21.02. – 09.03.2014. 635 km. Wie wir nun wissen bläst zu dieser Jahreszeit ein ungnädiger Wind von der Küste her. Wenn es geht fahren wir weiter im Landesinneren, doch durch gewisse Täler der Sierra Nevada de Santa Marta pfeift der Wind mit voller Stärke. Es folgt ein grüner und bergiger Küstenabschnitt im nördlichen Kolumbien bis es ins trockene Wüstenland der Wayúu oder Guajiro Indigenas geht. Bald schon überfahren wir die Grenze nach Venezuela, ein tief zerspaltenes Land mit entsprechender Protestbereitschaft, aber noch grösserer Gastfreundschaft. 

Route: Cartagena – Sabanalarga – Baranquilla – Cienaga – Santa Marta – Palomino – Riohacha – Maicao – Maracaibo

21.02.2014. Im Hostal „Sol de la India“ in Cartagena ist es morgens lange sehr ruhig. So beschränken wir uns auf das Lärm machen ab 7 Uhr. Frühstück mit frischen Früchten und Krümelbrot, dazu Kaffee. Klar. Gegen 8 Uhr verlassen wir Cartagena durch die nahe Stadtmauer. Lange folgen wir der Calle Santander dem Meer entlang. Wegen dem starken Wind an der Küste wurde uns geraten, die Ruta 90 weiter im Landesinneren zu nehmen. Doch die Ausfahrt aus Cartagena ist für uns auf der Ruta 90A viel einfacher. Dieser folgen wir 20 km, dann folgen 7 km staubiger Flickenteppich nach Bayunca an der Ruta 90. Dort gibt es einen kurzen Halt, inklusive der ersten kolumbianischen Mango. Doch die ist noch sehr sauer. Wir fahren weiter, die zweispurige Strasse hat einen guten Seitenstreifen und der Verkehr hält sich in Grenzen. Die Landschaft ist trocken und hügelig, immer wieder sind Sumpftümpel zu sehen. In Santa Catalina siegt der Hunger. Wir erwarten hier draussen günstigere Preise, doch dem ist nicht so. Auch hier kostet das Mittagsmenu 7’000 Pesos. Aber die Portionen sind gross, so teilen wir uns eines. Danach braucht Alvaro seine Siesta. Bei der Weiterfahrt drückt die Hitze und auch hier haben wir nun starken Seitenwind. In Luruaco machen wir einen Tintico-Stopp. Die letzten 30 km nach Sabanalarga ziehen sich dahin, der Wind nimmt zu, der Verkehr auch. Und auch in Kolumbien gibt es diese Arschlöcher, die in hohem Tempo überholen, auch wenn sich ein Radfahrer auf dem Seitenstreifen befindet. Der Windstoss haut mich fast vom Rad. Die letzten 15 km sind dann auch noch gut hügelig und ziemlich erschöpft erreichen wir nach 90 km Sabanalarga. Auch in Kolumbien sind die Bomberos unsere Anlaufstelle und das Nachtlager ist gesichert.

Bei den Bomberos in Sabanalarga

Bei den Bomberos in Sabanalarga

22.02.2014. Die heutige Etappe nach Baranquilla ist kurz, wir haben am Morgen genug Zeit, uns mit den Bomberos zu unterhalten. Gegen 8 Uhr geht’s weiter. Wie gehabt hüglige Strasse, leichter Gegenwind und gut Verkehr. In Baranoa gibt es eine kurze Pause mit einem sehr sauren Orangensaft. Wir kommen gut voran und bald beginnt die Einfahrt in die Grossstadt Baranquilla. Noch mehr Verkehr und viel Staub. Es knirscht zwischen den Zähnen. Zum Glück müssen wir nicht ins Zentrum, wir fahren auf der südlichen Circunvalar in Richtung Santa Marta. Dann biegen wir rechts ab ins typisch kolumbianische Verkehrsgewirr in Richtung Busterminal. Taxis blockieren die Strasse, es wird von allen Seiten gehupt und die Motorräder drängen aus allen Richtungen auf die Strasse. Chaos total. In der Nähe des Busterminals können wir bei Karina und ihrer Familie übernachten. Wir können den ganzen Nachmittag ausruhen und die Wäsche landet wieder mal in einer Waschmaschine.

