31.08. – 04.09.2011. 275 km. Von Cobán aus führt die Route hinunter in den heissen Petén. Dort liegen viele Mayaruinen, darunter das berühmte Tikal. Dieses schauen wir uns natürlich an.
Route: Cobán – Chisec – Las Pozas – Sayaxche – La Libertad – Flores
31.08.2011. Dass es zuerst raufgehen muss, wusste ich, als wir Cobán in Richtung Chisec verlassen. Cobán liegt in einem Talkessel, schon nach Lanquín ging es zuerst hoch. Danach muss es in Richtung Petén theoretisch runtergehen. Das tut es auch, mit unzähligen Zwischensteigungen. Die haben es in sich, sind extrem steil. In einem Steinbruch machen wir die erste Pause. Da beginnt mein Magen wieder aufzumucken. Nach dieser Pause bin ich nicht mehr fit, auch Kopfschmerzen ziehen langsam auf, immer wieder ist mir schwindlig. Die Strasse führt weiter durch die grüne, hüglige Landschaft. Hier hat’s nun wirklich viele Kaffeeplantagen, zudem Kardamon.
Es ist heiss. Ich bin bachnass. Das kühle Gatorade, dass wir nach einiger Suche in einer Tienda finden, tut gut. Die Leute sind hier wieder viel freundlicher, winken und grüssen. Die Kinder rufen ihr „Gringo, Gringo“, teilweise rennen sie uns entgegen, um zu winken. Einige wenige scheinen sich zu fürchten, vor den zwei Aliens. Auch in der Gatorade-Tienda werden wir von allen Kindern mit aufgerissenen Augen bestaunt. Die Hitze wird noch stärker, zum Glück werden die Hügel etwas flacher und kleiner. Gegen 14 Uhr erreichen wir Chisec. Ich fahre keinen Meter mehr weiter. Gemäss einem Truckfahrer soll es ab hier flach weitergehen. Mal sehen, was das heisst. Bomberos hat es hier keine, also nehem wir im günstigen Hotel Kenny ein Zimmer. Nach dem Mittagessen und einer kalten Dusche mache ich Siesta, danach geht’s etwas besser.
01.09.2011. Es ist neblig und bewölkt, als wir Chisec nach 6 Uhr verlassen. Eine Weile geht’s bergig-hüglig weiter. Soviel zum Thema, es soll flach sein. Die Landschaft ist üppig grün, mit dichtem Urwald am Strassenrand. Die Temperatur ist gerade noch ok. Nebel ist schon was Schönes. Dann werden die Hügel flacher, die Sonne drückt langsam durch. Dann wird die Landschaft wirklich flach, die Strasse bleibt leicht hügelig. So sollte der Petén sein. Flach und heiss. Ich überfahre die Departamentsgrenze und bin nun definitv im Petén. Die Hitze ist drückend, doch auch hier gibt’s Gatorade. Die „Gringo“ rufenden Kinder bleiben auch erhalten. „Gringa“ gibt’s hier übrigens nicht. Die Leute wohnen in mit Strohdächern bedeckten Hütten.
