09.03. – 18.03.2014. Nach 10 Tagen kühler Pause begeben wir uns wieder in die reale Hitze der Aussenwelt. Per militärischer Begleiteskorte geht’s über die Brücke über den Lago Maracaibo. Nach heissen, flachen Kilometern entlang des Sees begeben wir uns endlich in die Berge. Wir machen uns auf den langen Aufstieg zum Pico el Aguila, dem höchsten Pass Venezuelas. In drei Tagen geht’s von 0 auf über 4’000 m.ü.M., etwas Höhenkrankheit, Kälte und Nebel inklusive.

Route: Maracaibo – Bachaquero – Agua Viva – Valera – Timotes – Pico El Aguila – Mucuchies – Tabay – Mérida

09.03.2014. Nach 10 Tagen Gastfreundschaft im Hause von Toni und Montse machen wir uns auf den Weiterweg. Durch Maracaibo haben wir wieder ein Begleitfahrzeug. Pepe und Toni weisen uns den Weg. Die Ausfahrt zieht sich knappe 20 km dahin. Auf der Autopista in Richtung Puente General Rafael Urdaneta, oder einfach Puente sobre el Lago, wird am Strassenrand überall frisch gepresster Orangensaft verkauft. Das lassen wir uns nicht entgehen. 2 Liter kosten 40 Bolivares.

Frischer geht's nicht

Frischer geht’s nicht

Kurz danach gibt’s den nächsten Halt, Alvaro hat einen Platten. Dann erreichen wir den Beginn der Brücke. Diese wird als wichtiges Verbindungselement natürlich von der Guardia Nacional verwaltet. Dem Capitan Blanco statteten wir schon vor einer Woche einen Besuch ab, denn das Befahren der Brücke mit dem Fahrrad ist verboten. Der Capitan versprach uns ein Begleitkommando. Nun stehen wir also wieder hier und der Capitan schlafe. Wir verabschieden uns von Toni uns Pepe und warten mal eine Weile. Doch niemand scheint den Capitan wecken zu wollen oder sich um unser Anliegen kümmern. Immer mehr neugierige Militärs scharen sich um uns, sonst passiert nichts. Dann reicht es Alvaro und er macht sich auf zu den Büros, um den Capitan persönlich zu rufen. Der junge, sehr sympathische Capitan Blanco erscheint kurze Zeit später. Klar bekommen wir unsere Eskorte. Davor müssen wir aber noch Fotos mit allen Militärs machen. Von wegen man sollte keine Militärs fotografieren…

Der freundliche Capitan Blanco

Der freundliche Capitan Blanco

Dann befahren wir in Begleitung von zwei Militärmotorrädern die 8 km lange Brücke. Zuerst geht’s rauf, dann runter. Immer wieder senken sich die Scheiben von vorbeifahrenden Autos und wir werden fotografiert. Gleich nach der Brücke biegen wir rechts nach Santa Rita ab. All die Dörfer und Städte entlang der Maracibo Sees leben von der Petroindustrie, dem wichtigsten Wirtschaftsgut Venezuelas. An Land und im Wasser wird Erdöl gefördert. Die Strasse führt flach durch das trockene Land und heute haben wir leichten Rückenwind. Wir kommen zügig voran. Und ständig werden wir fotografiert. Die Leute fahren neben uns her, stellen ihre Fragen oder knipsen einfach nur ab. Manche wollen sogar, dass wir anhalten und ein Foto machen. Für mich war es noch nie so extrem, Alvaro meint, im Iran sei es noch schlimmer. In Cabimas machen wir in einer Panaderia Mittagspause. Zur Tortilla de Patatas von Montse gibt’s frisches Brot und eine grosse Cola. Wir sind gerade fertig, da kommt ein Typ in Bikebekleidung rein und spricht Alvaro mit Namen an. Nerio, ein treuer Folger vom Biciclown will etwas mit uns fahren. Seine Frau und die beiden Kinder fahren im Auto mit. Wir machen uns auf den Weiterweg, heute ist es drückend heiss. Gut, nach 10 Tagen in einem Kühlschrank merkt man die Hitze wieder. Wir spulen Kilometer um Kilometer ab. In Lagunillas lädt uns Nerio zum einem Glace ein. Ich bevorzuge ein Gatorade. Nun fehlen noch 30 km bis nach Bachaquero. Die ziehen sich dahin. Dann biegen wir in Richtung Dorf ab, auf der Suche nach den Bomberos. Diese erreichen wir dann nach 118 km im Sattel. Der Comandante ist noch bei einem Einsatz, aber man gewährt uns trotzdem Asyl. So endet ein langer Tag auf der Matte auf dem Boden des Männer-Dormitorios.

