05. – 13.07.2012. 546 km. Jetzt fahren wir also zum ersten Mal in Richtung Süden und sollten endlich einmal Rückenwind haben. Doch da haben wir uns tüchtig getäuscht, auf der ersten Süd-Etappe kämpfen wir gegen heftigen Gegenwind. Gemein. Ansonsten ist es wunderbar, der Sommer ist da, die Blumen blühen und die Strassenränder leuchten in den buntesten Farben. Das relativiert die Strapazen deutlich.

Route: Inuvik – Dawson City – Stewart Crossing – Pelly Crossing – Carmacks* – Braeburn – Whitehorse

01.07.2012. Inuvik. Wir befinden uns immer noch im Land der Mitternachtssonne. Es ist der 1. July, Canada Day. Hierzu gibt’s einige Aktivitäten in der kleinen Stadt. Wir begeben uns zum Pancake-Breakfast in der Community Hall. 10$ kostet das Ganze. Nicht gerade günstig, doch der Betrag geht an eine lokale Kindertanzgruppe. Das ist ok. Später machen wir eine geführte Tour durch das Community Greenhouse. Früher war dies die Eishockeyhalle, heute stehen darin Gartenbeete. Jeder kann eins haben, kostet 85$ pro Beet plus 15 Stunden Gemeinschaftsarbeit. In der kurzen Sommerzeit aber gedeiht hier alles prächtig und schnell. Wir machen uns ein Bild davon.

Früher Eishockey, jetzt Gemüse und Blumen

Und verpassen die ganzen Canada Day Aktivitäten. Danach ist ein Besuch im Visitor Center angesagt. Wir müssen nachfragen, ob sich jemand auf unsere Annonce gemeldet hat. Wir suchen ja jemanden, der uns nach Dawson mitnehmen kann. Die junge Dame meint, es hätte ein Schweizer Brüderpaar vorbeigeschaut, der eine sei etwas skeptisch gewesen. Nun denn. Wir müssen uns nun aktiv um unsere Mitfahrgelegenheit kümmern. Auf unserem Camping laufen wir mal durch die Reihen. Wir fragen zuerst bei zwei deutschen Damen nach. Schwierig. Der nächste Camper fährt nur nach Tshiigehtchic. Da sitzen noch zwei Herren vor einem Pick-up Camper. Ob der zu klein ist? Nun, fragen können wir ja trotzdem. Und siehe da, es sind die zwei Brüder aus der Schweiz und gleich von Beginn ist alles kein Problem, die beiden wollen uns sofort mitnehmen und meinen, sie bekommen unser Zeugs schon in den Camper. Sie laden uns gleich auf ein Glas Wein ein und wir schwatzen eine Weile mit Petz und Johnny. Dies übrigens ihre Pfadinamen von früher. Dann werden wir auch gleich noch zum Nachtessen eingeladen. T-Bone-Steak, selbstgebackenes Brot und Salat. Wow! Am nächsten Tag wollen die beiden sympathischen Brüder noch nach Tuktoyaktuk fliegen, gegen 18 Uhr könnten wir losfahren. Perfekt.

02.07.2012. Seit Tagen brennt der Wald rund um Inuvik, auch heute ist die Stadt wieder total rauchverhangen.

Nördlich von Inuvik brennt es

Aus dem Flug nach Tuktoyaktuk wird nichts. So können wir schon früher losfahren. Wir packen alles in den Camper, die Bikes passen gerade knapp rein. Gegen 13.30 Uhr fahren wir los, gemütlich auf der Rückbank des grossen Pick-ups geht’s in Richtung Regen. Mit dem Auto geht das Ganze richtig zügig und die Landschaft wechselt so schnell, dass sie überhaupt nicht mehr langweilig wirkt. Wir sehen sogar eine Elchkuh mit ihrem Jungen. Bei der Mackenzie-Fähre treffen wir auf Terry. Der 65-jährige Neuseeländer ist auf dem Weg nach Inuvik, wir hatten schon von Alvaro von ihm gehört. Wir versorgen ihn mit Keksen und Schokolade und schwatzen eine Weile mit ihm. Schön, wie er nur so von Energie strahlt. Dann geht’s weiter, über den Fluss, bald folgt auch schon die Peel-Fähre und gegen 18 Uhr erreichen wir Eagle Plains. Dort laden uns Petz und Johnny ins Restaurant zum Nachtessen ein. Die zwei sind echt supernett! Vielen herzlichen Dank! Wir stellen unser Zelt wieder auf unseren mückenverseuchten Stammplatz und der Hausdrachen ignoriert uns noch immer.

