pedalen. Mal sehen, wie’s geht. Gegen 6.30 Uhr verlassen wir Popayán. Er tröpfelt schon leicht, der Himmel ist grau. Im morgendlichen Verkehr fahren wir im Auto-Motorrad-Fahrrad-Gewirr aus der Stadt raus. Dann geht’s weiter auf der Panam. Huegelig. Rauf und runter. Wieder hat es viele Velofahrer. Als wir kurz halten, faehrt ein Tandem heran. Die neugierigen Herren schwatzen eine Weile. Der eine Señor ist sehbehindert, darum fahren sie mit dem Tandem. Auch cool. Dann geht’s weiter, ab und zu regnet es leicht. Dies ist aber ganz angenehm, denn es ist schon wieder recht warm. Mein Knie benimmt sich auch, einzig die Hosen reiben manchmal etwas unangenehm ueber die Wunde. Die rechte Sehne ist ok, die linke macht mir sehr zu schaffen. Aber ich beisse mich durch, oder besser gesagt hoch. Gemaess dem etwas unvertrauenswuerdigen Profil von neuer Quelle sollte bald eine krasse Steigung, 8 km mit 8% Neigunsgswinkel, folgen. Doch wir fahren km um km, es gibt kleinere Steigeunen, aber gemaess Kilometerangaben muessten wir diese Steigung schon laengst passiert haben. Schoen, wenn man es nicht mal merkt. Aber anscheinend ist sie auch nicht vorhanden. Auch gut. Es geht weiter, vorbei an Bananen- und Kaffeeplantagen. Hier ist alles hügelig grün.

Grün, mit Bananen und Kaffee

Epidendren-Hänger

Ab und zu passieren wir eine stinkende Hühnerfarm. Irgendwoher muessen ja auch die billigen Pollos kommen. Und am Strassenrand sehe ich immer wieder ganze Haenge mit gelben Epidendren. Und riesige Buesche mit weissen Cattleyas. Aber sie sitzen einfach zu weit oben am Hang. Fuers Fotografieren etwas unguenstig. Aber schoen anzusehen. Das alles ist nun Teil des Departamentes Cauca. Vor dem Dorf Mondomo machen wir Mittagspause. An eine Hausmauer gelehnt essen wir unsere trockenen Broetchen. Bald bekommen wir Besuch von 2 neugierigen Hühnern. Die zwei kennen keine Scheu und ruecken uns ziemlich auf die Pelle. Natürlich haben sie es auf die Brötchen abgesehen. Gibt man nicht acht, wird einem das Brot aus der Hand geklaut. Rotzfrech.

Monika wurde soeben hinterhältig beklaut

Das eine Huhn zeigt dann noch vollen Einsatz und springt etwa einen Meter hoch, um einen ziemlich grossen Schmetterling aus der Luft zu schnappen. Wir sind baff. Nach dieser speziellen Mittagsunterhaltung geht’s weiter. Die Polizeistation von Mondomo ist total verbarrikadiert, mit Gittern und Mauern aus Sandsaecken. Daneben steht eine gepanzerter Wagen. Und die Polizisten fuellen noch mehr Säcke mit Sand. Was da wohl abgeht? Wir trauen uns nicht, die Kamera herauszunehmen. Nun sind es noch 16 km bis nach Santander de Quilichao. Und wir nehmen an, dass der grosse Berg nicht exisitert. Wir bewaeltigen noch ein paar Hügel, dann folgt eine coole Bajada. Ich stecke kurzfristig im Stau, doch dann kann ich nach ein paar Autos den Lastwgen auch noch überholen. Danach geht’s eben weiter.

Stumme Zuschauer am Wegrand

Das Wetter hier unten ist etwas besser und es ist waeremer. Ich sehe nun viele Ananasplantagen. Die Früchte werden gleich am Strassenrand verkauft. Und sehen gut aus.

Welche darfs denn sein?

Bei einem Restaurant fragen wir, ob es sie auch in Saftform gibt. Klar, lässt sich machen. Der Señor textet uns gleich zu. Und es gibt je 2,5 Gläser frischen Saft. Das tut gut. Dann bleiben noch 3 km bis nach Santander. Wir fahren ins Dorf, fahren weiter und haben wohl den Abzweig ins Zentrum verpasst. Aber beim Ortsausgang hat’s ein Hotel, das ist ok, daher suchen wir nicht weiter. Nach einer kalten Dusche laufen wir ins Zentum. Der Parque ist ziemlich schön, mit den verschiedensten Bäumen und Palmen. Später suchen wir uns etwas zum Abendessen. Arepas oder Pollo Broaster? Wieder mal Pollo. Nach einer Weile kommen 2 Polizisten in das kleine Lokal. Der eine schwafelt gleich los. Er behauptet dann gleich mal, dass die Schweizer die Ideen der Farc teilen. ?? Komischer Kerl. Es gesellen sich noch 2 Uniformierte dazu. Wieder muessen die immer gleichen Fragen beantwotet werden. Ob wir solo sind, ob wir keinen Kolumbianer wollen, ob wir tanzen gehen wollen. Der junge Kerl ist ein richtiger Clown, so was kann mal als Polizisten fast nicht mehr ernst nehmen.