10.03.2014. Um 6 Uhr regt sich bei den Bomberos noch nichts. Um 6.15 Uhr beginnen wir leise mit dem Zusammenräumen. Langsam kommt Leben in den Dormitorio, dann geht das Licht an und kurze Zeit später plärrt lautstark die Weckmusik durch die Lautsprecher. Nach dem Frühstück gibt es die obligate Fotosession, dann verabschieden wir uns von der wirklich netten Truppe. Wir fahren wieder zurück auf die Hauptstrasse, dort geht es flach und geradeaus weiter. Fast schon langweilig. In Mene Grande essen wir etwas, danach soll es gemäss Aussagen lange nichts mehr geben. Nun, wir werden noch viele Restaurants und Verkaufsstände passieren. Nach Mene Grande wird die Gegend hügeliger und nun haben wir leichtem Gegenwind. Die Hitze beginnt zu drücken. Es ist sehr heiss hier. Bei einer eher tristen Tankstelle machen wir eine längere Mittagspause, dann stellen wir uns wieder der Hitze. Bei einem Strassenstand treffen wir auf zwei argentinische Ciclistas. Maria und Mauricio. Die beiden fahren auf ziemlich lottrigen Rädern und haben kein Geld. Sie verkaufen Artesanias und leben von dem, was man ihnen schenkt. Irgendwie sehr beeindruckend. Wir schwatzen eine Weile, dann lassen wir die beiden zurück. Bei Agua Viva passieren wir einen Posten der Guardia Nacional. Unsere Übernachtungshoffnung. Doch daraus wird nichts. Beim Restaurant geht’s auch nicht und auch sonstiges Rumfragen bleibt ohne Erfolg. So tanken wir Wasser und beginnen die Steigung nach Valera. Nach einiger Zeit erscheinen ein paar Häuser und eine kleine Schule. Bei der Schule ist niemand, doch die Familie des Nachbarhauses lädt uns spontan zu sich ein. Bald sich wir von unzähligen Kindern umringt. Da fährt der Bus der Schule vorbei und der Aufpasser erlaubt uns auch bei der Schule zu zelten. Dort haben wir eindeutig mehr Platz und es ist etwas gemütlicher als im engen Haus. Aber wir bedanken uns herzlich bei der Familie für die spontane Gastfreundschaft gegenüber zwei total Fremden!

11.03.2014. Kurz vor 7 Uhr treffen die ersten Kinder ein und wir sind startklar. Auf der Strasse treffen wir wieder auf Maria und Mauricio. Die beiden sind sehr früh gestartet und haben die erste Steigung heute schon hinter sich. Die beiden sind schnell unterwegs auf ihren klapprigen Rädern. Nun, sie haben auch fast kein Gepäck, wir schleppen beide je 75 kg den Berg hoch. Aber schlussendlich lassen wir die beiden dann doch wieder hinter uns, guten Rädern sei Dank! Die Strasse steigt und fällt eine Weile durch die nun bergige Landschaft. Die Strasse ist eng und der Verkehr wird immer dichter. Das ist sehr mühsam. In El Turagual essen wir eine Empanada, dann folgt die Strassenerlösung, die Autopista. Drei Spuren plus breitem Seitenstreifen. Erholung pur. Na ja, die Abgasluft wird auch hier nicht besser. Die Strasse steigt nochmals gut an, dann erreichen wir Valera auf 500 m.ü.M. Es ist noch sehr früh, darum wollen wir uns ein Hotel suchen. Antonio in Maracaibo hat uns sehr grosszügig einen guten Batzen zugesteckt, mit dem können wir uns das Hotel auch leisten. Vielen Dank Toni! Zuerst geht’s im Verkehrschaos von Valera hoch in Richtung Centro. Wir finden günstige Hotels, aber die Zimmer sind extrem schäbig. Nach einer kleinen Odyssee durch die Mercadostrassen von Valera landen schlussendlich im Hotel Valera. Ein gutes, schönes Hotel, ruhiger Innenhof und bequeme Betten, Dusche mit heissem Wasser und ganz wichtig: Internet. Den Luxus leisten wir uns für den Rest des Tages!