03.07.2012. Wir werden auch noch zum Frühstück eingeladen. Uns geht es richtig gut. Dann machen wir uns bei grauem Himmel wieder auf den Weg. Bald fahren wir durch dichtesten Nebel. Später fahren wir an dem abgebrannten Waldstück vorbei. Das war ein ganz schön grossflächiger Brand. Und wir sind richtig froh, sind wir per Auto auf dem Rückweg, denn nun ist die Strasse weitgehend nass und sogar fürs Auto klebrig. Nun geht’s runter zum Ogilvie River. Dort haben wir vor ein paar Tagen für 2 Tage Wasser getankt, nun ist der Fluss eine braune Brühe mit extern hohem Wasserstand. Hier muss es in den letzten Tagen viel geregnet haben. Auch umliegend ist alles unter Wasser. Den Fireweeds hat der Regen wohl gut getan, diese haben sich in dieser kurzen Zeit entwickelt und stehen weiträumig in Blüte. Pink säumt den Strassenrand. Schön. Im Blackstone Valley sehen vor noch mehr Elche, einer ist gerade im Two Moose Lake am grasen, fühlt sich dann aber wohl von den immer mehr werden Touristen etwas belästig und verzieht sich ins Gebüsch, vorher aber jagt er noch einem Paar einen Schrecken oder guten Filmshot ein.

Algengrasender Elch

Schrecken oder Schnappschuss?

Je weiter wir gegen Süden fahren, desto bessr wird nun das Wetter. In Dawson schliesslich scheint die Sonne und wir schnappen und die allerletzte Tentside im Happy Valley Campground. Wow, hier kann man einfach so draussen sitzen, es hat fast keine Moskitos. Eine Wohltat. Petz und Johnny verwöhnen uns noch weiter und laden uns in die „Drucken Goat Taverne“ zu einem superleckeren griechischen Nachtessen ein. Die zwei sind wirklich meine Superhelden des hohen Nordens. Einen lustigeren und unterhaltsameren Transport nach Dawson kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Und diese herzliche Grosszügigkeit. Ewigen Dank euch beiden!!!

04.07.2012. Wir verabschieden uns von Petz und Johnny. Die beiden fahren heute weiter, wir verweilen noch einen Tag in Dawson. Kette gründlich reinigen, Bike putzen und abspritzen, eine ganze Menge Postkarten an unsere bisherigen Wohltäter bis Bellingham schreiben, einkaufen, duschen und Ordnung ins Gepäckchaos bringen. Das dauert, doch dann steht alles bereit für die Abfahrt in Richtung Süden, nächstes Ziel Whitehorse.

05.07.2012. Weiter geht also die Reise per Pedales. Der Start in Dawson ist wieder kühl, doch schon bald wärmt der Sonnenschein. Nach einem natürlich obligaten Stop beim Bake Shop folgen die bekannten 40 km bis zur Klondike River Lodge. Eines hat sich jedoch extrem verändert. Alles blüht. Die Blumenvielfalt am Strassenrand ist enorm, die Farben leuchten um die Wette und die Blüten verströmen ihre süssen Düfte. Der Sommer ist da. Das sieht richtig toll aus.

