12.10. – 23.10.2012. 569 km. Endlich können wir die ersten Kilometer in Spanien unter die Räder nehmen. Diese führen uns gleich in die Sierra und es wird langsam kalt. Bei einem Dorfbrunnen holen wir uns Wasser mit Bichos, welche uns etwas lahmlegen und eine längere Pause in Burgos bescheren. Danach geht’s weiter ein Richtung Pamplona, nun auf dem berühmten Camino de Santiago. Wir werden zu Pilgern, nassen Pilgern, denn mittlerweile regnet es ziemlich konstant. Da kommt eine weitere Pause in Pamplona gerade recht.
12.10.2012. Por fin. Nach längerer Radabstinenz geht’s weiter. In den nächsten 6 Wochen soll es von Spanien über Frankreich in die Schweiz gehen. Das wären schätzungsweise etwa 2’000 km. Mal sehen, ob wir das hinbekommen. Um 7 Uhr ist heute jedenfalls Tagwache, obwohl es draussen noch stockfinster ist. Hier wird es erst nach 8 Uhr hell. Wir räumen unsere Sachen zusammen, frühstücken und machen etwas sauber. Dann heisst es, das erste Mal in Europa Bike beladen. Das funktioniert wie bis anhin. Von Alicia und Alvaro, unseren äusserst hilfreichen und genialen Gastgebern, haben wir uns gestern schon verabschiedet, da sie über das lange Wochenende weggefahren sind. Heute ist der spanische Nationalfeiertag. Wir fahren aus Boadilla del Monte raus, das geht ganz einfach und dann geht’s auf der M-513 nach Brunette. Dort suchen wir nach einem von Alicia erwähnten Feldweg, der nicht auf der Karte eingezeichnet ist. Auch den finden wir ganz einfach und erreichen Quijorna. Nun geht’s auf der M-521 steil hoch nach Navalgamella. Es hat wenig Verkehr, die Strasse führt bergig durch die Gegend. Nun, wir fahren hier auch schon in die Sierra des Sistema Central, das nicht weit nördlich von Madrid liegt. Bei der Hitze komme ich gut ins Schwitzen, der Schweiss rinnt wieder mal in Strömen. Also Spanien ist sicher kein Sommerbikeziel. In Navalgamella machen wir auf der kleinen Plaza de España Pause.
Gleich sind wir von einer Schar neugieriger Jungs umringt. Sie wollen viel wissen, stellen Frage um Frage. Und sie wissen sogar, wo Argentinien liegt. Das kann nicht jeder Amerikaner von sich behaupten. Wir plaudern eine Weile, dann gibt’s Futter und für mich einen Kaffee aus der nahen Bar. Die Jungs düsen nochmals vorbei. Wann trafen wir das letze Mal auf so neugierige Kids? Mexiko? Am Himmel ziehen langsam dunkle Wolken auf und es wird kühl. Die Strasse steigt weiter an, wir fahren weiter in die Sierra hinein. Am Wegrand viele interessante Gesteinsformationen, Olivenbäume, Pinien und Strassentafeln.
Zudem duftet es nach Lavendel und Rosmarin. Farblich herrscht hier ein Dunkelgrün-Rostrot-braun vor. Schön. In Fresnedilla de la Oliva verfahren wir uns kurz und nehmen eine falsche Abzweigung, den Berg runter. Zum Glück merke ich es, also den Berg wieder rauf und und die richtige Abzweigung nach Robledo nehmen. Weiter geht’s den Berg rauf. An der höchsten stelle machen wir Mittagspause. Heute gibt’s Luxussandwiches aus von mir selbsgebackenem Brot, Käse, Salami, Gurke und Tomate. Mmhh, ist das fein. Nun fahren wir runter nach Robledo und wieder hoch nach Valdemaqueda. Wir sind schon lange nicht mehr so viel hochgefahren, die Beine fühlen sich müde an. So fragen wir auf dem Camping, was eine Site kostet. 5,25 € pro Person, 4,50 € fürs Zelt. Zuviel. Und die Angestellte lässt absolut nicht mit sich verhandeln. So fahren wir weiter, tanken beim Dorfbrunnen Wasser nach und nehmen einen weiteren Hügel in Angriff. Weiter oben hat es einen Wanderweg. Sieht gut aus. Wir fahren den Weg eine Weile lang hoch und finden ein hübsches Plätzchen. Hier benutzen wir ja jetzt Monikas Zelt, das doch merklich kleiner ist. Ich weiss kaum, wohin ich mein Zeug verstauen soll.