23.02.2014. Eigentlich wollen wir früh los, denn es folgt eine windige Strecke dem Meer entlang. Doch in dem Haus ohne Schlafzimmertüren regt sich lange nichts. Um 6.30 Uhr tragen wir dann doch die Taschen runter und beladen die Räder. Das Frühstück wollen wir auf der Strasse einnehmen. Wir sind gerade startklar, als Mama Nieves aufsteht und uns Kaffee macht. Karina hatte uns am Vorabend per Auto die Ausfahrt gezeigt. Die zieht sich 7 km dahin, dazwischen stoppen wir, um etwas zu essen. Dann verlassen wir Baranquilla definitiv. Jetzt schon haben wir guten Gegenwind. Der Verkehr nimmt ab und bald sind wir in dem Cienaga-Gebiet. Links das Meer, rechts die diversen Teiche und Lagunen der Cienaga. Netterweise sind hier ganz viele Vögel zu sehen. Zudem hat es auf beiden Seiten viel Pflanzen und Sträucher, der Wind hält sich wider Erwarten in Grenzen. Das ist eine schöne Überraschung. Nur an einer Stelle kommen wir dem Meer so nahe, dass der Meerwind die Luft trübt.

Flamingos in der Cienaga

Flamingos in der Cienaga

Auf der einen Seite Meer, auf der anderen Sumpf

Auf der einen Seite Meer, auf der anderen Sumpf

Sonntag ist in Kolumbien natürlich auch der Tag, an dem die Rennradfahrer trainieren. Auf so eine Gruppe stossen wir nun und wie es sich für Kolumbianer gehört geht das nicht ohne viele Fragen. Einer von den Radlern steckt Alvaro dann auch 10’000 Pesos zu. Sehr nett. Es folgt eine Peaje, dann fahren wir durch das ziemlich heruntergekommene und vermüllte Puebloviejo. Kein angenehmer Ort. Wir nehmen nochmals 8 km in Kauf, um in Cienaga nach 70 km und zwei Bananen endlich etwas zu essen. Die 10’000 Pesos werden in einen Restaurantbesuch investiert. Heute muss Alvaro seine Siesta an einer Tankstelle abhalten.

Man nimmt was man kriegt

Man nimmt was man kriegt

Noch ein Tintico und weiter geht’s in Richtung Santa Marta. In der Ferne sind endlich wieder einmal hohe Berge zu sehen, die Sierra Nevada de Santa Marta. Die Strasse biegt sich gegen Norden, es folgen Hügel und hässliche Riesenhotelresorts. Plötzlich nimmt der Wind schlagartig zu, ich werde fast rückwärts vom Rad geblasen. Die letzten 15 km werden zum Härtetest gegen den brutalen Gegenwind. In Santa Marta nehmen wir eine kleine Nebeneinfahrt in die Stadt auf der Suche nach den Bomberos. Doch weil sich dort vor drei Jahren ein Radfahrer schlecht benommen hat, gibt es ein „nein“. Beim Cruz Roja sind am heutigen Sonntag nur Volontäre anzutreffen und ein Anruf beim Chef gibt ein zweites „nein“. Das dritte folgt bei der ersten Kirche. Alvaro hat noch einen vagen Kontakt, den er anrufen kann. Doch da nimmt niemand ab, aber wir kommen mit zwei Señoras ins Gespräch. Die eine will uns ihr Haus anbieten, doch das ist zu weit ausserhalb, denn es ist schon ziemlich spät und wir haben nur noch eine halbe Stunde Tageslicht. Die Señoras führen uns zum Hotel eines Bekannten. Das Zimmer kostet 90’000 Pesos, aber wir bekommen es für 70’000. Uff! Es werden 60’000, 50’000, 30’000, dann 20’000 und schliesslich bekommen wir es für eine von Alvaros DVD’s. In der Hotelküche dürfen wir kochen und Köchin Ines will uns am kommenden Tag Frühstück machen. Was für ein Tag!

