14.07. – 19.07.2012. 460 km. Gemäss Wettervorhersage hatten wir noch mehr Gegenwind zu erwarten. Mental bin ich darauf vorbereitet. Doch manchmal kommt alles anders und wir genissen doch über weite Strecken… Rückenwind. Was für ein ganz anderes Fahrgefühl. Da kommt Freude auf. Freude am Fahrradfahren. Sheer Cycling Pleasure. Ansonsten gibt es über diese Strecke auf dem Alaska Highway nicht allzu viel zu sagen, viel Wald, Berge, Seen, Blumen und kanadische Weite. Und Bären. Von ganz nahe.
Route: Whitehorse – Jake’s Corner – Johnsons Crossing – Teslin – Rancheria – Watson Lake
14.07.2012. Wetterbericht Whitehorse, 14.07.2012., teilweise bewölkt, Wind SSE, 12 m/h. So soll es die nächsten beiden Tage sein. Mit diesen Angaben machen wir uns auf den Weiterweg. Der Himmel ist schon mal bewölkt. Ok. Raus aus dem Tal, in dem Whitehorse sitzt, zurück auf den Alaska Highway. Dieser führt hügelig mit gutem Seitenstreifen in Richtung Südosten. Der Himmel wird immer dunkler. Zur ersten Pause erreichen wir den March Lake, Ursprung des Yukon River. Nun fängt’s tatsächlich an zu regnen. Nicht stark und nicht lange. Doch es ist kühl. Wir folgen nun lange dem March Lake, die Hügel werden sanfter, wir kommen schnell voran.
Wohl auch weil der Wind nicht aus SSE, sondern aus NNW bläst. Rückenwind! Muchas Gracias. Nun brechen auch die Wolken wieder auf und zur Mittagspause geniessen wir Sonne. Danach sausen wie weiter. Gegen 16 Uhr erreichen wir Jake’s Corner. Dort gibt’s einen Kaffee und wir füllen Wasser auf. Heute wollen wir die Gunst der Stunde nutzen und noch einige km fahren. Bei einer Rest Area treffen wir auf 4 Radler. Ein Paar aus New York und ein Grossvater mit Enkel aus Montana.
Wir unterhalten uns eine Weile, dann machen wir uns auf den Weg zum nächsten Campground. Der ist gemäss dem Quartett geschlossen, aber man könne da wunderbar zelten. Auf die Frage, wieso er geschlossen sei, meint der Enkel, wegen einem Bären. Ich fasse es als Witz auf. Wir düsen weiter. Nach weiteren 12 km folgt der geschlosse Squanga Lake Campground. Wegen einem Bären in der Area. Tja, was nun? Wir fahren mal rein. Wäre hübsch hier. Aber schlussendlich beschliessen wir, weiterzufahren. Und nach 118 Tageskilometern schlagen wir uns ca. 10 km nach dem Campground in die Büsche. Weit und breit kein brauchbarer Baum, um unser Zeugs aufzuhängen. Dann halt wie immer. Smelly Food in der Bärbox und Drybag weg voneinander entfernt vom Zelt lagern. Das funktioniert auch diese Nacht.
15.07.2012. Mal sehen, was das Wetter heute so macht. Der Morgen ist wieder grau bewölkt. Ok. Wir schieben die Räder zurück auf die Strasse. Und siehe da, das Wetter hat wohl gemerkt, dass es sich gestern geirrt hatte. Leider. Denn heute bläst uns der Wind wieder aus SSE entgegen. Gegenwind. Nun denn. Auf geht’s. Nach ca. 10 km folgt die Abfahrt zur Johnson Crossing. Tankstelle, RV Park und Restaurant. Und Bakery. Klar gibt’s hier einen Kaffee. Eigentlich sollte das alles sein, doch dazu gesellen sich 2 Turnovers und ein Cinnamon Bun. Die Besitzerin bietet uns auch noch das Wi-fi an. Das brauchen wir nicht, doch wir schwatzen eine ganze Weile mit ihr. So kommen wir auch auf den geschlossenen Campground zu sprechen. Da ist wohl ein grosser, aggressiver Grizzly, der sogar die bärensicheren Abfallcontainer aufgerissen hat, in der Gegend. Auf der Suche nach Food hat er wohl auch Leute angegriffen. Nun soll dort eine Falle aufgestellt sein. Gut, dass wir gestern weitergefahren sind. Die Dame meint auch, dass wir doch wenn möglich in der Nähe von Leuten campen sollten. Das wäre sicherer. Da wäre ich mir nicht so sicher, denn Leute = Food. Irgendwo im Busch machen die Bären die Verbindung von Mensch und Food nicht. Oder hoffentlich noch nicht. Und wir lagern ja immer alles weit weg vom Zelt. Werden wir auch in Zukunft so machen.
