11.04. – 30.04.2014. Alvaro reist für zwei Wochen Ferien nach Ecuador, ich bleibe in Bogotá. Auch nicht schlecht, denn ich habe noch einiges zu erledigen. Schreiben, organisieren, basteln etc. Zuerst weile ich im Norden der Stadt bei Julians netter Familie, später reise ich in den Süden der Stadt zu Luis und seiner Familie. Zwei Wochen sind schnell rum und nach Alvaros Rückkehr komme ich endlich in den Genuss einer ersten Live-Vorstellung des Biciclowns. Ein erfolgreicher Abschluss der Zeit in Bogotá.

12.04. – 21.04.2014. Ferienzeit für Alvaro. Am Morgen organisieren wir noch etwas unser Gepäck. Gegen 14 Uhr machen wir uns auf den Weg. Alvaro muss zum Flughafen, ich treffe mich mit Warmshower Julian, bei dem ich ein paar Tage wohnen darf. Im Bus verabschiede ich mich von Alvaro, ich muss eine Station früher raus. Im grossen Einkaufszentrum Santa Fé warte ich auf Julian, der bald auftaucht. Ein junger, sehr sympathischer Chico, ganz neu im Netz der Warmshowers. Er will im kommenden Sommer von New York nach San Francisco radeln. Per Bus fahren wir zur Wohnung seiner Eltern. Die befindet sich im Conjunto „Antigua Helvetia“. Das ist schon ein gutes Zeichen. In dem Komplex stehen dann auch chaletartige Häuschen und Häuser.

Helvetia in Kolumbien

Helvetia in Kolumbien

Bald lerne ich Julians Eltern Luis und Consuelo sowie seinen Bruder Miguel kennen. Alle sehr nett. Die ganze Familie hat vier Jahr in der Schweiz gelebt. In diesem Moment aber wollen sie mehr übers Reisen wissen. Die Eltern sind natürlich etwas um Julian besorgt, wenn er im Sommer nach New York aufbricht. Ich hoffe, ich kann ihnen etwas Angst nehmen… Etwas Schweiz gibt es dann noch noch in Form des Desserts. Original Lindor-Kugeln! Und im Kühlschrank wartet der Raclettekäse. Was für ein Glück habe ich…

Jeden Sonntag ist in Bogota Ciclovia-Tag. Von 8 bis 14 Uhr werden einige Strassen für den Verkehr gesperrt. Ich bekomme das Fahrrad von Julians Bruder Miguel und bei Sonnenschein und angenehmer Temperatur machen wir uns auf den Weg. Gemütliches Radfahren durch die Strassen von Bogota. Eine schöne Art, die Stadt kennenzulernen. Je näher wir dem Zentrum kommen, je mehr Leute hat es auf den Strassen. Immer dichter wird das Gewimmel, zum Schluss stossen wir die Räder durch die Massen. An jeder Ecke steht ein Musikant und es gibt nichts, was es hier im Moment nicht zu kaufen gäbe. So erreichen wir die Plaza Bolivar, zentraler Platz von Bogota. Hier laufen alles Strassen zusammen, hier ist der Strassen-Nullpunkt. Im 2011 sah ich die Plaza fast menschenleer und bei strömendem Regen, nun wimmelt es von Leben und Farben. Was für ein Unterschied!

Die Plaza Bolívar von Bogotá

Die Plaza Bolívar von Bogotá

Wir schauen dem Treiben eine Weile zu, dann machen wir uns langsam auf den Rückweg. Nun auf normalen Strassen und auf den Ciclorutas, den immer existierende Fahrradwegen. Nach 4 Stunden und ca. 30 km sind wir wieder zu Hause. Ganz schön anstrengend, wenn man nicht auf dem eigenen Rad fährt, Leute beobachtet und sich intensiv auf die Strasse konzentrieren muss. Ich bin kaputt!