24.02.2014. Kurz nach 7 Uhr steht tatsächlich unser Frühstück bereit. Dazu unterhalten wir uns eine ganze Weile mit Ines. Alvaro möchte noch die Bahia von Santa Marta sehen, bevor es weitergeht.

Nicht sehr spektakulär, die Bahia von Santa Marta

Nicht sehr spektakulär, die Bahia von Santa Marta

Die Ausfahrt zieht sich dann wieder dahin und der Wind ist jetzt schon spürbar. Zurück auf der Ruta 90 haben wir wieder vollen Gegenwind. Bald beginnt die Strasse anzusteigen, wir müssen die Ausläufer der Sierra Nevada de Santa Marta überqueren. Der Wind bläst gnadenlos durch dieses Tal, v.a. in den Kurven kann ich kaum gegen ihn ankämpfen, ich schwanke hin und her. Zum Glück hat es wenig Verkehr. So zieht sich der Weg nach oben. Bei der folgenden Abfahrt lässt der Wind nach, danach fährt es sich sehr angenehm durch die grüne Dschungellanschaft. Bei der Einfahrt in den Parque Nacional Tayrona wollen wir in einem Restaurant Mittag essen, doch hier gelten Gringo-Preise von 10’000 Pesos und mehr. Das ist uns zu teuer. In einem Strassenrestaurant in Guachaca sind die Preis wieder normal und Alvaro kann seine Siesta in einer Hängematte verbringen. Wir sind nahe an der Küste, immer wieder leuchtet das Türkis des karibischen Meeres durch die Kokospalmen. Die Strasse folgt bergig der Küstenlinie, langsam werden die Steigungen länger. Die Strecke erinnert mich bis auf die Vegetation und die Temperatur an die Küstenstrasse im Westen der USA. Wir sitzen schon lange im Sattel und er wird Zeit für die Schlafplatzsuche. Bei einem Camping ist niemand da, bei der ersten Finca ist der Dueño nicht anwesend, bei der zweiten schon, aber das Gelände ist für das Zelt zu steil. So fahren wir noch bis nach Palomino. Kleines Kaff, aber eine Kirche hat es. Der Padre ist gerade nicht da, aber er ist telefonisch erreichbar und gibt uns einen Schlafplatz. Die Schwestern sind sehr neugierig und hilfsbereit, bald haben wir einen frischen Saft und Kekse in der Hand. Wieder geht ein langer Tag zu Ende. Kaum liege ich, beginnt der Hahn im Nachbarhaus zu krähen. Er und seine Kollegen beschallen das kleine Dorf die ganze Nacht über. Von wegen der Hahn weckt einem frühmorgens…

25.02.2014. Um 5.45 Uhr gibt es ein „Bun Dia“ einer Schwester, um 6 Uhr quält sich Alvaro von seiner Matte und kurze Zeit später sitzen wir in einem Restaurante an der Hauptstrasse bei Tinto und einer Arepa, den typischen runden Maisfladen, die es hauptsächlich in Kolumbien und Venezuela zu den Mahlzeiten gibt.

Arepas

Arepas

Kurz nach 7 Uhr fahren wir los. Auf dieser Seite der Sierra Nevada stauen sich die vom Meer her kommenden Wolken, am Vormittag ist es meistens bewölkt. Später fallen sogar ein paar Tropfen. So fährt es sich viel angenehmer, obwohl es spürbar feuchter ist und mich die folgenden Hügel gut ins Schwitzen bringen. Flach ist die Strasse fast nie, immer rauf und runter. In Mingueo gibt’s einen Brombeersaft und Alvaro kauft sich endlich seine Machete. Wie lange spricht er schon davon… Es folgen viele weitere Hügel, dann wird die Strasse flacher und der grüne Dschungel weicht langsam der trockenen Buschsavanne. Dörfer gibt’s kaum mehr, aber bei einer Abzweigung hat es ein Restaurant. Alvaro braucht mittags jeweils eine richtige Mahlzeit, mir ist das oft fast zuviel. An der Strategie muss noch gefeilt werden. Eine Weile lang bleibt die Strasse „flach“, eigentlich ist es ein langes Plano falso nach oben. Dann beginnen erneut kleine Hügel und auf den letzten 15 km haben wir wieder mit starkem Gegenwind zu kämpfen. In Riohacha beginnt wieder die mühsame Suche nach einem Nachtlager. Cruz Roja: Nein. Bomberos: Nein, weil ein argentinischer Ciclista geklaut hat. In der Kirche ist gerade Messe und bei den Schwestern muss lange rumgefragt werden. Aber schlussendlich dürfen wir dann doch ein einem Schulzimmer neben der Kirche übernachten. Um 5.30 h müssen wir einfach draussen sein, denn um 6.00 Uhr beginnt die Schule.