Auch neu ist seit heute die kleine Kamera. Ich komme mir furchtbar vor, einfach so auf den Auslöser zu drücken. Mit der G10 habe ich oft manuell gearbeitet. Die Sony hat auch so etwas wie eine manuelle Einstellung, doch die taugt irgendwie nicht viel. Fotografieren macht so eindeutig nur noch halb soviel Spass. Na ja, immerhin kann ich die Reise noch bis zum Ende festhalten, was auch schön ist. Nun mal sehen, ob wir nächtlichen Besuch von Wildschweinen bekommen. Die soll es ja hier geben. Und sie dürfen auch gejagt werden. Überall hat es Schilder „Coto privado de caza“, private Jagdreviere. Und wir befinden uns hier mitten in einem von diesen. Na ja, hoffentlich werden wir nicht gejagt…
13.10.2012. Die Nacht bleibt schweinlos, jägerfrei und ruhig. Als der Wecker um 7 Uhr klingelt, ist es finster und kühl. Da ist sich nochmals umdrehen viel schöner. Doch dann schaffen wir es doch noch, das Aufstehen. Draussen ist es kalt und erst gegen 8.15 Uhr wird es langsam hell. Immerhin haben wir noch bis ca. 20 Uhr Licht. Wir fahren wieder auf die Strasse, noch ein bisschen hoch, dann folgt die erste Abfahrt runter nach El Hoyo de Pinares. Von dort geht’s länger bergauf nach Navalperel de Pinares.
Die Pinien werden langsam von Eichen abgelöst. Eine schöne Landschaft, wenn da nicht das Dröhnen der Motorradfahrer wäre. Die sind hier extrem mühsam, Tipo Möchtegernrennfahrer, die mit Knien gen Boden in die Kurven liegen. Und Kurven hat’s auf diesen Bergstrassen viele. Und wohl noch mehr dieser Raser. Nun, es ist Samstag, hoffentlich bessert sich dies an Wochentagen. Obwohl wir ja dann auch aus der Sierra raus sein werden. In Navalperel machen wir nach nur 27 km Mittagspause. Es geht hier in den Bergen definitiv langsamer vorwärts. Und ist sehr anstrengend. Nach der Pause holen wir bei der Tankstelle Wasser, dann geht’s kurvig hoch zum Puerto de la Lancha auf 1’485 m.ü.M. Diese Strasse ist nun wirklich klein, so quasi nur noch einspurig. Und anscheinend zu eng für die Raset. Herrlich. Ein Genuss. Die Vegetation nimmt ab, bis ein paar Büsche übrigbleiben. Und Windturbinen am Grat. Und wo es Windturbinen hat, ist es windig. Aus welcher Richtung der Wind kommt, ist einfach zu erraten. Nun geht’s runter auf eine Art Hochebene, dann nochmals extern steil hoch auf den Puerto de la Cruz de Hierro. Dies wohl der letzte Pass dieser Sierra, denn von oben hat man nun einen weiten Blick auf die Ebene unten im Tal.
Puh, der Wind bläst nun richtig kalt hier oben, ich friere. Gut eingepackt sausen wir runter bis zur Hauptstrasse, dieser folgen wir nach Villacastin. Dort füllen wir beim Dorfbrunnen Wasser auf. Bei der Rausfahrt sehe ich beim Fussballplatz ein Auto stehen, auf dem Platz ein junger Mann. Ich frage, ob wir neben dem Fussballplatz zelten dürfen. „No.“ Ich frage, ob es einen andern Platz gäbe. Er zeigt nach oben zu den Dächern des Viehmarkts. Auch gut. Wir sehen uns die Stände an. Perfekt. Immer wieder laufen Leute vorbei, doch niemand fragt auch nur,was wir hier machen. Interessant.