Abendlicher Zirkus mit Pollo Broaster

Die 2 wohl etwas älteren Chicos schweigen die meiste Zeit. Nach einer Weile Zirkus machen wir uns auf den Heimweg. Für das lange Stück der Strasse entlang nehmen wir eine Taxi. Wir wollen ja nicht überfallen werden. Sonst landen wir noch bei der Polizei…

Der Wecker ist auf 5.30 Uhr gestellt. Ich bin schon vorher wach und hoere, dass es zu regenen beginnt. Und zwar stark. Als der Wecker dann klingelt, regnet es natuerlich immer noch. Aufstehen? Wir bleiben mal eine Weile liegen, die heutige Etappe ist ja relativ kurz. Es regnet weiter. Mal weniger, dann wieder mehr. Doch kurz nach 7 Uhr hat der Regen wohl definitiv aufgehört. Wir stehen auf und machen uns bereit. Draussen ist es schon wieder warm, trotz wolkenverhangenem Himmel. Ich kann heute nicht mehr mit langen Hosen fahren. Viel zu heiss. Ich hoffe einfach, dass nicht zuviel Dreck in die Wunde am Knie kommt. Denn meine Beine und Arme sind nach einer WEile Panam oft ziemlich schwarz gesprenkelt. Ziemlich grusig. Ich schmiere eine dicke Schicht Sonnencreme auf die Wunde. Dann geht’s los. Noch 33 km bis nach Cali. Sagt eine Strassentafel. Und heute geht es wirklich flach geradeaus. Die Panam ist nun 4-spurig und es hat viel Verkehr. Aber es geht gut voran. Einzig meine Sehnen schmerzen wieder ziemlich stark. Ich versuche es mit einem Diclofenaco. Nach einer Weile wird’s etwas besser. Und langsam klart der Himmel auf, es wird heiss. An einer Brücke wieder mal eine Militärkontrolle. Ich sehe, wie Monika angehalten wird. Dann haelt micht der Soldat auch an. Er fragt, ob wir zusammen unterwegs sind und ob ich das Gleiche im Gepäck habe wie meine Kollegin. „Ja.“ Ich verstehe den Soldaten kaum. Er redet extrem undeutlich. Aber dann darf ich gehen. Wir trinken noch einen Schluck Wasser. Wohl keine gute Idee. Der Soldat kommt wieder und meint, wir muessten nun auf den Chef warten. Dieser kommt mit einem weiteren Soldaten, die beiden stellen die paar üblichen Fragen. Woher wir kommen, etc. Und wir fragen nun, was denn los ist. Es gäbe hier Guerillaaktivitäten. Aha. Wir duerfen nun weiter. Nach km 40 essen wir mal kurz was. Soviel zu den kolumbianiaschen Kilometerangaben. Nun gibt es auch keinen Seitenstreifen mehr, der Verkehr wird echt laestig. Aber wir fahren langsam ins Stadtgebiet. Wir muessen nach links ins Zentrum abbiegen. Dort herrscht viel Verkehr, ein oranger Bus rammt mich fast von hinten,von allen Seiten hupt’s. Nicht mehr so freundlich, die Fahrer hier. Wir fragen uns durch zur angegebenen Adresse. Und ohne Umwege stehen wir bald vor dem blauen Haus. Der Casa de Ciclistas in Cali. Wie klopfen, eine Señora, Mama von Hernan, macht uns auf und heisst uns willkommen. Dann bekommen wir einen kühlen Mangosaft.  Etwa 10 Minutern spaeter klopft es wieder, ein weiterer Ciclista. Frederico aus Argentinien. Er hat lange Zeit in den USA gelebt und ist nun per Bici auf dem Weg in seine Heimat, um dort seinen italienischen Pass zu holen, mit welchem er nach Europa will. Wir unterhalten uns lange mit ihm. Nach einer Weile stellen wir mal unser Zelt auf. Das war schon lange nicht mehr „darussen“. Freut sich sicher über etwas frische Luft. Dann laueft ein junger Chico auf uns zu. Hernan Miller, unser Gasstgeber. Wir sind überrascht, dass er noch so jung ist. Wir schwatzen eine Weile mit ihm, dann macht uns Frederico einen handgemahlenen Kaffee aus Honduras. Sehr fein. Und wir schwatzen weiter. Und natuerlich fragen wir auch noch Hernan, was es mit der Militaerkontrolle und den Guerilliaproblemen auf sich hat. Er meint, dass es nach Santander bergige Regionen hat und das sich da in der Tat die Guerilla herumtreibt. Aber auf der Panam gibt es keine Probleme, die ist sicher. Spaeter serviert uns die Señora ein Tasse heissen Cacao. Wow. Hernan hatte uns am Nachmittag schon eine Schuessel mit Cacaobaellchen gezeigt. Die machen sie selbst, aus den Samen der im Garten wachsenden Cocoapflanze. Todo natural. Und aus so einer Kugel hat die Señora nun Cacao gemacht. Echt fein. Und geschmacklich nicht zu uebrtreffen. Wieder so ein Schoggi-Highlight. Obwohl, wenn man daran riecht, meinen ich und Moni einen Pizzagerucht zu erkennen. Muss all das natuerliche Fett sein. Es ist schon spaet, langsam haben wir Hunger. Zusammen mit Frederico gehen wir zum Supermercado. Mehr Milch fuer mehr Cacao kaufen. Dann beschliessen wir, in einem Restaurant zu essen. Guenstig und gut. Bald beginnt es zu regenen. Als dieser nachlaesst, gehen wir wieder zurueck. Nun ist das Haus richtig bewohnt. Da ist noch eine Buder Hernans, dann noch ein Feund des Bruders, der auch da wohnt. Zudem Daniel, ein Biologiestudent, der sich selbst Englisch, Deutsch und Französisch beibringt. Da sind wir natürlich geeignete „Opfer“. Wir sind zwar muede, aber wir unterhalten uns doch noch eine Weile mit ihm. Dann kriechen wir ins Zelt. Es ist ueberhaupt nicht so warm hier. Zudem zirpt und pfeifft es laut ums Zelt. Wirklich laut. Aber ich schlafe trotzdem bald ein. Erst der heftige Regen der fruehen Morgenstunden weckt mich wieder.