Auch das Gras blüht

In der Klondike River Lodge gönne ich mir, was wohl, einen Kaffee. In Fahrtrichtung verdunkelt sich der Himmel richtig bedrohlich. Wir folgen nun weiter dem Klondike Highway, bald geht’s längere Zeit den Berg rauf. An vielen Orten ist die Strasse aufgekratzt worden, an einigen Stellen gewässert. Was bleibt, nasser Schotter. Jetzt war mein Rad doch so schön sauber. Tzzz… Bei einer Rest Area machen wir Mittagspause, dann geht’s noch etwas weiter hoch, danach wird es flach und später führt die Strasse hügelig durch die Hochebene. Wir hatten schon den ganzen Tag Gegenwind, hier oben wird er nun deutlich stärker. Aber wurden ja mehrmals darauf hingewiesen. Wie war das jetzt mit dem Wind? Jetzt fahren wir gegen Süden und haben immer noch Gegenwind? Das stimmt doch etwas nicht. Na ja. Mal abwarten. Wasser gibt es hier oben auch kein sauberes, nur braune Swamppfützen, dann der Gravel Lake. Auch braun.

Eigentlich sieht’s am Gravel Lake ganz hübsch aus

Ein entgegenkommender älterer Amerikaner meint, in ca. 20 folge ein Fluss mit filterbarem Wasser. So weit werden wir nicht mehr fahren, wir halten nach einem Campspot Ausschau. Bei der zweiten Seitenstrasse ca. beim Kilometermarker 619  finden wir einen tobelähnlichen Streifen mit gutem Boden. Ideal. Ich stelle das Zelt auf, Monika bettelt am Straßenrand nach Wasser. Bei den Massen von RV’s sollte das kein Problem sein. Ist es nicht und so kommt sie mit viel Wasser und sechs feinen Getreideriegeln zurück. RV-Wasser-Stöppeln ist einfach cool. Ich beginne zu kochen, während Monika es fertigbringt, den Reissverschluss der Moskitonetztür total zu vermurksen. Der ist im Eimer. Zum Glück hat es hier nicht so viele Blutsauger. Aber die kommen bestimmt wieder. Gegen 22 Uhr lässt der Wind nach und mit einem Schlag sind sie da. So schnell geht das. Nichts wie rein ins Zelt und Tür zumachen.

06.07.2012. Gegen 8 Uhr fängt das Gebläse wieder an. Wir starten den Tag gleich mit gutem Gegenwind. Wie nett. Hügelig geht es weiter, immer in Kampf gegen den Wind. Am Strassenrand blühen die Blumen weiter in allen Farben, immer dichter werden die Gewächse. Schafgarben entströmen ihren starken Duft und die Fireweeds leuchten um die Wette. Es ist wirklich Sommer.

Sommerliches Blumenradeln

Die hiesigen Blumen erinnern mich stark an die schweizerische Alpenflora, viele gleiche Blumen. Nun kommen uns drei kanadische Radlerjungs entgegen. Sie geniessen den Rückenwind, wir kämpfen nach einem kurzen Schwatz weiter gegen den Wind an. Immerhin gibt es Abschnitte, wo es etwas weniger bläst. Gegen 16 Uhr erreichen wir die Moose Creek Lodge. Dort wird nicht nur Deutsch gesprochen, sondern Bärndütsch. Jawohl. Ich trinke einen Kaffee, zudem finden hier zwei kleine Plüschraben den Weg in unser Eigentum. Nun, Monika erhält ihr verfrühtes Geburtstagsgeschenk.

Ein neuer Begleiter

Die Damen der Lodge geben uns noch viel Wasser auf den Weg und wir radeln noch einige Kilometer. Nun treffen wir auf zwei junge Amerikaner im Eiltempo, Whiterhorse – Beginn Dempster in drei Tagen. Gleich danach, 2 km vor der Stewart Crossing Tankstelle fahren wir zu einer Stromgeneratorenanlage hoch und finden ein gutes Campplätzchen.

07.07.2012. Heute Morgen werden die Mücken und Black Flies ziemlich lästig, es windet kaum, der Himmel ist bedeckt.

Stewart Crossing wortwörtlich

Wir überqueren den Stewart River und gegen 8.56 Uhr erreichen wir die Stuart Crossing Tankstelle. Die öffnet aber erst um 9 Uhr. Doch keinen Kaffee? Nein, denn die Dame dreht das „closed“ Schild pünktlich 4 Minuten später auf die „open“ Seite und der Kaffee ist auch schon fertig. Wunderbar. Danach geht’s gehabt hüglig weiter, rauf und runter, immer wieder durch die farbige Blumenpracht.