26.02.2014. Früh ist also Tagwache, um 5.30 Uhr serviert uns Schwester Laura einen heissen Kaffee. Kurze Zeit später sind wir draussen, es ist immer noch dunkel. Auf einer Plaza frühstücken wir und warten auf das Tageslicht. Dann geht’s weiter in Richtung Maicao. Der Himmel ist bewölkt, der Wind pfeift mir schon um die Ohren. Der macht hier nie Pause. Die Strasse von Riohacha nach Maicao ist eine fast gerade Schneise durch die wüstenhafte Savanne. Hier leben die Guajiros und ihre Ziegen.

Eine Guajiro-Señora wartet am Strassenrand auf ein Transportmittel

Eine Guajiro-Señora wartet am Strassenrand auf ein Transportmittel

80 elende Kilometer lang kämpfen wir gegen den Wind. Irgendwie scheint dieser zu sagen, kehrt wieder um. Denn wir sind auf dem Weg nach Venezuela und bis anhin habe ich nichts Gutes gehört. Das Land befindet sich in einer tiefen Wirtschaftskrise und seit Mitte Februar gibt es eine grosse Protestwelle gegen den Präsidenten Maduro. Das berichten auch die Nachrichten, die es in Kolumbien zu sehen gibt. Aber Alvaro will unbedingt dahin. Bei der einzigen Kreuzung auf dieser Strecke hat es natürlich Restaurants, dort gibt’s… Ziegenfleisch und Arepas. Zum Glück hat es auch noch ein anderes Restaurant mit normaler Speisekarte. In Maicao finden wir dann wieder bei den Bomberos Unterschlupf. Obwohl Bomberos. Diese streiken seit einem halben Jahr, weil sie keinen Lohn mehr bekommen. Aber der Comandante ist vor Ort und sehr nett. Nun heisst es Infos zu Venezuela zu beschaffen, aber leider funktioniert das Internet gerade im ganzen Wüstenkaff nicht. Ausser bei den Bomberos. Was für ein Glück. Und Alvaros Freunde in Maracaibo melden, dass es keine grösseren Probleme gäbe. Nun denn.

27.02.2014. So machen wir uns also auf den Weg zu venezolanischen Grenze. 12 weitere Kilometer gegen den Wind. Die Ausreise aus Kolumbien dauert keine 5 Minuten, dann heisst es das erste Mal Schlange stehen in Venezuela. Die Schlange ist nicht sehr lange, aber für etwa eine Stunde tut sich absolut nichts. Personalwechsel, wie wir erfahren. Dann kommt Bewegung in die Sache und bald stehen wir vor der kleinen Schalteröffnung auf Bauchnabelhöhe. Beide Pässe sollen gleichzeitig rein. Ich bücke mich runter, der Beamte plaudert mit seinem Kollegen, würdigt mich keines Blickes und knallt seinen Stempel in die Pässe. Da hätte auch Bin Laden einreisen können.