Wir brechen auf, über die Brücke über den Teslin River, dann geht’s hügelig entlang des Tessin Lakes bis nach Teslin. Irgendwo auf dem Weg merke ich, dass die Schrauben meines Ständers locker sind. Nun, so ein Supermechaniker ist unser Philippe wohl doch nicht. Auch die hintere Bremse schleift, das behebe ich selbst noch an diesem Abend. Na ja. In Teslin füllen wir bei der Tankstelle mit Grocery Store Wasser auf. Dann geht es über die 539 Meter lange Metallbrücke über die Nisutlin Bay.
Dann beginnt eine längere Steigung, zuerst ist sie relative steil, dann wird sie flacher. Oben ist es dann wieder gewohnt hügelig, auf beiden Seiten Wald. Ich fahre so vor mich hin, schaue kurz in eine kleine Seitenstrasse hoch. War da nicht ein braunes Hinterteil? Es hat gerade keinen Verkehr, ich drehe kurzerhand um und fahre zurück, um nochmals hochzuschauen. Huch, da ist tatsächlich ein Bär, nun schaut er in meine Richtung. Nichts wie weg und weiter. Es gibt sie also doch noch, die Bären. Langsam suchen wir nach einem Campspot, in dem dichten Wald nicht so einfach. Schlussendlich landen wir nach 100 km auf einer kahlen Fläche nahe des Strassenrandes.
16.07.2012. Als wir aus dem Zelt kriechen, trübt kein einziges Wölkchen den blauen Himmel. Doch schon während des Zusammenpackens ziehen ziemlich schnell Wolken auf, als wir losfahren ist der Himmel grau und wolkenverhangen. Zudem weht schon ein heftiger Wind. Westwind. Jawohl! Wir surfen mit Rückenwind. So soll es ein. Wie anders das Fahren doch ist. Macht so viel mehr Spass. Hügelig geht es weiter, die Hügel sind mal grösser, dann wieder flach, der Strassenrand wir von Spruce Wald gesäumt. Wir fahren nun in die Provinz British Columbia, doch nur kurz, dann sind wir auch schon wieder im Yukon.