Am Strassenrand blüht’s

Noch windet es kaum, kaum zu glauben. Doch mit den unzähligen Hügeln ist das Fortkommen doch eher langsam. Bei einer Auffahrt folgt ein Schotterabschnitt, wo wir ziemlich eingestaubt werden. Darauf kommt dann in der Pause noch Antibrumm. Kein Wind = Flugbiester. Der Himmel wird langsam immer dunkler, in der Mittagspause fallen ein paar Tropfen. Mehr nicht. Gegen 16 Uhr erreichen wir Pelly Crossing am Pelly River. Bei der Tankstelle hat es einen kleinen Supermark, wir kaufen ein paar Dinge. Draussen weht ein kalter Wind, der Himmel ist eine graue Suppe und es tröpfelt leicht. Der Verkäufer meint, er regne bald. Nun, dann schauen wir uns mal das Shelterhäuschen auf dem Camping an. Der Platz sieht verwaist aus, überquellende Abfalleimer, rumliegender Müll. Da will man nicht campen. Aber im geschlossenen Shelterhäuschen wäre es ganz angenehm. Wir suchen nach einer Lösung, ein nicht freistehendes Tunnelzelt auf einem Holzboden aufzubauen. Mit Hilfe einer Tischplatte, Wäscheschnur und zwei kleinen Holzkeilen steht die Hütte dann doch irgendwann. Nicht schlecht.

Improvisation ist alles

Draussen lichtet sich der Himmel langsam und bald ist am Horizont ein blauer Streifen sichtbar. Na ja, so haben wir wenigstens für die Nachte einmal etwas Dunkelheit, denn eigentlich hätten wir noch 15 – 20 km fahren wollen. So gehen wir bald zum Nachtessen über. Heute ist ja Monikas Geburtstag. Zu diesem Anlass hat sie sich in Anchorage „Astronautennahrung“ gekauft, gefriergetrocknete Expeditionsnahrung. Die „kochen“ wir nun. Katmandu Curry und zum Dessert Mocca Mousse Pie.

Monikas Geburtstagsmenu

Das Curry ist nicht schlecht, etwas fade, das Dessert ist richtig gut. Nun wissen wir also, wie das Zeugs schmeckt. Dann geniessen wir noch einen wunderschönen Abend mit Sonnenschein und blauem Himmel. Das Wetter macht eben was es will.

08.07.2012. Am Morgen ist der Himmel immer noch strahlend blau, es weht ein kühler Wind. Im Tankstellenshop gibt’s natürlich noch einen Kaffe, dann geht’s los. Hügelig, rauf und runter mit viel Gegenwind. Puh! Heute sollten wir eigentlich irgendwann auf Lorenzo und Julien treffen. Die beiden sind vor 2 Tagen in Whitehorse gestartet. Den Basken Lorenzo haben wir in Tumbaco, Ecuador, in der Casa de Ciclistas kennengelernt. Er ist nun seit 15 Jahren unterwegs, seit einer Weile mit dem Welschschweizerin Julien. Wir fahren weiter durch waldige Hügellandschaften am Strassenrand weiterhin blühende Blumen. Das Ganze erinnert schon an die Schweiz. Was hier in Kanada einfach total anders ist, ist diese endlose Weite. Die gefällt mir extrem gut. Gegen 13 Uhr kommen uns tatsächlich zwei Ciclistas entgegen. Lorenzo und Julien. Cool. Wir schwatzen eine Weile, dann beschliessen wir, hier gemeinsam zu Mittag zu essen. In Spanisch-Englisch unterhalten wir uns bestens und tauschen einige Erfahrungen aus. Es ist schön, Lorenzo nach einem Jahr hier wieder auf der Strasse anzutreffen. Auch Julien ist ein ganz interessanter Kerl. Ciclistaleben eben.