12.03.2014. Der Vorteil von einem Hotel ist ganz klar, dass es morgens nichts zu verräumen gibt. Frühstücken und um 6.30 Uhr geht’s los. In Valera geht’s nochmals hoch in Richtung Centro, dann biegen wir ab in Richtung Timotes. Nun, es gibt zwei Strassen nach Timotes. Eine führt über La Puerta, doch dort ist mehr Steigung zu bewältigen. Wir wählen die direkte Strasse. Zuerst geht’s steil bergab in das Tal des Rio Motatan, wir verlieren einiges an Höhe. Dann sind wir im Tal unten und folgen hügelig dem Flusslauf. Die Strasse ist sehr eng, es hat viel Verkehr und mein Rad gibt heute zusätzlich ganz arge Knacklaute von sich. Später entdecke ich per Zufall die Ursache. Eine Schraube des Rohloff-Ausfallendes ist locker. Ich ziehe sie an und fortan fahre ich in Stille. Nun, fast. Langsam nimmt der Verkehr etwas ab und ich geniesse die nun bergige Landschaft. Es ist schön hier. Die steilen Berghänge sind trocken, doch das Tal ist äusserst fruchtbar. Bis Timotes begleiten uns am Strassenrand die diversesten Felder: Salat, Broccoli, Basilikum, Peterli, Artischocken, Kohl und vieles mehr. Man könnte sich direkt von den Feldern bedienen, Zäune gibt es selten.

Im Tal des Rio Motatan

Im Tal des Rio Motatan

Der Plastik-Wagen auf dem Weg nach oben

Der Plastik-Wagen auf dem Weg nach oben

Langsam steigen wir in die Höhe und wir haben tatsächlich Rückenwind. Langsam wird auch die Hitze erträglicher. Verpflegen kann man sich unterwegs auch, mal gibt’s einen frischen Orangensaft, mal eine Empanada. Ab La Mesa wird die Steigung steiler und gegen 14 Uhr erreichen wir ziemlich erschöpft und hungrig Timotes auf 2’000 m.ü.M. Im Restaurant Donatti machen wir Halt, der Besitzer ist in der Bergrettung tätig, seine Frau führt das Restaurant. Alvaro behauptet, dass uns die Bomberos in Bachaquero den Tipp gegeben hätten. Die Dueña Anna Julia ist sehr nett und setzt sich lange zu uns. Das leckere Essen wird uns spendiert, zudem bietet sie uns einen Zeltplatz für die Nacht an. Doch wenn es geht, wollen wir nicht zelten, denn morgen wollen wir wieder früh los. Bomberos gibt es in Timotes keine, die befinden sich in Chachopo, aber die Posadas sind günstig. Wir fahren ins Dorf, schauen uns zwei Posadas an. Dann kaufen in in der Fruteria eines Palästinensers ein. Wir bekommen einen Spezialpreis und zudem schenkt uns der Mann einen riesigen Salat und zwei Baumtomaten. Dann fahren wir einen Kilometer zurück zur Posada El Resguardo. Gemäss Anna Julia die beste. Der Ort ist sehr gemütlich und ruhig, unsere Kleider werden gewaschen und getrocknet, der Kaffee aufs Zimmer serviert. Abends bekommen wir dann noch Besuch von Anna Julia und ihrem Mann Almikar. Er will uns morgen auf den Pico de Aguila begleiten. Wir reden eine lange Weile, dann folgt eine weitere Luxusnacht in einem gemütlichen Bett! Toni sei Dank!

Anna Julia und ihre Angestellte vom Restaurante Donatti

Anna Julia und ihre Angestellte vom Restaurante Donatti

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Strategieberatung mit Almikar

13.03.2014. So sind wir dann auch wieder zügig startklar, heute morgen ist es noch richtig kühl. Da fährt auch schon Almikar mit dem Auto vor. Gut. Wieder ein Begleitfahrzeug. Wir fahren wieder nach Timotes, steil geht es durch das Dorf hoch, dann wird es etwas flacher. Wir passieren weiterhin die diversesten Felder. Amilkar fährt hinter uns, doch das wird hier etwas lästig. Alvaro fährt schneller hoch als ich und ich möchte so schnell fahren wie ich will. Besser wenn Almikar vorfährt und immer wieder mal hält. So geschieht es dann auch. Wir fahren langsam hoch nach Chachopo. Die Dorfdurchquerung ist wieder brutal steil, dann geht’s den Feldern entlang weiter sanft nach oben. Viel besser.

Steiles Chachopo

Steiles Chachopo

In La Venta machen wir eine längere Pause in einem Cafetin, Almikar hat unheimlich viel zu erzählen. Die Strasse windet sich dann langsam weiter den Berg hoch, wir gewinnen an Höhe. Auch hier werden wir immer wieder fotografiert. Einmal hält ein Wagen vor uns, die beiden Chicos steigen aus und wollen ein Foto mit uns. Alvaro verlangt 50 Bolivares, der eine hält uns das Geld hin. Na, das war en Witz, wir geben es natürlich zurück. Aber wir plaudern etwas mit den beiden, der eine ist der Sohn des Besitzers des Castillos San Ignazio in Mucuchies. In einem kleinen Bergdorf gibt’s einen Mittagsimbiss, draussen ist es richtig kühl. Dann weiter den Berg hoch und in ein weiteres Tal hinein. Nun wird die Paramo-Landschaft kahler, Felder und Häuser verschwinden.