Der Alaska Highway überquert die Provinzgrenze mehrmals. In der Mittagspause beginnt es leicht zu tröpfeln, so hocken wir uns vor die Türe eines Plumsklos auf einer Rest Area. Diese sind echt dreckig hier, hoffentlich ist dies nicht die Visitenkarte von British Columbia. Der Regen kommt dann doch nicht. Eigentlich ein Wunder, bei dem schon lange extrem grauen Himmel. Aber besser so. Dann bricht sogar die Sonne durch. Wir tanken bei einem klaren Fluss Wasser auf. Zwischen Teslin und Rancheria hat es keinen Versorgungsposten mehr. Früher waren da einmal zwei Tankstellen mit Shop, doch beide sind langsam am Zerfallen. Wohl Resultat der Krise. Aber immerhin hat es in der Gegend hier wieder viele klare Flüsse, nicht mehr nur brauen Pfützen. Wir fahren weiter. Zu meiner Rechten hat’s nun hohes Gras am Strassenrand. Da guckt doch ein Kopf raus. Etwa 20 Meter vom Strassenrand entfernt sitzt ein Bär im hohen Gras und frisst. Ich zeige auf den Bären, als Signal für Monika, die hinter mir fährt. Rufen möchte ich nicht. Halten würde ich gerne, doch nun streckt der Bär seinen Kopf in meine Richtung und schnüffelt. Tja, und Monika sieht den Bären tatsächlich nicht. Sie wollte doch unbedingt einen sehen, doch ich weiss nicht, wohin die Frau schaut. Da kann ich nicht mehr helfen. Wir fahren weiter hoch, dann folgt die Continental Divide, die kontinentale Wasserscheide. Der Rancheria River im Osten fliesst in den Liard River, dieser fliesst in den Mackenzie River, welcher schliesslich nach 4’200 km in der Beaufort Sea und somit im arktischen Ozean endet. Der Swift River im Westen fliesst über den Teslin Lake und River in den Yukon River, welcher nach 3’680 km die Bering Sea und somit den Pazifischen Ozean, erreicht. Zwei unterschiedliche Reisen. Bald darauf biegen wir ein ein Seitensträsschen ein, dass zu einer grossen Grube führt. Hier bläst ein eisiger Wind. Wir stellen das Zelt auf, bald fallen ein paar Tropfen. Doch bald ist es wieder trocken. Und kalt. So kalt, dass ich meine Kappe hervorkramen muss. Kanada im Juli.
17.07.2012. Der Morgen ist grau, kurz danach blau, dann wieder grau. So geht’s den ganzen Tag weiter. Wie in den Bergen wechselt das Wetter schnell hier. Und wir geniessen immer noch Rückenwind. Das ist so cool. So ist radfahren doch ganz anders. Und ich sehe wieder einen Bären am rechten Strassenrand. Das RV vor mir hält, da kann ich auch. Im Notfall springe ich einfach in den Wagen… Schon faszinierend, diese Kreaturen.
Nach 13 eher flachen Kilometern folgt schon Rancheria. Hier hätte man als Radfahrer für 20$ übernachten können. Uns war nicht klar, ob pro Zimmer oder Person. Die Kiesgrube war auch gut. Wir setzten uns jetzt ins Restaurant für den obligaten Kaffee. Jetzt könnten wir das gesparte Geld ja in ein Frühstück investieren. Uhh, da gibt’s ein Yukon Breakfast mit Pancakes, Eiern, Toast, Speck und Hash Browns. Wir bestellen je ein solches. Eines für beide hätte auch gereicht, denn da werden zwei gewaltige Teller serviert. Aber sehr lecker und danach bin ich pappsatt. Zum Glücks geht’s jetzt erst mal flach durch das Tal des Rancheria Rivers.
Dann folgen einige längere Steigungen und Abfahrten. Bei strahlendem Sonnenschein machen wir im Big Creek Territorial Campground eine späte Mittagspause, dann folgen weitere längere Auf- und Abfahrten bis wir schliesslich nach 101 km unser Zelt in einer Grube aufschlagen. Wir hatten uns zuvor zwei andere Orte angeschaut, doch da lagen in beiden Fällen frische Bärenhaufen rum. Eher keine guten Campspots. Nun werden wir langsam von dunkeln Wolken eingezingelt und dann folgt dann schliesslich auch noch der Regen.