Wir mit Lorenzo und Julien

Danach machen wir uns wieder auf in den Kampf gegen den Wind während sich die Jungs mitreissen lassen. Fies. Nach einer ganzen Weile kommt der Yukon wieder in Sichtweite und nach 83 km haben wir Ausblick auf die berühmten 5 Finger Rapids.

Wir sind wieder am Yukon

Wir wollen noch weiter, ca. 10 km. Die sind nach 1 Stunde Hügel hochfahren erreicht. Nun brauchen wir noch Wasser, doch der RV-Vekehr war nicht mehr so fliessend heute Nachmittag. Aber eins hält doch etwas widerwillig und eine Dame gibt uns ein wenig Wasser. Nun, bis Carmacks fehlen nur noch 18 km, so kommen wir auch mit wenig aus. Wir wollen vor dem Ort campen und suchen nach einem geeigneten Campsspot. Doch irgendwie finden wir nichts Passendes, die Fahrt den Hügel runter geht rassig und bald landen wir beim „The Coal Mine“ Campground etwas vor Carmacks. Eigentlich wollten wir kein Geld ausgeben, nun ist es halt doch passiert. 15,75$ für eine  Site direkt am Yukon. Leider ist es schon spät, ca. 20.30 Uhr, so bleibt wenig Zeit den eigentlich ganz hübschen Ort zu würdigen. Kochen, waschen, immerhin mit warmem Wasser, und ab ins Bett heisst nur noch die Devise.

09.07.2012. Der Morgen am Yukon ist ziemlich kalt. Ca. 3 km nach dem Campground folgt Carmacks. Im Grocery Store kaufen wir ein paar Keks und natürlich einen Kaffee. Der ist bei dieser Kälte zweimal gut. Dann geht’s weiter, nun mit deutlich mehr Verkehr. Zu Beginn ist es noch hügleig, dann folgen lange Geraden mit leichtem Anstieg. Und natürlich Gegenwind. Ansonsten wie gehabt, Spruce Trees und Birken, viele Blumen, ein paar Tümpel. Doch dann folgen die Twin Lakes. Wow, was für eine Farbenschauspiel. In einem See schimmert es lindgrün, dann folgt der nächste mit einem atemberaubenden Türkis. Wie in der Karibik. Wunderschön!

Wunderschöner Twin Lake

Eigentlich ein idealer Ort für die Mittagspause, doch eigentlich wollen wir noch etwas weiterfahren. Denn heute soll schätzungsweise nach 90 km die Braeburn Lodge mit den berühmten Cinnamon Buns folgen. Zudem soll man da gute , grosse Portionen bekommen. Wir wollen da abendessen. Nach guten 60 km finden wir ein gutes Plätzchen für die Mittagspause. Es ist kühl, der Himmel überzieht sich immer mehr mit einer grauen Wolkenschicht. Nach der Pause fahren wir weiter sanft ansteigend hoch und zack, nach 78 km erscheint die Braeburn Lodge am rechten Strassenrand. Viel früher als erwartet. Es ist kurz nach 17 Uhr und ich immer noch satt. Draussen riecht es schon fein nach Zimt. Drinnen steht ein Harley-Typ am Tresen und ich sehe die Teile. Reisendinger. Wir stehen rum und werweisen, ob wir jetzt doch was essen sollen. Auf jeden Fall kaufen wir mal so einen Cinnamon Bun. 9$ und sicher fast ein Kilo schwer. Wir stehen noch etwas weiter rum, plaudern mit zwei Finnen auf Kanutour und beschliessen dann, uns einen Burger zu teilen. Die sehen nämlich auch lecker aus und sind ebenfalls ziemlich riesig. Lecker ist der Burger dann auch, serviert in einem selbstgebackenen Brötchen. In der Braeburn Lodge sollte man also auf jeden Fall Halt machen auf dieser Strecke. Während wir unseren Burger essen, kommen sicher 20 neue Buns aus der Küche, alle sind innerhalb einer halben Stunde weg. Wahnsinn. Der Harley-Mann gibt uns noch einen guten Tipp für einen Campspot beim Little Fox Lake. Doch zuerst folge ein grosser Hill. Wir füllen Wasser nach und weiter geht’s. 18.30 Uhr. Der Himmel wir immer grauer, nun beginnt’s auch noch zu tröpfeln. Ein Mann in einem vorbeifahrenden Pick-up meint, es folge ein Riesenhügel, hier unten hätte es einen guten Campspot. Wir schauen uns die Kiesgrube mal an, doch hier haben schon viele gecampt, überall liegen Essensreste rum. Bärentechnisch nicht gut. Nun tröpfelt es nicht mehr, wir nehmen die Steigung in Angriff. Doch bald wird’s wieder nass. Und immer nässer. Der Regen wird immer stärker. Es folgt die Fox Lake Fire Rest Area. In diesem Gebiet herrschte 1998 ein riesiger Waldbrand, von einem unachtsamen Camper ausgelöst. Riesige Teile des Waldes wurden zerstört, das Schwellfeuer überdauerte sogar einen Winter. Wir suchen hier nach einem Campspot. Auf moosigem Grund hinter einem Busch finden wir genügend Platz fürs Zelt. Mittlerweile regnet’s ziemlich stark, alles ist total durchnässt. Immerhin saugt der Moosboden das Wasser richtig auf, so baden wir nicht bald in einer Pfütze. Hoffentlich hört der Regen in der Nacht auf, denn selbst meine Regenjacke ist total durchnässt.