14.12.2012. Um ca. 5 Uhr regnet es mal ganz kurz, aber als wir kurz vor 8 Uhr aus dem Zelt kriechen, ist es trocken, der Himmel noch wolkenverhangen. Und es ist kalt, es bläst schon wieder ein kalter Wind. Wir fahren gut hügelig weiter auf der N-110, bis wir nach 20 km auf die SG-313 abbiegen. Nun wird’s flacher, gemähte Felder in beige säumen den Strassenrand. Der Himmel vor uns wird immer dunkler, in der Ferne regnet es schon. Es ist kühl und bald tröpfelt es kurz. In Valverde de Majano herrscht wir überall an einem Sonntag tote Hose. Natürlich bis auf die Bar. Gemäss Alicia gibt’s in jedem noch so kleinen Dorf eine Bar, wo man einen Kaffee trinken kann. Das testen wir heute. Die Temperatur ist ideal dafür. Dazu gibt’s ein Sandwich Mixto con Huevo. Zum Kaffee wird wie üblich eine Tapa serviert, heute eine leckere Tortilla Española. Sehr lecker. Auch das Sandwich kann sich sehen lassen. Das Schwierige ist nun, wieder in die Kälte rauszugehen. Wir fahren los und ein paar Meter weiter beginnt’s heftig zu regnen. Regenzeugs montieren, weiterfahren. In der nun flach-hügeligen Ebene kommen wir gut voran. Wir kreuzen durch die kleinen Strassen, langsam frischt der Wind auf. Doch oh Wunder, heute ist dies Rückenwind. Mittagspause müssen wir windgeschützt in einem Bushäuschen machen, so stark bläst es mittlerweile. Immerhin hat der Regen aufgehört. Danach fahren wir die Segel aus und lassen uns vom Wind treiben. Nun, so stark ist er nun auch wieder nicht, leider. Wir passieren ein Dörfchen nach dem anderen, speziell schön ist Turégano mit seiner Burg.
Wir fahren weiter in die nächste graue, nasse Wolkenwand. In Cantalejo schüttet’s so stark, dass wir in einer Gebäuderuine Schutz suchen. Wäre dies auch ein Campspot? Na ja, etwas dreckig. Zudem ist es erst 16.30 Uhr und der Regen hat auch schon wieder aufgehört. Wir fahren weiter, bei der Tankstelle holen wir Wasser. Nun folgen immer wieder Pinienwälder. Kurz nach Fuenterrebollo verziehen wir uns in einem dieser Wäldchen. Sicher auch ein Coto de Caza privada. Hier hat es so viele von diesen Schildern, dass ich langsam glaube, dass dies einfach die spanische, etwas nettere Version, des „No Trespassing“ oder „Private Property“ ist.
Wir suchen länger nach einem idealen Campspot. Als er gefunden ist, schieben wir die Räder durch den Sand dahin. Halt, da ist ein Auto. Es hält, wir halten, mehr passiert nicht. Und nun? Wir warten eine Weile ab, dann richten wir uns ein. Da soll einfach niemand mehr kommen, um uns zu verjagen.
15.10.2012. Der Morgen in unserem Pinienwäldchen ist bitterkalt. Um uns herum ein Meer aus Reifen. Das hat man davon, wenn man in den europäischen Winter radelt.
Dick vermummt machen wir uns auf den Weg. Immerhin scheint heute wieder die Sonne und wenn die Strasse nicht gerade im Schatten liegt, wärmt sie auch schon minim. Hügel um Hügel fahren wir durch die kalte Gegend, vorbei an ersten Weinstöcken. Im Caserio de San Jose, einer Häuseransammlung, machen wir in der Sonne und windgeschützt Pause. Denn auch heute weht ein kalter Wind. Zum Glück immer noch von hinten. Es folgt ein Abschnitt flaches, hellbeiges Nichts, dann beginnt langsam das Weinland. Die Trauben sind reif, auf den Feldern, in den kleinen Dörfchen und auf der Strasse herrscht reges Treiben.