Ab El Pato ist die Strasse auf der Karte linealgerade eingezeichnet. In Realität macht sie noch ein paar Kurven, dann führt sie wirklich fandengerade durchs Flachland. Dieses wurde grossflächig gerodet, um Palmölplantagen Platz zu machen. Oft ein trostloser Anblick. Auch die Tumulos gibt’s noch. In Dörfern in Massen. Doch auf dem Seitenstreifen kann man ausweichen. Einmal muss ich dies links tun, dann wieder über die Strassenabbruchkante auf die Strasse zurück. Ich komme ins Strudeln, verliere die Kontrolle über das Rad. Ich sehe mich schon den Aspahltboden abschleifen, doch ich bekomme wieder eine Art Gleichgewicht, kann mich fangen. Am Schluss liegt das Rad auf dem Boden, die umstehenden Frauen glotzen mich an, aber Hilfe will niemand anbieten. Ich gebe Zeichen, dass alles in Ordnung ist. Ich frage mich, was hier passieren müsste, bis wirklich jemand hilft. Guatemala halt. Aber ich muss so schnell wie möglich raus aus diesem Land, mein Knie ist schon wieder aufgeschalgen. Noch mehr sollte es nicht strapaziert werden…
Nach ca. 40 schnurgeraden, drückend heissen Kilometern eine Kurve. „Die“ Kurve. Hier liegt Las Pozas, hier wollen wir bleiben, denn weitere 30 km bis nach Sayaxche wären etwas viel. Es gibt keine Unterkunft, aber eine Kirche. Der Pastor ist da, aber er spricht kein Spanisch. Nur Mopan oder eine sonstige Mayasprache. Doch der Sohn ist da, er übersetzt. Wir dürfen dort bleiben, in einem Gästeraum mit 3 Beetten. Kaum ist alles drin, wird uns Kaffee angeboten. Ohne eine Antwort abzuwarten stehen 2 Tassen da. Dann das Gleiche mit einem Atol, einem heissen Maisgetränk. Das schmeckt soso lala. Die Señora schaut uns zu, wie wir trinken, dann kommt sie rein und steicht mir übers Haar. Wenn schon mal ein Engel vorbeikommt… Der Pastor zeigt uns die Dusche, aber in der Nähe hat es auch die Laguna Las Pozas. Dort kann man baden. Machen wir doch das, dann können wir baden und Kleider waschen in einem, indem wir einfach gleich angezogen ins Wasser steigen. Nach 5 Minuten Fussmarsch erreichen wir die grosse Laguna. Das Wasser ist seichwarm. Wie eine Badewanne. Um uns herum sind Einheimische am sich Waschen oder Wäsche waschen. In Ufernähe hat es ein paar grosse Steine, auf denen kann man wunderbar im Wasser umfläzen. So baden wir sicher ein Stunde, dann wird’s etwas kühl. Klitschnass laufen wir zur Kirche zurück. Mit einem paar trockenen Hosen gibt’s im Dorf noch etwas zu essen: Reis, Bohnen, Eier und Tortilla. Wie wir es mögen. Der Heimweg ist etwas abenteuerlicher, denn in dem Dorf gibt es keine Strassenlaternen. So endet der eine oder andere Schritt im Matsch. Im Haus sind nun zwei Jungs, die die Kirche nachts bewachen. In der Nachbarskirche wurden kürzlich viele wertvolle Dinge gestohlen. Der eine redet gebrochen Spanisch. Und ist neugierig. Es ist interessant, wie wenig die Leute da wissen. Aber kein Wunder, der Junge war noch nie weiter weg als im Nachbarsdorf, kann mit der Machete umgehen, das ist seine Arbeit. Und er weiss nicht einmal, dass es in ganz Lateinamerika Latinos mit brauner Hautfarbe gibt. Er dachte, Guatemaltekos seinen die einzigen. Da wird einem wieder so richtig klar, wie privilegiert wir sind. Später mache ich es mir mit der Matratze auf dem Bett bequem. Auge in Auge mit einer grossen Cucaracha. Aber auch sie mag kein Off!.
02.09.2011. In der Nacht zieht ein heftiges Gewitter über Las Pozas, es wird sogar richtig kühl. Als wir Las Pozas verlassen, ist es schon wieder warm. Im 90 Grad Winkel geht es zur gestrigen Geraden weiter. Hüglig-flach. Da tänzelt vor mir etwas über die Strasse. Yuhuii! Eine Tarantel. Ich lasse ein Auto vorbei, dann sehe ich mir das Tierchen an. Kaum habe ich die Kamera unten, läuft sie auf mich zu. Etwas mehr Abstand bitte, Señora Tarantula.
Dann geht’s weiter, Hügel hoch, Hügel runter. Die Hügel sind teilweise noch recht gross. Eine schweisstreibende Angelegenheit. Dann der Parque Nacional El Rosario. Und plötzlich herrlicher, dichter, schattenspendender Wald. Ein krasser Wechsel. Bald folgt der Abzweig zur Laguna El Rosario. Die folgt in 300 Metern. Da könnten wir Pause machen. Kaum halte ich, werde ich von Moskitos angfallen. Ein Fall für Off!. Solange es nicht in Augennähe gelangt, geht es ganz gut damit. Die Laguna ist klein, es soll Krokodile darin haben. Baden kann man auch. An einem Picknicktischchen essen wir unsere Kekse, dann geht’s weiter. Der Wald endet bald wieder, es wird drückend heiss. Wir erreichen Sayaxche. Dort muss der Rio de la Pasión mit einer Fähre überquert werden. Das geht zügig und Bicis werden gratis transportiert.