In der Zeit in Bogota ist arbeiten angesagt. Es gibt administrative Dinge zu erledigen, Mails zu beantworten und Blog-Einträge zu schreiben. All diesen Arbeiten wird der heutige Tag gewidmet. Abends holen wir Julians Schwester Marie Andrea und ihren Freund Felipe vom Flughafen ab. Später kommt noch der Deutsche Simon zu Besuch. Und es ist ein weiterer spezieller Tag. Zum Nachtessen gibt es Raclette! Richtiges Raclette! Ich glaube das erste Wunder von Kolumbien muss an die zweite Stelle Rücken… Der kolumbianische Raclette-Käse nach Schweizer Rezept kommt nicht ganz an das heimische Original heran, ist aber sehr lecker. So verbringe ich einen gemütlichen Abend in der grossen Runde, der mit Cremeschnitten aus einer Schweizer Bäckerei in Pereira endet. Echt klasse!

Schweizer Abend

Schweizer Abend

Die Zeit bei der Familie Rojas vergeht schnell. So ist auch bald Mittwoch, eigentlich mein letzter Tag hier, denn Julian fährt über die Ostertage weg. Doch seine Familie lädt mich spontan auf die Finca von Consuelos Familie ein. Da ich ja nichts Konkretes vorhabe, sage ich gerne zu. So fahren wir am Donnerstag in das auf ca. 1’000 m.ü.M. gelegene La Mesa. Dort unten ist es ganz schön warm. Auf der großen Finca werden wir schon diversen Familienmitgliedern begrüsst. Und es werden immer mehr. Das schöne Haus ist riesig und all die 20 Personen finden einen Schlafplatz. Auf dem grünen Anwesen stehen die diversesten Bäume. Cacao, Mango, Limonen, Limas, Guaven, Orangen und Mandarinen. Sehr lecker, diese frischen Früchte.

Am Freitag unternimmt die ganze Sippe einen Spaziergang nach La Mesa. Eine gute Stunde lang laufen wir steil den Berg hoch. Da kommt man ganz schön ins Schwitzen. Und damit auch die Knie noch etwas leiden, geht’s danach wieder steil bergab zurück zur Finca. Auch am Samstag ist nochmals wandern angesagt. Heute sind die meisten aber ziemlich faul, so ziehen Luis und ich alleine los. Gute 3 Stunden sind wir in der schönen Landschaft unterwegs. Gegen Abend fahren wir dann wieder zurück nach Bogotá, denn Marie Andrea fliegt am Sonntag zurück nach Deutschland, wo sie seit 4 Jahren lebt.

21.04. – 25.04.2014. Am Montag reise ich etwas weiter in den Süden von Bogota, wo mich schon Luis, der Puma, und seine Familie erwarten. Vom Antigua Helvetia geht’s ins total andere Viertel Madelena. Nicht die beste Gegend, aber mir gefällt das wieder vorhandene Leben auf der Strasse. Überall werden Dinge verkauft. Früchte, Gürtel, Empanadas, etc. Ich verbringe den Rest des Tages in der Schuhmacher-Werkstatt von Luis, die er seit 28 Jahren zusammen mit seiner Frau Sandra betreibt. Bei Tinto, Brötchen und viel Schwatzen vergeht die Zeit schnell. Abends kommen dann auch noch die beiden sympathischen Töchter Yusely und Lizeth zur Schwatzende dazu.