Wir erreichen Roa, dass wie so oft auf einem Hügel liegt. Von hier aus müsste ich unserem Gastgeber in Burgos sagen, dass wir morgen ankommen werden. Unten am Hügel hat’s eine Tankstelle mit Telefonsymbol. Doch das Symbol ist wohl nur zur Zierde da. Die Señora der Tankstelle meint, auf dem Hügel hätte es ein Telefon. Nööö. Ich frage, ob sie ein Handy hat. Negativ. Draussen sind ein paar Männer am Stromkabel verlegen. Ich frage einen, ob er ein Handy hat. Der Chef hätte eins. So frage ich den auch noch und dieser lässt mich netterweise telefonieren. Alles klar. Weiter geht’s durchs hügelige Weinland, dann folgt ein richtig canyonartiges Stück, dass mich irgendwie an Peru erinnert. Einige Strecken heute erinnerten mich an Peru.
Langsam dreht der Wind um und nun bläst er einem voll ins Gesicht. Das ist nicht so nett. In Espinosa de Cerrato füllen wir beim Dorfbrunnen Wasser nach und ein paar Kilometer weiter schlagen wir das Lager bei einem ehemaligen Fussballfeld nahe der Strasse auf. Alles ruhig. Doch dann fährt ein Traktor den Weg hinunter, der Bauer sieht uns nicht. Doch bald kommt er zurück. Ich winke ihm zu, er winkt zurück und das war’s.
16.10.2012. In dieser Nach beginnt das komische Verhalten meines Magens. Nach einer schlaflosen Nacht ist es am Morgen immer noch nicht besser. Ich brauche lange, um Aufzustehen, aber ich verzichte auch auf das Frühstück. Mittlerweile klagt auch Monika über einen rebellierenden Magen. Wir wechseln uns nun ab mit dem Rennen ins Gebüsch. Wir vermuten als Schuldigen das gestrige Wasser. Ich Zukunft muss man auch hier wieder vorsichtiger sein und sicherheitshalber chloren. Gegen 9.30 Uhr machen wir uns dann bei bewölktem Himmel , kaltem Rückenwind und sich unangenehm anfühlenden Mägen auf den Weiterweg. Bald geht’s rauf und ich muss mehrmals anhalten, weil mich Magenkrämpfe in die Knie zwingen, zudem fühle ich mich total schwindelig. So macht radfahren keinen Spass. Heute führt unser Weg wie gehabt durch kleine Dörfer, vorbei an hellbeigen oder roten Feldern.
Und es ist ziemlich hügelig. Ich würde gerne in einer Bar einen Toast essen, doch in keinem der Dörfer findet sich etwas. Aber nach 32 km muss ich was essen, sonst falle ich vom Sattel. Ich habe absolut keinen Lust auf Süsses, aber ich habe nichts anderes mehr. Ich würge zwei Kekse runter, das muss reichen. Dann geht’s weiter auf der hügligen Strasse, langsam verziehen sich die Wolken. Gegen 14 Uhr erreichen wir Burgos. Von einer Telefonzelle rufe ich unseren Gastgeber Alvaro an, der meint, in 5 Minuten sei er an Ort und Stelle, wir sollen einfach warten. Und so ist es, 5 Minuten später kommt ein junger, sympathischer Typ auf uns zu. Wir folgen seinem Fahrschule-Auto zur Tiefgarage, dann führt er uns in seine Wohnung. Wow! Zwei Badezimmer, bequemes Bett, Sofa, und jeglicher sonstiger Luxus. Und das alles für uns alleine, denn Alvaro lebt im Moment mit seiner Familie bei seiner Mutter. Er zeigt uns noch den Supermercado und dann geht er arbeiten. Wir kaufen etwas ein, duschen und dann bleibt Zeit für eine Siesta. Heute kommt die spezielle gut. Später koche ich etwas Reis und Gemüse, Magenschonkost, und Alvaro unternimmt wirklich alles, um uns hier Wi-fi zu ermöglichen. Er düst ununterbrochen in der Gegend rum, doch irgendwie will es nicht klappen. Er kümmert sich auch sonst perfekt um uns, bringt uns noch Bananen und Joghurt und falls wir sonst was bräuchten, sollen wir es einfach sagen. Vielen Dank!! Vor allem wenn es einem nicht so gut geht, ist man froh, auf solche Leute zun treffen. Ans dieser Stelle geht der Dank natürlich auch an Alvaro, den Biciclown, von dem ich den Kontakt in Burgos bekommen hatte.