Nun wird die Strasse flach, es ist heiss. Drückend heiss. In El Subín gibt’s ein Gatorade und Schatten. Zumindest für ein Weilchen. Dann weiter in die flache Hitzestrasse. Das Fahren wird fast langweilig, der Schweiss rinnt. Gegen 12.30 Uhr erreichen wir La Libertad. Bis Flores fehlen gemäss einem Strassenschild noch 50 km. Zuviel für heute. Wir bleiben in La Libertad und nehmen uns im Hotel Oriental ein Zimmer. Bomberos hätte es hier auch, aber wir haben Zeit und nutzen diese für eine Siesta. Dies funktioiniert im Hotel einfach besser als bei den Bomberos.
03.09.2011. Ca. 50 km sollen es also noch bis Flores sein. Die Sonne ist gerade aufgegangen und taucht die Landschaft in ein warmes Licht, der Tau des nächtlichen Regens glänzt. Am linken Strassenrand überwuchern Windengewächse körperhaft den Boden. Was sie da wohl zu verstecken haben?
Flach geht es weiter in Richtung San Francisco. Moni hat schon wieder Hunger und wir haben Zeit. Für ein zweites Frühstück. So gibt’s kurz nach 7 Uhr in einem Restauran zwei Desayunos Tipicos. Mit feinen Tortillas. Alles ist gut, bis ein junger Betrunkener Aufmerksamkeit will. Und ein Bier. Er macht uns immer wieder an, doch dann weist ihn die Señora des Restaurants zurecht. Mit vollen Mägen geht’s danach wieder in die Hitze. Ich habe zuviel ggessen, etwas unangenehm zum Fahren. Ich bin definitv kein Frühstücksmensch. Schon gar nicht ein Doppelfrühstücksmensch. Dann wieder ein Strassenschild. Santa Elena folgt in 8 km. Also waren es ab La Libertad noch 40 km bis Flores. Auf unserer Karte waren 30 km angegeben. Manchmal sind Kilometerangaben ziemlich relativ. Es wird nochmals hügeliger, dann folgt Santa Elena. Wir fahren durch, auf der Suche nach der Ausfahrt nach Flores. Flores liegt auf einer Insel im Lago Petén Itza. Schliesslich finden wir den Damm, rauf auf die Gringo-Insel. Das Gringo-Hostal „Los Amigos“ ist uns zu teuer, im „Mirador El Lago“ finden wir eine günstige Bleibe. Erst später stellt sich heraus, dass wir in einer Brüllaffenkolonie gelandet sind. In einem Israeli-Hostal. Mit entsprechendem Lärmpegel. Es ist heiss in Flores, ich wage mich kaum auf die Strasse. Aber schliesslich wollen wir nach Tikal. Also wieder zum „Los Amigos“. Dort werden auch Touren angeboten. Für eine solche kaufen wir uns später ein Ticket. Dann wollen wir kurz ins Internet, aber alles ist extrem teuer hier. Wirklich Gringo-Landia. Nach weiterem Hitzeschlendern machen wir das einzig Richtige: in den See springen. Der ist gleich neben dem Hotel. Und brühwarm. Keine wirkliche Abkühlung, aber trotzdem eine Wohltat.
04.09.2011. Heute ist frühe Tagwache angesagt. 3.30 Uhr. Vor dem Hostal „Los Amigos“ ist schon gut was los, als wir kurz vor 4.30 Uhr dort eintreffen. Drei Büschen werden gefüllt, dann geht’s los. Um 5.45 Uhr erreichen wir den Parque Nacional Tikal. Dort bezahlen Extranjeros 150 Quetzales Eintrittsgebühr. Guatemaltekos 25 Quetzales, Sonntags ist es für sie gratis. Und heute ist Sonntag. Aber sie sollen meist erst Nachmittags kommen. Der Park öffnet die Tore um 6 Uhr, es fehlen noch 18 km, dann sind wir da. Im Jaguar Inn gib’ts einen Snack- und Klostopp, dann laufen wir endlich los. Unser Gúia ist César, Inhaber von César’s Tours. Sehr empfehlensewert. Er gibt uns viele Infos zu Tikal und dessen Geschichte, zu den Mayas, zieht aber auch immer wieder Vergleiche zu anderen Kulturen wie den Inkas oder den Ägyptern. Sehr interessant. Nun laufen wir in den Park, vorbei an einer streitenden Coati-Meute. Coatis oder Coatimundis sind kleine, waschbärähnliche Tiere.