18.07.2012. Als ich in der Nacht aufs Klo gehe, sehe ich doch tatsächlich einen Stern. Einen einzigen. Es wir ganz langsam wieder dunkel in der Nacht, wenn auch immer noch für kurze Zeit. Aber die Dunkelheit kommt langsam wieder. Wie schön. Morgens um 7.30 Uhr prasselt dann wieder Regen aufs Zeltdach. Noch einmal umdrehen. Heute fehlen ja nur noch 35 km bis nach Watson Lake. Um 8 Uhr prasselt’s immer noch. Nun denn, dann werden wir wohl doch nass. Doch als wir aus dem Zelt kriechen, hört der Regen sogar auf. Kurz. Als wir losfahren, tröpfelt es leicht. Nach 13 km folgt schon Nugget City, wo wir einen Kaffe trinken. Einen Kilometer danach folgt die Abzweigung zum Cassiar Highway. Den werden wir übermorgen nehmen, heute fehlen noch 21 hüglige km bis nach Watson Lake. Mittlerweile drückt die Sonne etwas durch. Gegen 12.30 Uhr erreichen wir das Dorf, beim ersten RV Park hat es keine Tent Sites. Eine Dame meint hier, auf dem Alaska Highway hätte es ganz viele Buffalos. Unsere nächste Station ist das Visitor Center. Die Dame dort ist extrem nett und hilfsbereit, telefoniert lange für uns herum, doch im Ort kann man nirgends ein Zelt aufstellen. Nur 8 km ausserhalb auf dem Watson Lake Territorial Campground. Na ja. Zudem gibt uns die nette Dame viele Infos zu den beiden Highways, Alaska Highway und Cassiar Stewart Highway. Wir wollten ja eigentlich den Cassiar nehmen, doch die Büffel und die Liard Hot Springs machen den Alaska Highway wieder interessant. Wir werden uns diese Frage nochmals überlegen. Aber das Visitor Cents in Watson Lake bekommt also die Note 6.
Wir schauen uns noch den riesigen Sign Forest an, bevor wir eine Weile in der Bibliothek mit extrem langsamem Wi-fi rumhängen während es draussen regnet. Dann noch kurz einkaufen. Dort treffen wir auf einen Franzosen. Von ihm hatten wir schon auf dem Dempster gehört. Wir schwatzen eine ganze Weile mit ihm. Danach machen wir uns wohl oder übel auf den langen Weg zum Campground. 4 km zurück, dann 2,5 km eine Schottersttrasse hoch, dann nochmals 2,5 km in den Wald rein. Auf dem Group Campspot hat’s wieder keine bärensichere Foodbox. Was erwarten die Leute eigentlich? Als Radler hat man einfach kein Fahrzeug, wo an sein Essens sicher lagern kann. Das Shelter hat zudem kein Moskitonetz, denn von den Blutsaugern wimmelt es wieder mal nur so. Die Wasserpumpe wurde wohl entfernt, Wasser muss weiter unten geholt werden. Dafür zahle ich also keine 12$. Da soll nur ein Ranger vorbeischauen. Also rein shoppingtechnisch muss man wohl nach Watson Lake reinfahren, die Visitor Info ist excellent, aber betreffend Tent Camping bekommt das Dorf eine 0.
19.07.2012. Also müssen wir heute wieder die 8 km ins Dorf fahren, um zu duschen, waschen und einzukaufen. Na dann. Die Duschen im REC Center kosten 3$, sind aber zeitlich unlimitiert und Spitzenklasse. Vor dem Visitor Center treffen wir euf einen amerikanischen Radler. Der meint, bei dem ersten RV Park könnte man in den Büschen gratis campen, hätte der Manager gesagt. Also da nach dem Manager fragen. Im Visitor Center gibt’s gratis Kaffee, einen Film zum Bau des Alaska Highways, eine Schnellaktion unter amerikanischer Führung während des zweiten Weltkrieges 1942, da die Japaner die Aleuten-Inseln in Alaska angriffen. Und wir schwatzen nochmals lange mit den sehr netten Damen. Dann probieren wir das Wi-fi in REC Center. Viel besser. Und zum Schluss bekommt meine Rohloff noch einen Ölwechsel. Wohl den letzten dieser Reise… Und wir werden uns morgen wieder auf den Weg machen, zurück zur Junction 37 und dann auf dem Cassiar Stewart Highway runter nach Prince George. So die Entscheidung.
Hallo ihr beiden, genießt den Cassiar-fand ich super. Viele Grüße aus Kolumbien. Jens
Hi Jens. Der Cassiar ist wirklich super. Wo bist du denn so lange stecken geblieben? Viel Spass in Kolumbien, ein echt geniales Land und muy buena gente.