17./18.10.2012. Das mit dem Wi-fi soll uns noch eine Weile auf Trab halten. Man denkt sich heute, dass dies kein Problem mehr sein sollte, doch nicht in Burgos. Mit immer noch flauen Mägen machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Erster Halt Centro Civico. Dort hat es in der Bibliothek Wi-fi. Doch dafür braucht man ein Natel und das liegt in der Wohnung. Bei der Plaza Mayor könnte man sich bei wifibur aber ein Passwort geben lassen. Also laufen wir dahin, wobei wir gleich noch etwas Sightseeing machen. Die Catedral in Burgos ist riesig unser schön. Was auch auffällt ist, dass hier überall Leute mit Rücksäcken rumlaufen, ist Burgos doch ein Ort auf dem Camino de Santiago, dem Jakobsweg.
Wir finden schlussendlich das Büro von wifibur, aber so einfach geht das nicht, hier gibt’s nur ein Passwort für das Wi-fi, dass man auf der Strasse brauchen kann. In der Touristeninfo könnten sie uns eins geben, das auch in Gebäuden funktioniert. Also wieder zur Touriinfo, doch dort meinen sie, es sein extrem kompliziert mit ausländischem Natel, wir sollten doch ins Café Garbo gehen, wo es Wi-fi gäbe. Was für ein Spiessrutenlauf. Auf zum Café Garbo. Dort gibt’s Tee und Wi-fi. Zu schön um wahr zu sein. Doch nein, es funktioniert nicht. Burgos will uns den Kontakt mit der Aussenwelt verwähren. Dann bleibt dann wohl langsam nur noch ein Internetcafe mit Maschinen. Da werden dann gleich Erinnerungen an Lateinamerika wach. Klebrige, abgenutzte Tastaturen und eine Meldung, dass das System schwerwiegende Probleme hat. Ach, ist das schön.
Wegen dem Magenproblem bleiben wir einen Tag länger in Burgos und es geht schon wieder ganz gut. Zudem kann ich nun noch den grössten Luxus der Wohnung nutzen, die Badewanne. Unbeschreiblich gut. Am Abend können wir nun auch noch Alvaros Einladung zum Essen annehmen. Nach 2 Tagen Schonkost hauen wir rein und müssen fast aus dem Lokal gerollt werden. Uns geht es besser und noch viel besser. Vielen Dank, Alvaro!
19.10.2012. Irgendwie wird es am Morgen immer später hell. Kurz nach 8 Uhr ist es immer noch stockdunkel und es wird nicht wirklich heller, denn der Himmel ist dick wolkenverhangen und grau. Nun, der Wetterbericht für die nächsten Tage ist nicht berauschend, Regen, Regen und nochmals Regen. Kurz nach 9 Uhr kommt Alvaro vorbei und hilft uns die Sachen runterzuschaffen. Wir verabschieden uns von unserem supernetten Gastgeber und machen uns in Regenbekleidung gehüllt auf den Weg. Im Moment regnet es noch nicht, doch es wird sicher bald nass. Wir fahren aus Burgos raus und in der Nähe des Flughafens treffen wir das erste Mal auf den Camino de Santiago. Unseren Camino, die N-120, oder den „richtigen“ Camino daneben, ein parallel dazu laufender Kiesweg.
Nun haben wir die Wahl, Asphaltstrasse mit Seitenstreifen oder nasser Kiesweg. Die Wahl ist nicht schwierig, wir folgen der N-120. Nach Villamorico folgt der Aufstieg auf 1’150 m.ü.M. auf den Puerto de la Pedraja. Bei der Abfahrt nieselt es minim, ansonsten ist es immer noch trocken, aber kalt. In Villafranca Montes de Oca wird es Zeit für die Mittagspause. In ein Bushäuschen hocken und frieren? Oder ein billiges Pilgerrestaurant suchen? Im „El Pajaro“ ist es schön warm, so fällt die Entscheidung leicht. Eier mit Champignons und ein heisser Tee wärmen noch etwas mehr. Doch danach müssen wir wieder raus. Es regnet immer noch nicht. Nun folgt die Strasse wieder dem Camino und es kommen uns die ersten Pilger entgegen. Es sind doch noch einige unterwegs. Und auch einer grössere Anzahl mit Fahrrad. Sie schauen uns alle etwas komisch an, sind sie doch meist ziemlich leicht beladen. Da wir in die „falsche“ Richtung fahren können wir allen zuwinken. Und als Pilger wünscht man sich als Gruss: Buen Camino! Nun geht es oft runter und wir kommen gut voran.