Zuerst ist es grün und bewirtschaftet...

Zuerst ist es grün und bewirtschaftet…

... dann wird es immer kahler

… dann wird es immer kahler

Gegen 16.30 Uhr erreichen wir die Auffahrt zur Laguna Los Guaches. Ein idealer Campspot, denn langsam rennt uns die Zeit davon. Almikar hilft uns noch die Bikes den steilen Trail hochzuschieben, dann verabschiedet er sich. Es ist kalt auf 3’900 m.ü.M., vor allem der bissige Wind. Schnell stellen wir das Zelt auf, kurz in der Lagune waschen und etwas warmes essen. Dann ist es Zeit für das warme Zelt. Nun, so warm ist es auch wieder nicht. Ich friere in meinem 0 Grad Schlafsack. Ich zittere richtig. Zudem macht mir der Magen zu schaffen. Es rumpelt und tut, jede Liegeposition ist unbequem. Das muss die Höhe sein. Zum Glück wird es dann doch noch warm in meinem Schlafsack, aber schlafen kann ich die ganze Nacht nicht.

Ein schöner Campspot... nur etwas kalt

Ein schöner Campspot… nur etwas kalt

14.03.2014. Gegen 7 Uhr geht Alvaro aus dem Zelt, kommt wieder zurück und verkriecht sich wieder in seinen Schlafsack. Er hat ebenfalls leichte Kopfschmerzen und der Macht macht auch ihm zu schaffen. Da geht es uns beiden zum Glück gleich, die beiden leicht Höhenkranken… Wir bleiben liegen, bis die Sonne durchdrückt. Beide sind wir schlapp und energielos. Na, das hat man davon, wenn man das erste Mal gleich auf fast 4’000 Metern zeltet. Als wir endlich startklar sind, sind wir in dichten Nebel gehüllt. Wir stossen die Fahrräder wieder zurück auf die Strasse und gegen 11 Uhr nehmen wir die letzten 2,5 km bis zum Pass in Angriff. Die sind richtig anstrengend, immer wieder müssen wir halten und verschnaufen. Und leider sehen wir absolut nichts von der anscheinend fantastischen Aussicht. Dann ist es geschafft, wir sind auf dem Pico eel Aguila auf 4’118 m.ü.M. Ein Foto der Tafel, warm einpacken und schon nehmen wir die Abfahrt in Angriff. Die kurvenreiche Abfahrt ist dann richtig toll!

Auf dem Pico el Aguila mit Nullsicht

Auf dem Pico el Aguila mit Nullsicht

Runterfahren macht Spass!

Runterfahren macht Spass!

Erster Halt wird in Apartaderos beim Embutidos „El Aguila“ eingelegt. Dort gibt es Chorizos nach spanischer Art. Alvaro ist im Paradies gelandet. Dann geht es weiter runter durch kleine Dörfer. In Mucuchies sticht einem sofort das Castillo San Ignazio ins Auge. Dort soll es auch wunderbare Pasta geben. Wir parkieren und Alvaro geht auf Investigationsgang. Natürlich ist das Restaurant viel zu teuer, aber Jean Pierre, der Chico vom Vortag ist tatsächlich da und arbeitet im Restaurant. Er lädt uns zu einem Teller Pasta ein.

Eine Extraportion Pasta in edlem Ambiente

Eine Extraportion Pasta in edlem Ambiente

Wir bekommen eine extra grosse Portion Spaghetti Bolognese, ich schaffe den Teller nicht. Dann müssen wir weiter. Bis auf ein paar kleine Steigungen geht’s runter. Eigentlich wollen wir bis nach Merida, doch beim Gedanken an die letzen 10 km Steigung verziehen sich unsere beiden Gesichter. Zudem ist es schon spät. Die Region hier ist sehr touristisch, überall hat es Posadas, Hotels und Cabañas. Doch alle sind geschlossen oder niemand da. Die Proteste in Merida lassen die Besucher fern bleiben. In Tabay finden wir schliesslich doch noch ein günstiges Zimmer. Die Auffahrt nach Merida kann warten.