Nun, ich habe hier noch eine andere Aufgabe zu erledigen. Drahtfahrräder basteln! Ich habe schon einige Versuche hinter mir, doch im Moment habe ich viel zu dünnen Draht. Darum begebe ich mich am Dienstag mit Luis in die Stadt. Er muss sowieso einige Dinge erledigen, so geht das in einem. Zuerst fahren wir per Bus ins „Schuh-Viertel“. Dort gibt es alles für den Schuhmacher, von Sohlen, Absätzen, Stoffen über Accessoires, einfach alles. Wir besuchen auch eine Werkstatt, die original kolumbianische Nike Turnschuhe herstellt… sehr interessant. Dann geht es weiter zur Plaza España. Der normale Tourist sollte sich nicht unbedingt dorthin verirren, aber Luis ist in dem Viertel bekannt. Hier gibt es alles an Eisenwaren, Werkzeugen und eher komischen und heruntergekommenen Gestalten. Nun beginnt es auch noch auch Kübeln zu schütten. Na ja, da ist nur abwarten möglich. Aber schlussendlich finde ich meinen Draht, den es hier jedoch nur kiloweise gibt. Gut, dass Luis auch welchen braucht. Wieder bei Luis zu Hause gilt der Rest des Tages nicht etwas der Fahrradherstellung, sondern der Flyererstellung für den 28. April. Alvaros Clown-Show wird tatsächlich stattfinden!

Aber die nächsten zwei Tage gehören voll und ganz den Drahträdern. Nach etwas Angewöhnungszeit klappt das auch ganz gut und es macht mir unheimlich viel Spass. Die einzigen, die leiden sind meine Finger. Nach zwei Tagen und etwa 50 Rädern ist dann auch Schluss. Ich muss das ganze Zeugs ja schliesslich mitschleppen.

Wie war das gleich nochmals mit Gewicht loswerden? Das nämlich auch ein Task dieser Tage. Scheint schwierig zu werden. Am Freitag fahre ich dann wieder zurück nach Chia, wo Gepäck und Fahrräder warten. Ich nutze den letzten Tag ohne Alvaro, um alle Taschen ausmisten und siehe da, das eine oder andere unnötige Ding versteckt sich wirklich irgendwo. Aber wirklich leichter wird mein Gepäck leider nicht. Es bleibt wohl bei den ca. 70 kg inkl. Fahrrad.

26.04. – 30.04.2014. Tja, und auch Alvaros Ferien gehen vorbei. Ob er sich wieder an das günstige Nomadenleben gewöhnen kann nach all dem Luxus? Ich hole ihn vom Flughafen ab. Was für eine Reise. 3 Stunden sitze ich in diversen Bussen und komme zu spät. Hmmm, da geht sie Schweizer Pünktlichkeit flöten. Aber bei dem Verkehrschaos Bogotás ist das kein Wunder. Die Rückreise ist dann zum Glück etwas kürzer. Alvaros Eingewöhnungszeit ist auch ganz einfach, denn am Sonntag muss er für die Show vom Montag üben. Ich bereinige in dieser Zeit seine Präsentation für den Vortrag vom Dienstag. Der Herr ist sehr beschäftigt… Für die Arbeit werde ich zu einer leckeren Pizza eingeladen. Das ist auch kein schlechter Lohn.