So fahren wir bis Nájera durch. Nun beginnt es das erste Mal leicht zu regnen. Heute hatten wir ja wirklich Glück mit dem Wetter. Wir fahren ins Dorf und suchen die Albergue de Peregrinos. Ein Dach über dem Kopf wäre diese Nacht sehr attraktiv. Und die Pilgerunterkünfte sollen ja günstig sein. Wir finden die Unterkunft und fragen nach dem Preis. Eine sehr nette Señora meint, nichts, aber wir könnten etwas spenden. Die quirlige Señora bringt unser Gepäck rein, dann heisst es Schuhe ausziehen und rein in die warme Stube. Nun müssen wir uns registrieren, die andere Señora fragt nach unserem Credencial. Haben wir nicht. Nun, dann könnten wir nicht hier bleiben, sie will uns rauswerfen. Dann diskutieren die zwei Damen eine Weile, die quirlige Señora setzt sich sehr für uns ein und zeigt uns schliesslich unsere Betten. Das ist sehr nett. Danke. Unser Gepäckhaufen erregt ziemlich grosses Interesse und bald sind wir von neugierigen Pilgern umringt. Eine interessante Mischung von Leuten mit den unterschiedlichsten Beweggründen für diese Reise. Und eine abwechslungsreiche Abendunterhaltung. Zudem hat es hier eine heisse Dusche und eine Küche, wo wir im Trockenen unser Abendessen kochen können, denn mittlerweile regnet es wirklich und es regnet die ganze Nacht über durch.
20.12.2012. Schlafen in einenm 60er-Dorm hat seine gewissen Nachteile, auch wenn er lange nicht voll ist. Bis nach Mitternacht ein Rein- und Rausgelatsche, gewisse Leute kennen das Wort „Nachtruhe“ nicht und danach gibt es ein gemischtes Schnarchkonzert. Doch das Bett ist eigentlich ganz bequem. Und es ist trocken. Um 6.30 Uhr ist Tagwache, denn in dem Albergues ist um 8 Uhr obligater Abmarsch. Als die Bikes kurz vor 8 Uhr bepackt bereitstehen, ist es natürlich immer noch stockfinster und es beginnt leicht zu regnen. Wir fahren mal etwas durchs Dorf und beschliessen dann, noch einen Kaffee zu trinken, denn man sieht uns nicht wirklich in der Dunkelheit. Langsam wird’s hell und gegen 8.45 Uhr können wir starten. Zudem hat der Regen aufgehört. Um Nájera herum führt eine Autopista und auf die dürfen wir mit dem Fahrrad nicht drauf. Das ist etwas kompliziert hier, aber in diesem Fall steht eine riesige Tafel mit Fahhradverbotsschild an der Einfahrt. Da können wir nicht behaupten, das wir keine Tafel gesehen hätten. So müssen wir auf den Camino ausweichen. Hügelig führt das Schottersträsschen durch die Gegend, vorbei an Rebenfeldern.
Da wird einem schnell warm. Wieder fahren wir an vielen Pilgern vorbei. ¡Buen Camino! Bei einer Autopista-Einfahrt ohne Verbotsschild wagen wir es und düsen ein paar schnelle Kilometer auf dem Seitenstreifen. Bei Navarette müssen wir wieder raus und vor Logroño folgen wir wieder dem Camino. Hier treffe ich auch noch auf einen anderen berühmten Spanier, den Osborne-Stier. 88 dieser riesigen Metallkonstruktionen soll es im ganzen Land geben.