Dann ein Ceibabaum, Nationalbaum Guatemalas. Der, der hier steht hat natürlich eine ganz grosse Geschichte. Und ist voller epiphytischer, also nicht parasitärer, Pflanzen.
Tikal war eine der bedeutensten Maya-Städte der klassichen Periode, vom 3. bis 9. Jahrhundert. Was noch interesswant ist, die Mayas waren kein Imperium wie z.B. die Inkas, sondern Stadtstaaten. Tikal erstreckt sich über 65 Quadratkilometermeter, wobei der zentrale Bereich 16 Quadratkilometer einnimmt. Tikal bedeutet in Maya „Ort der Stimmen“ oder “ Ort der Sprachen“. Steht man auf einem der hohen Tempel und spricht, werden die Stimmen unten auf der Plaza gehört. Und zu Zeiten der Mayas gab es viele Stimmen. Viele wiederhallende Laute.
César führt uns zu einer „Aufwärmtreppe“, dann laufen wir durch dichten Regenwald zum Templo IV. Eine Holztreppe führt steil auf den 70 Meter hohen Bau. Oben herrscht eine Brutshitze. Von hier oben hat man einen genialen Ausblick über die flache Landschaft und die Tempel der Plaza Grande.
Danach erklärt uns César weitere Fakten. Die Tempel von Tikal sind im Sternbild des grossen Wagens angeordnet. Auch andere Stätten richten sich an den Konstellationen von Himmelskörpern aus. Die Mayas waren sehr interessiert in der Astronomie, ebenfalls hatten sie einen Kalender. Und der endet am 21.12.2012. Auf dieses Datum warten ja auch unsere Hippiefreunde in Vilcabamba, Ecuador. Dann geht nämlich ihrer Meinung nach die Welt unter, doch Vilcabamba ist sicher vor dem Desaster. Mal abwarten. Wir laufen weiter zum Templo III, vorbei an vielen unausgegrabenen oder angegrabenen Bauten.
Nun hat César eine Tarantel aufgetrieben. Sie wird rumgereicht, die, die wollen, dürfen sie halten. Armes Ding.
Dann geht’s weiter zum Parque Central mit dem berühmten Templo I oder Templo del Gran Jaguar, dem Templo II oder Templo de las Máscaras oder Templo de la Luna, der Acrópolis Central, einer riesigen Wohnanlage und der Acrópolis Norte. Hier verabschiedet sich César, wir haben Zeit, uns die Bauten anzuschauen.
Wir durchstreifen die Acrópolis Norte, dann steigen wir auf den Templo II. Was für eine Hitze. Aber von hier oben hat man einen tollen Blick auf die Plaza und die darumliegenden Bauten. Und natürlich auf den Templo I.
Danach laufen wir durch die riesige Acrópolis Central, oder die Wohnalnagen der Mayas. Obwohl ich mir anhand der verbleibenden Reste nicht so genau vorstellen kann, wie die Menschen lebten. Die Räume sind winzig.
Zum Schluss schauen wir uns noch den Templo V an. Auch ein imposanter Bau. Hier darf man nicht rauf, die Holztreppe würde wahrscheinlich zusammenkrachen.
Das schöne an Tikal ist, dass man immer durch dichten Wald läuft, vorbei an nur teilweise ausgegrabenen Bauten, oder an pyramidenförmigen Hügeln, wo sich noch mehr versteckt. Nun wird es trotz schattenspendender Bäume heiss. Zeit zum Zurücklaufen. Wir wollten eigentlich länger bleiben, aber nach 6 Stunden ist mein Aufnahmevermögen für heute gesättigt. Das Zurücklaufen zum Ausgang dauert eine Weile, die Anlage ist riesig. Wieder zurück in Flores brütet sie Hitze weiter, wir machen letzte Besorgungen für die morgige Weiterfahrt. Danach schlendern wir nochmals durch das Städtchen. Es ist Semana Cívica, eine Art Feierwoche, Flores hat Besuch aus den Nachbarländern, auf der Plaza werden diverse Tänze vorgeführt. Ein farbenfrohes Spektakel.
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