Am Montag morgen treten wir dann zusammen mit Oscar wieder die lange Reise von Chía nach Ciudad Bolivar an. Die Auffahrt in das Armenviertel per Bus ist alleine schon ein Abenteuer. Die Strassen sind extrem steil, die Kurven eng, der Bus voll. Manchmal denke ich, der Bus fährt nicht mehr an und rollt einfach rückwärts den Berg runter. Aber er ächzt sich den Berg hoch, dann sind wir bei der Plaza Illimani in Paraiso. Oscar ist zum Mittagessen eingeladen, Alvaro möchte sich lieber auf die Show konzentrieren. So essen wir zusammen in einem lokalen Restaurant, dann gehen wir in die Panaderia zum Kaffee trinken. Eigentlich sollten um 14 Uhr die Stühle und die Musikanlage ankommen, doch davon ist nicht zu sehen. Irgendwann taucht Carlos der Zauberer auf. Einige seiner Zauberschüler werden vor Alvaros Show ein paar Tricks zeigen. Von Stühlen und Musik immer noch keine Spur. Alvaro wird langsam nervös, Oscar beginnt rumzurennen. Er ist für die Organisation zuständig. Kurz nach 15 Uhr kommt das Material dann an. Eine riesige Musikanlage, ein Zelt und 46 Stühle. Die wenigen Stühle sind schnell aufgestellt, die Musikanlage braucht ihre Zeit, das Zelt breitet noch grössere Probleme. Doch regnen wird es heute kaum, denn das Wetter steht total auf unserer Seite. Ein paar Wolken, aber meist Sonnenschein und blauer Himmel. Was für ein Glück, denn die letzten 2 Wochen regnete es doch sehr häufig. Alvaro hatte mir die Musikeinlagen erklärt, aber ich kann mich nicht um die Musik kümmern und gleichzeitig fotografieren. Zudem ist es die erste Show vom Biciclown, die ich live sehe. Aber eine nette Señora übernimmt den Job. Alvaro erklärt ihr was zu tun ist, zieht sich an Ort und Stelle um, denn es herrscht noch totales Chaos. Nun treffen auch immer mehr Kinder ein. Die wenigen Stühle sind bald besetzt, der Boden füllt sich immer mehr. Die paar Helfer haben Mühe, die Sitzordnung zu kontrollieren. Nun beginnt der Showteil von Carlos Kindern. Eine schwierige Angelegenheit, denn es wird immer noch die Sitzordnung organisiert, da die meisten Kinder fast auf der improvisierten Bühne hocken.

Dann die Eröffnungsmusik und der Biciclown betritt die Bühne. Bei strahlenden Sonnenschein zeigt Alvaro sein Können. Ich komme gar nicht richtig zum Zusehen, denn ich versuche einige gute Fotos zu schiessen. Zu Beginn geht das noch ganz gut, dann wird die Menschenmenge immer grösser und dichter gedrängt. Doch alle sind happy und es wird viel gelacht. Eine super Show vom Biciclown. Obwohl dieser gegen Schluss etwas gestresst wirkt, denn die Kinder hocken ihm nun wirklich auf der Pelle. Aber alles in allem ein erfolgreicher Event mit vielen glücklichen Gesichtern.

Danach unterhalten wir uns noch eine Weile mit den Leuten. Viele Ciclistas, Fans von Alavro, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Es ist schön auch Luis und Julian dort oben anzutreffen. Julian überreicht uns zwei Reflektors, coole und geniale Gürtel, die eine Gruppe junger Ciclistas herstellt. Eine Seite des Gürtels ist normal, die andere reflektierend. Diese Seite wird auf dem Rad getragen. Eine super Idee! Und danke für unsere zwei Exemplare!! Einige Leute wollen noch Alvaros Bücher kaufen, doch ich erkläre mehrmals, dass wir diese aus Gewichtsgründen nicht mitschleppen. Dafür kaufen die Leute meine Drahtvelos. Das Geschäft läuft gut. Dann müssen wir leider auch schon los, denn Alvaro hat den nächsten Termin in der Stadt. Der Vortrag vom Dienstag findet sehr früh morgens statt, so begibt er sich heute schon in die Nähe der Schule. Ich fahre mit Oscar, Lulú und Eduardo zurück nach Chía. So geht ein langer, intensiver und erfolgreicher Tag zu Ende.

Alvaro nimmt die kleinen Räder auch mit zu seinem Vortrag. Und kommt mit gerade mal 6 Übrigen zurück. Wow! Was für ein Erfolg. Fast alle verkauft!!! Hmmm, jetzt muss ich wohl nochmals ran. Mal sehen, wieviele noch zu Stande kommen, denn am 1. Mai soll die Reise definitiv weiter gehen. Der Süden Kolumbiens wartet!

Zum Schluss:
Muchas gracias a todos que me hicieron posible un tan buen tiempo en Bogotá.
Luis, Consuelo, Julian, Miguel y Maria Andrea en el Norte.
Luis, Sandra, Yusely y Lizeth en el Sur.
Eduardo, Olga, Estella, Oscar y Lulú en Chía. 
Muchas gracias!!!!!