Nun beginnt’s zu regnen. Richtiger Regen. Wir vermummen uns in die Regenhüllen. Der Camino führt manchmal etwas wirr durch die Gegend, die Flechas amarillas, die gelben Pfeile, sind nicht immer zur Stelle, wenn wir sie baucht. Doch die Einheimischen sind sehr hilfsbereit und führen uns immer wieder auf den richtigen Weg. In der Touristeninfo holen wir uns eine Karte für die Strecke nach Pamplona, denn die wird auf unserer Michelin-Karte blöderweise von einem Stadtplan überdeckt. Nächster Stopp ist die Pilgerinformation. Wir wollen uns ein Credencial-Büchlein besorgen, um solche Ereignisse wie das gestrige in der Albergue in Zukunft zu vermeiden. Das Büchlein bekommen wir für je 2 Euros und unseren ersten Stempel. Zudem dürfen wir hier im Trockenen Mittagessen, denn nun regnet’s in Strömen. Und hört nie mehr auf. Wir fahren im Regen weiter, nach Logroño wird’s bergig. Es wäre ganz schön hier, überall Olivenhaine. Aber wenn’s einem konstant irgendwo reintropft, macht das Ganze nicht mehr so viel Freude. Aussen nass, innen nass. Herrlich. Meine in L.A. für teures Geld erstandene North Face Summit Series Regenjacke hält nicht wirklich dicht. Das ist eine grosse Enttäuschung. Zudem löst sich auch schon die oberste Schicht ab. Mal sehen, was ich hier machen kann, denn über ein in den USA gekauftes Produkt kann ich mich wohl nicht in der Schweiz beschweren. Nach der Bergetappe wird’s flacher und auf der verkehrsarmen Nebenstrasse fährt es sich ganz angenehm. Nach 71 km ist’s genug mit nass und wir fahren hoch in das kleine Dorf Villamayor de Monjardin. Hier hat’s eine von Holländern geführte Albergue de Peregrinos. Und wir sind ja jetzt auch offizielle Pilger. Wir werden in einen schön warmen Raum gebeten und herzlich begrüsst. Hier kostet die Übernachtung je 7€ und das familiäre Nachtessen nochmals je 10€. Küche hat’s keine, so bleiben die Optionen draussen im Regen kochen oder 10€ bezahlen. Wir leisten uns das Nachtessen, welches wirklich lecker ist. Zudem betätige ich mich als Simultanübersetzerin, denn die Volontärin aus Holland, die neben mir sitzt, spricht kein Spanisch und einige Pilger kein Englisch. Diese Albergue ist viel kleiner, heimeliger und etwas frommer. Und ich hoffe, dass es in dem 6er-Dorm nachts etwas weniger laut ist.
21.10.2012. So ist es und die Nacht ist ruhig, bis um 6.30 Uhr das allgemeine Rumgenusche beginnt. Netterweise gibt uns die holländische Dame heisses Wasser für unser Frühstück, denn das können wir uns nicht auch noch leisten. Als wir die Bikes beladen, regnet’s auch schon wieder. Wie schön. Die anderen Pilger verabschieden sich nach und nach von uns und um 8.20 Uhr sind auch wir startklar. Es ist schon so hell, dass wir losfahren. Im Regen wieder den Hügel runter und auf der NA-1110 weiter in Richtung Estella.
Beim ersten Kreisel kein Hinweis auf den Weiterverlauf der NA-1110, so biegen wir in Richtung Autopista ab. Vielleicht hat’s ja keine Verbotstafel… Doch ein Autofahrer warnt uns schon vorher, dass wir nicht auf die Autopista dürften und schickt uns zurück zu dem ersten Kreisel. Ein paar hundert Meter weiter hätte es eine Richtungsangabe zur NA-1110 gehabt. Also die Spanier sind manchmal etwas schwierig in der Strassenbeschilderung. So fahren wir weiter auf der NA-1110, wo es gleich eine Weile lang rauf geht. Es regnet fröhlich weiter und meine Jacke saugt sich wieder voll. Da bekommt North Face schon noch was zu hören. In einem Bushäuschen machen wir eine kurze Pause, dann geht’s weiter. Zum Regen gesellt sich nun langsam Wind. Gegenwind. Der nimmt schnell an Stärke zu und ab Legarda kommen wir kaum noch voran, zumal nun auch noch die längere Steigung auf den Puerto del Perdon beginnt. Perdon gibt’s keins, die letzten Kilometer vor Pamplona müssen hart erarbeitet werden. Schlussendlich die Abfahrt und für die letzten Kilometer müssen wir auf die Autopista. Doch ein Señor fährt extra langsam hinter uns her, um uns zu beschützen. Man muss sagen, die Spanier sind wirklich sehr hilfsbereit. So fahren wir nach Pamplona rein, langsam hört sogar der Regen auf. Pamplona oder baskisch Iruña. Es wird angenommen, dass Pamplona die Hauptstadt der Vasconen, eines iberischen Stammes, aus dem die heutigen Basken hervorgegangen sind, war. Diese Vasconen nannten den Ort Iruña, was soviel wie „die Stadt“ bedeutet. Auch heute ist hier immer noch alles zweisprachig angeschrieben, spanisch und baskisch, und ein Bevölkerungsteil von Navarra ist baskisch.