10.07.2012. In der Nacht wird es ziemlich windig. Der Morgen ist dann noch windiger und eiskalt. Aber immerhin trocken. Langsam drückt sogar die Sonne durch. Nun wird es Zeit, den riesigen Cinnamon Bun auszupacken. Frühstück. Mal was anderes.

Nein, nein, ich werde ihn nicht alleine verspeisen

So einen sollte man sich in der Braeburn Lodge wirklich leisten, denn er ist auch sehr fein. Nun muss ich die warmen Handschuhe rausgaben, denn es ist wirklich saukalt. Dann geht der Kampf los. So massiven Gegenwind hatten wir in den letzten Tagen noch nie. Noch ein wenig den „Riesenhügel“ hoch, dann etwas runter und nochmals ein paar Kilometer den Berg rauf. Dann folgt die Abfahrt zum Little Fox Lake. Auch dieser leuchtet in den tollsten Farben. Die  Seen in dieser Gegend sind wirklich sehenswert.

Auch am Little Fox Lake ist’s schön

Hügelig geht’s dem See entlang, der Wind bläst nun extrem böig. Ein harter, kalter Kampf. Bald folgt der riesige Fox Lake, nun fallen sogar einige Schneeflocken vom Himmel. Ein extremes Wetter heute. Doch zum Glück hält der Schnee nicht an, die Wolken werden vom starken Wind gleich verblasen. Nun folgt ein Abschnitt mit extrem straken Böen, ich werde der Öfteren fast vom Rad geworfen. Das zehrt echt an den Nerven und Kräften. Dann wird der Wind etwas schwächer. Nach der etwas windgeschützten Mittagspause geht’s bald um einen Kurve und vor mir erstreckt sich eine fadengerade, flache Strasse fast ins Endlose. Der Wind bläst mir mit voller Stärke ins Gesicht. Ich fühle mich wie in einem Windkanal. Gegenwindkanal. Für die nächsten ca. 18 km geht’s mit 8 – 10 km/h weiter, zudem hat es nun viel Verkehr und immer noch keinen Seitenstreifen. Da ist volle Konzentration gefordert, denn der Wind schlägt das Bike hin und her, es ist oft schwer zu kontrollieren. Diese Gerade zieht sich furchtbar lange dahin und ich fluche immer wieder lautstark in den Wind. Dann endlich eine Kurve und bald folg die Abzweigung auf den Alaska Highway in Richtung Whitehorse. Doch Abzweigung heisst nicht Windrichtungswechsel, oder zumindest nur minim. Immer noch bläst er von vorne. Hier hat es noch mehr Verkehr, aber immerhin einen Seitenstreifen. Gegen 18 Uhr erreichen wir endlich Whitehorse. Total erschöpft von diesen heutigen 90 km im Kampf gegen den Wind. Dieser Abschnitt  war fast härter als der Dempster. Mental ganz bestimmt. Gegenwind hat meist mehr psychologische als physiologische Nebenwirkungen. Doch nun sind wir eindeutig wieder in der Zivilisation. Walmart, Starbucks… und ein MacDonalds. Jetzt eine grosse Portion Pommes. Das wäre super. Machen wir doch, zur Feier des Ankommens. Zudem können wir da kurz die Mails checken. Denn MacDonalds ist ja einer der Orte mit free Wi-fi. Und auf wen treffen wir auch gleich? Jasmin. Bernhard ist für 2 Wochen nach Deutschland geflogen. Wir schwatzen noch eine Weile mit ihr, dann nehmen wir die letzten Kilometer zu unserem Warmshower Phillippe in Angriff. Dessen Haus ist unverkennbar mit dem grossen Felgen-Dome.