An der Grenze zu Venezuela

An der Grenze zu Venezuela

Doch nun ist es geschafft, wir sind in Venezuela. Ein Land in tiefster Wirtschaftskrise im Konflikt mit der Regierung. Venezuela unterschiedet sich auch sonst gleich von Kolumbien. Die Autos und deren Zustand erinnern eher an Kuba, obwohl sie aus einer anderen Epoche stammen. Der Strassenrand ist total zugemüllt, v.a. Plastiksäcke in allen Formen und Farben flattern fröhlich im Wind. Ein trostloser Anblick. Seitenstreifen gibt es keinen mehr und es hat sehr viel Verkehr. Kein Wunder bei den Benzinprisen. Unter Chavez’ Regierung wurde der Benzinpreis nie angepasst. 1 Liter Benzin kostet 0.01 Bolivars, für 3 Bolivars, kann man sich den Tank füllen. Obwohl das mit dem Wechselkurs des Bolivars auch nicht einfach ist. Offiziell gibt es für einen Dollar 6,3 Bolivars, auf dem Schwarzmarkt 87!

Benzin wird auch Flaschenweise verkauft

Benzin wird auch Flaschenweise verkauft

Die unverwüstlichen Raser gibt es auch hier, Abstand halten ist ebenfalls oft ein Fremdwort. Ein irrer Beifahrer versucht mir sogar an den Lenker zu greifen. Immerhin bläst der Wind nun seitlich von hinten, was uns etwas schneller vorankommen lässt. Das ist gut, denn der Weg nach Maracaibo ist noch lang. Neugierig sind die Leute auch hier, halten wir sind wir gleich umzingelt. Und Alvaro ist natürlich in seinem Element, will jede und jeden interviewen.

Salzgewinnung in Venezuela

Salzgewinnung in Venezuela

Wir passieren einen grossen Salzsee, dann gibt es eine kurze Mittagspause. Uns fehlen immer noch gute 60 km, wir geben Gas. Man hatte uns geraten, dem Meer entlang zu fahren, so biegen wir nach La Rosita ab. Zerfallene Häuser direkt am Meer, ein paar doch eher unfreundliche Kommentare. Später erfahren wir, dass dies nicht gerade eine sichere Gegend ist. In Santa Cruz de Mara sollte eigentlich Alvaros Freund Toni auf uns warten, doch da ist niemand. Nun, wir sind spät dran. Nach einem Anruf mit geliehenem Hand wird auch das geregelt und kurze Zeit später gibt es für Alvaro ein freudiges Wiedersehen nach 12 Jahren. Aber wir sind immer noch nicht in Maracaibo und es wird langsam dunkel. Nun, immerhin haben wir nun ein Begleitfahrzeug, das uns nach weiteren 14 km, gesamt 124 km, endlich in die sichere Wohnung bringt. Eine anstrengende Etappe in die nun folgende Eiszeit. Maracaibo ist ein heisser Ort, Räume werden klimatisiert. Aber nicht ein bisschen, sondern auf Kühlschrankniveau. Irgendwann muss ich die Winterjacke ausgraben und zum Schlafen braucht es eine dicke, warme Decke. Eine verrückte Welt.

28.02. – 09.03.2014. In Maracaibo wohnen wir bei Antonio und Montse, natürlich Spanier aus Asturias. Alvaro kennt die beiden von seiner ersten Südamerikareise von 2001 – 2003. Das grosse Gesprächsthema dreht sich natürlich um die Landessituation und erinnert oft an Kuba. Schlange stehen im Supermarkt ist Alltag, Alltagsgüter wir Öl, Zucker, Mehl, Milch oder Reis können erst gekauft werden, wenn man mindestes 300 Bolivars ausgibt oder stundenlang in der Schlange ansteht. Klopapier ist knapp und Luxusgut. In den Strassen sind die Reste der Barrikaden der Protestzüge zu sehen. Manchmal wird auch eine Strasse neu mit Müllsäcken und Ästen blockiert. Nach Einbruch der Dunkelheit sind die Strassen fast leer. Nun, es sei denn, es beginnen um 3 oder 4 Uhr morgens die Cacerolazos der Opposition. Mit Pfannen ziehen sie lärmend durch die Strasse, um auf sich aufmerksam zu machen.