15.03.2014. Frisch machen wir uns am nächsten Tag bei strahlendem Sonnenschein auf den Weiterweg. Nach ein paar hundert Metern beginnt dann auch schon die Steigung. 7 km steigt die enge Strasse gut an. Es hat viel Verkehr und der Respekt gegenüber dem Ciclista ist wie üblich nicht sehr gross. Mühsam. Dann erreichen wir die Einfahrt nach Merida und den höchsten Punkt. Dort gibt’s einen Kaffee und etwas Süsses. Nun folgen 3 km Abfahrt bis ins Stadtzentrum zur Plaza Bolivar. Dort ist das Büro von Funda Eventos und Besitzer Neudy wartet schon auf uns. In seinem Büro dürfen wir die nächsten Tage wohnen. Nicht schlecht, gleich an der Plaza.

Bei der Plaza Bolivar in Mérida

Bei der Plaza Bolivar in Mérida

Wir unterhalten uns lange mit ihm, natürlich ist das Thema Nummer Eins der Zustand Venezuelas. In Merida gab es grössere Ausschreitungen und Barrikaden als in anderen Städten. Aber hier im Zentrum ist es ruhig, man sieht nichts davon. Dann taucht William auf, ein treuer Folger des Biciclowns. Er lädt uns zum Mittagessen ein und textet uns völlig zu. Danach ist dringend eine Siesta angesagt. Später lernen wir noch Adriana kennen, die Freundin von Pablo Olias, Titiribici. Bei Pablo übernachtete ich damals in Sevilla, Spanien, auf der Heimfahrt von Spanien in die Schweiz. Die kleine Radlerwelt. Adriana ist 6 Monate mit Pablo zusammen gefahren, nun muss sie leider wieder arbeiten, studieren und Geld verdienen. Und nach 6 Monaten im Ausland ist die Rückkehr nach Venezuela ein Disaster. Alles ist viel teurer, Klassen finden nicht statt und wie bekannt muss man für Milch, Reis etc. Schlange stehen. Man wird sogar auf den Arm gestempelt, damit man nur einmal geregelte Produkte einkaufen kann. Das sind schon extreme Züge. Nun will man eine Libretta a la Kuba einführen. Wohin geht diese Reise? Die ganzen Diskussionen sind sehr spannend, obwohl sich vieles wiederholt, aber mich ermüdet das Zuhören sehr. Als dann auch Neudy nach Hause fährt, kehrt Ruhe ins Büro. Das tut gut.

16.03. – 18.03.2014. Wir verbringen einige Ruhetage in Merida. Mein Rad muss wie bekannt zum Speichencheck. Dazu bringt uns Neudy am Montag zum kleinen Bikeshop Fly Bike von Enrique. Ein Junger Typ der wirklich sehr viel Ahnung von Bikes hat. Er schaut sich mein Hinterrad in der Zentriermaschine an, eine Speiche braucht eine Vierteldrehung, dann ist alles super. Das Rad wurde sehr gut eingespeicht! Dann richtet er die Bremsen und putzt die Kette. Alvaros Hinterrad braucht etwas mehr Aufmerksamkeit, dann ist auch bei ihm wieder alles im Lot. Geld will Enrique für seine Arbeit keins. Eine weitere dieser absolut bemerkenswerten Persönlichkeiten Venezuelas. Wir sind wieder startklar und die Räder auf Vordermann. Zuerst folgen aber noch ein paar weitere Einladungen zum Essen. Redethemen immer die gleichen. Wir laufen auch durch die verbarrikadierten Strassen von Mérida. Zu Fuss kommt man durch. Hier sind die Guarimbas, wie die Barrikaden auch heissen, etwas handfester als in Maracaibo.

Guarimba in Mérida

Guarimba in Mérida

Aber auch hier wurden viele mit Müllsäcken erstellt. Die Fliegen schwirren schon herum. Theoretisch wäre es eine kleine Sache, die Barrikaden mit etwas schwererem Gefährt zu zerstören. Theoretisch. Momentan aber bleiben die Schulen dieser Barrios geschlossen, die Kinder gehen seit einem Monat nicht mehr in die Schule. Geschäfte in dieser Gegend bleiben geschlossen. Angestellte können nicht mehr bezahlt werden. Der Rattenschwanz wird länger und länger. Wir planen unsere weitere Route gemäss den möglichen Ausfahrten aus Mérida, denn gewisse Strassen sind unpassierbar. Alles sehr schade für eine wirklich tolle Stadt wie Mérida, denn auch die in- und ausländischen Touristen bleiben fern. Mir gefällt das klein wirkende Mérida sehr gut, umringt von hohen Bergen mit sehr angenehmem Klima. Ein Besuch der sich lohnt.