Phillippes Haus ist unverkennbar

Wir werden unkompliziert begrüsst und dürfen unser Zelt inmitten von Bikes, Kanistern und Teilen im Backyard aufstellen. Man, da passen wir gerade haarscharf rein.

Backyard Camping

Phillippe steicht gerade noch das Bad, duschen muss wohl bis morgen warten. Kommt auch nicht mehr drauf an. Wir unterhalten uns noch eine Weile mit dem kauzigen und sehr sympathischen Phillippe und dann fallen wir müde auf die Matten.

11.07. – 13.07.2012. Ausschlafen. Das tut gut. Dann gibt’s einen Kaffee und bald taucht auch Phillippe wieder auf. Er hatte bis vor 2 Jahren einen eigenen Bikeshop, nun ist er eher Künstler. Aber immer noch ein Supermechaniker. Mit vielen Ersatzteilen. Er findet gleich eine neue Bremse für Monikas Rad und richtet ihre Gänge neu ein. Zudem schweisst er meinen Ständer, der hat schon wieder den Geist aufgegeben. Dann ajustiert er noch meine Bremsen. Super, so schnell ist das Thema Bike erledigt. Phillippe fährt heute noch nach Dawson zu einem Künstlertreffen, aber erst Abends. So können wir ihn wenigstens abends noch bekochen. Also schnell einkaufen gehen. Huch, endlich wieder eine Reisenauswahl und anständige Preise. Es gibt sogar richtig cheape Dinge. Das ist echt beruhigend. Dann wird es auch schon Zeit, mit dem Kochen zu beginnen. Linsen-Gemüse-Curry mit Basmatireis. Immer wieder gut, so ein Curry. Nun streckt noch eine Freundin von Phillippe den Kopf zur Tor rein. Trudy ist ganz begeistert von unserer Reise, sie hat wohl noch nie Langzeitcicilistas getroffen. Alles will sie genauestens wissen. Wir schwatzen lange, dann macht sie sich auf den Weg, ebenfalls verabschiedet sich Phillippe. Und wir können hier so lange bleiben, wie wir wollen, seine 3 Housemates sind es gewohnt, Ciclistas um sich herum zu haben. Das Zelt steht zwar im eher kühlen Yard, aber wir können unsere Zeit in der etwas wärmern Küche verbringen. Das ist nicht schlecht.

So vergeht die Zeit wie immer in Pausenzeiten. Essen, kaputte Dinge ersetzten, essen, Blog schreiben, rumrennen, Kaffee trinken, diverse Dinge erledigen, essen, waschen und einkaufen. Und so treffen wir auch wieder auf unsere zwei Schweizer Helden. Vor dem Canadian Superstore. Petz und Johnny sind ebenfalls zurück in Whitehorse und werden am Sonntag in die Schweiz zurückfliegen. Die zwei müssen wir wirklich mal besuchen.

Und nun sollten Körper und Geist wieder fit sein für etwas mehr Gegenwind, denn ganz so schnell werden wir ihn wohl noch nicht los sein. Morgen geht’s auf dem Alaska Highway weiter in Richtung Watson Lake.