Wegen Feiertag geschlossen

Wegen Feiertag geschlossen

Präsident Maduro hat über die Karnevaltage sieben Feiertage verordnet, in der Hoffnung, etwas Ruhe ins Land zu bringen. Eher erfolglos. Und uns macht es die Sache auch nicht leicht, denn die Geschäfte sind geschlossen. Mein Fahrrad gibt fast seit Reisebeginn Knacklaute von sich. Ich bin sicher, dass sie von der Pedalgegend kommen. Aber wir haben Glück, der Bikeladen „Emporio Bike Sport“ öffnet am Samstag. Der Besitzer ist per Zufall der Bruder eines Freundes von Alvaro, mit dem er in Afrika zusammen gefahren ist. Juan Carlos nimmt sich dann meines Fahrrades an. Die Pedalachse wird geöffnet, gereinigt, neu zusammengesetzt. Sieht alles gut aus und das Knacken bleibt. Juan Carlos findet heraus, dass die Sattelstütze Laute von sich gibt. Alle Schrauben werden geölt, es hört sich besser an, doch das Knacken bleibt. Ich wechsle die Pedalen, das Knacken ändert die Tonlage. Nun, die Pedalen verdächtige ich seit Beginn, diese scheinen tatsächlich schlecht zu sein, obwohl sie neu sind. Die hätte ich besser nicht gewechselt. Aber das Knarzen bleibt ebenfalls. Nun werden die Speichen des Hinterrades verdächtigt, aber das Problem werden wir in Merida beheben. Nach 3,5 Stunden im Shop ist es genug und wir wollen die Jungs nicht weiter aufhalten, denn Bezahlung wollen sie keine. Und wirklich bedrohlich ist keines der Geräusch. Na ja, Problem nicht gelöst, aber der Bikeshop ist auf jeden Fall empfehlenswert.

Die restlichen Tage verbringen wir in der häuslichen Arktis oder mit Besuchen bei anderen Freunden und Bekannten und deren Kühlschränken. Die Diskussionen sind immer dieselben. Was es gerade wo zu kaufen gibt und wie lange man in der Schlange gestanden ist. Essen ist ebenfalls ein grosses Thema und wird werden gut gemästet. Die Speisen auf dem jeweiligen Tisch sind lecker und kommen oft direkt aus Spanien. Olivenöl aus Spanien gibt es zu kaufen, die Regale mit lokalem Sojaöl hingegen sind leer.

Milch, gibt es nicht

Milch, gibt es nicht

Ebenso sieht's mit süssen Sprudelwasser aus

Ebenso sieht’s mit süssen Sprudelwasser aus

Wir sind zu einer interessanten Zeit in Maracaibo. Am 5. März 2014 jährt sich der Todestag von Hugo Chavez. Nun, wenn er denn wirklich am 5. März gestorben ist, in Wirklichkeit soll er schon im Dezember 2012 dahingeschieden sein. Auf jeden Fall ein wichtiger Tag für die Opposition, denn einige Blicke sind auf Venezuela gerichtet. Nachts um 4 Uhr folgen wieder Cacerolazos und es wird mit dem Verbarrikadieren der Strassen begonnen. Dazu dient jeder Müll und was es sonst noch zu finden gibt. Am Morgen gibt es keinen Weg in die Stadt, vor dem Haus steht die Armee. Die Soldaten wurden schon während der Nacht vom gegenüberliegenden Haus mit Steinen und Flaschen beworfen und sind entsprechend gut gelaunt. Wir haben dann aber doch die Gelegenheit, eine kleine Tour durch Maracaibo zu machen.

Strassebbarrikaden in Maracaibo

Strassebbarrikaden in Maracaibo

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Der Tag endet dann auch mit interessanten Entwicklungen. Nicolas Maduro schafft es, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Panama zu brechen. Wir sind gespannt, wie es mit Venezuela weitergeht. Wir werden auch noch einige Zeit in dem Land verbringen, aber langsam aber sicher heisst es Abschied nehmen von Maracaibo. Ganz herzlichen Dank an die ganze Maracaibo-Familie für die unbeschreibliche Gastfreundschaft!

Die grosse Maracibo-Familie

Die grosse Maracibo-Familie