Wir fahren immer in Richtung Centro und um 13.40 Uhr stehen wir vor Portu’s Haus. Auch er ein Freund des Biciclowns, der uns sozusagen als V.I.P. Gäste empfängt. Ich rufe ihn an – ich habe beschlossen, von nun an mein Natel zu benutzen – sage, dass wir vor der Türe stehen und bald schleppen wir Räder und Gepäck in den fünften Stock der mitten im Zentrum gelegenen Wohnung. Wir dürfen duschen und dann führt uns Portu durch die Strassen Pamplonas. Als erstes gilt es den Hunger zu stillen, dies geschieht in Bars mit Pinchos. Pinchos sind höchst kunstvoll hergerichtete, kleine Köstlichkeiten und die Auswahl fällt extrem schwer. Und sie sind so gut wie sie aussehen. So laufen wir von Bar zu Bar, von Pinchos zu Pinchos. Natürlich sind wir jedes Mal eingeladen, vielen Dank Portu!
Dann führt uns Portu etwas durch die Strassen. Pamplona ist ja vor allem für die alljährlichen Sanfermines bekannt, die traditionell zu Ehren des Schutzpatrons von Pamplona abgehalten werden. Die größte Attraktion der Sanfermines jedoch sind die Encierros, die Stierläufe durch die engen Gassen der Stadt zur Stierkampfarena. Der Ursprung dieses Brauches liegt in einem Viehmarkt anlässlich des Patronatsfestes, zu dem die Metzgerburschen jeden Morgen das zu verkaufende Vieh trieben.
Als heutige letzte Station steuern wir eine Bar an, in der es Churros con Chocolate gibt. Monika ist Feuer und Flamme für die Dinger. Dann begeben wir uns wieder in die warme Stube, Wäsche waschen und einfach so funktionierendes Wi-fi benutzen. Bald trommelt es wieder lautstark aufs Dach. Wie schön, dem ganzen von drinnen aus zuzuhören.
22./23.10.2012. Der erste Tag in Pamplona ist ein fauler. Irgendwie sind wir ziemlich müde und so machen wir nur eine kleine Runde durch die Strassen, um etwas Essbaren aufzutreiben. Danach bleibt Zeit, sich dem Blog und anderen Dingen wie einer Siesta zu widmen. Abend geht’s mit Portu wieder auf Bar- und Pincho-Tour.
Der zweite Tag ist eindeutig produktiver. Am Morgen reinigen wir die Fahrradketten, die in dem nassen Wetter etwas gelitten hatten. Danach geht’s auf einen Rundgang durch die Stadt. Wir folgen eine Weile der Muralla, der Stadtmauer, dann laufen wir durch die engen Gassen zurück zur Plaza del Castillo und zum Rathaus, wo gerade mit Pfeifkonzert demonstriert wird.
Es ist kurz vor 14 Uhr und es herrscht rege Bewegung in den Läden. Läden runter, Türen zu. Zwischen 14 und 17 Uhr ist hier nicht viel zu wollen. Wie in ganz Spanien. An diese Siestazeiten müssen wir uns wirklich noch gewöhnen. Wahrscheinlich ist es dann soweit, wenn wir in Frankreich sind… Die letzten zwei Tage waren regenfrei, heute sogar mit etwas Sonnenschein. Morgen fahren wir weiter in Richtung Barcelona, hoffentlich mit etwas weniger Regen.
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