17.06. – 27.06.2014. 326 km. Nicht gerade bei besten mentalen und physischen Kräften mache ich mich alleine auf den Weiterweg. Das zeigt sich bald bei dem anstrengenden Aufstieg zum Cotopaxi. Danach folgt die schöne Laguna Quilotoa. Die einsamen Bergstrassen sind klasse, die allgegenwärtige Frage:“¿Tu Solita?“ geht mir hingegen bald auf die Nerven. Wegen schlechtem Wetter muss ich die Berge verlassen und via Panamerica geht es nach Ambato und zur Casa de Ciclistas von Leo.

Route: Tumbaco –Sangolqui – Rumipamba – Parque Nacional Cotopaxi – Toacaza – Sigchos – Chugchillan – Quilotoa – Zumbahua – Pujili – Salecedo – Ambato

17.06.2014. Nachdem sich Alvaro aus dem Staub gemacht hat, verbleibe ich noch eine Weile in Tumbaco. Aber lange halte ich es nicht aus, zuviele Erinnerungen. So bricht schliesslich der Tag meines Aufbruches an. Um kurz nach 6 Uhr beginne ich mit dem Zusammenpacken. Irgendwie hat alles Platz, doch mit der neuen Gasküche, Pfanne, und all dem Essen bin ich extrem schwer beladen. Nach und nach verabschiedet sich die Familie, dann ist nur noch Santiago übrig. Kein leichter Abschied, es fliessen die Tränen. Doch ich weiss, ich kann jederzeit zurückkehren. So mache ich mich schweren Herzens auf den Weg, alleine. Im Zickzack geht es auf die Via Intervalles. Dort hat es schon ein paar fiese Steigungen und ich merke bald, dass ich überhaupt nicht fit bin. Mir fehlt Kraft und Energie. Ich habe in den letzten Wochen einige Kilos abgenommen und auf Essen hatte ich nie wirklich Lust. Eigentlich eine schlechte Voraussetzung, um loszufahren. Zudem merke ich die neuen Kilos auf dem Rad. Aber ich fahre weiter, halte einfach oft in den Steigungen. Gut hügelig führt die Strasse nach El Tingo, dann folgt San Rafael. Dort verfahre ich mich kurz, aber dann bin ich wieder auf dem richtigen Weg. Ich umfahre Sangolqui, halte bei einer Panaderia. Die leckern Dinge kommen frisch aus dem Ofen, sind noch warm. Aber nur schon bei dem Gedanken daran löscht es mir ab. Immerhin kriege ich ein Gatorade runter. Es folgt ein Kreisel mit einem Kolibri, dort fahre ich in Richtung Selva Alegre und Rumipamba. Bald beginnt die Strasse anzusteigen, ich esse ein paar Trockenfrüchte. Auf Kopfsteinasphalt geht es weiter hoch nach La Libertad, nun auch noch mit gutem Gegenwind. Dort ignoriere ich eine Umleitung, denn die angegebenen Ort sagen mir nichts. Schön blöd, denn weiter oben ist die Strasse gesperrt, unpassierbar. Ich muss wieder zurück. Bald beginnt das oft erwähnte Kopfsteinpflaster. Riesige runde Steine, brutale Steigung. Ich schiebe. Ich komme kaum vom Fleck, halte alle 5 Meter zum Verschnaufen.

Diese Steine sind wirklich so gross wie Köpfe. Auf ein fröhliches Schieben!

Nach einer guten Stunde ist es dann geschafft, ich bin im kleinen Dorf. Nun muss ich dringend was essen, ich kippe fast von der Stange. Zwei kleine Bananen, dazu gibt es einen Eistee. Was für eine Stärkung. Aber mehr geht nicht rein. Nun kann ich auf dem Rumpelstein kurz fahren, bis es das nächste Mal zu steil wird. Ich schiebe, und ich schiebe noch oft. Ich fluche in die Gegend, ich verfluche das Gewicht, ich verfluche Alvaro und ich verfluche mich selbst. Ich frage mich immer wieder, wie weit es noch bis zum Nationalparkeingang ist. Das schaffe ich nie und nimmer. Ich bin langsam am Ende, kann nicht mehr. Bei einer Polizeistation in einem kleinen Dorf frage ich, ob ich irgendwo übernachten kann. Der Señor ist nicht sehr hilfsbereit, rät mir weiter oben irgendwo zu zelten. Zudem werde die Strasse nun flacher. Na ja, flacher ist ein relativer Begriff, ich schiebe bald wieder. Nun auf losem Schotter. Ich spule, meine Schuhe finden keinen Halt, des Öfteren falle ich fast hin. Ich bin am Ende, die Tränen fliessen. Die vorbeifahrenden Autos donnern auch einfach vorbei. Da eine Hosteria mit Camping, doch niemand da. Nun, bis auf zwei Hunde, die mich nun begleiten. Ich schiebe und spule weiter, da hält doch ein Wagen. Ob ich alleine sei. „Ja.“ Der Señor gibt mir einen Tipp, wo ich übernachten kann. Das heisst aber, wieder zurück. Pedregal, das nächste Dorf, folgt in ca. 6 km. Ich schiebe weiter hoch. 17.15 Uhr. 6 km schaffe ich nie und nimmer. Ungern kehre ich um, wieder runter, dann runter zu einem Fluss, wo es ein überdachtes Wartehäuschen hat. Die Gegend soll sicher sein und im Moment habe ich noch meine zwei Hunde. Immerhin etwas Gesellschaft.

18.06.2014. Um 5 Uhr beginnt reger Verkehr vor meinem Hüttchen. Ich raffe mich aber trotzdem erst gegen 6.30 Uhr aus meinem warmen Schlafsack. Zusammenräumen, Frühstück machen. Da kommen auch meine zwei Hunde wieder. Über Nacht waren sie verschwunden. Gegen 8 Uhr bin ich startklar, der Tag beginnt gleich mit Stossen, zur Strasse hoch. Dann folgen die Meter, die ich gestern schon erklommen hatte. Heute geht es etwa besser und schneller. Danach kann ich auf den Kopfsteinen etwas fahren, aber es folgen immer wieder zu steile Abschnitte. Ich schiebe wohl mehr als ich pedale. Aber hallo, nach einer Kurve sehe ich die wolkenfreie Spitze der Cotopaxi. Yuhee! Nun, der Wind, der nun immer stärker wird, verbläst auch die Wolken. Der Sommer beginnt. Sommer heisst hier viel Wind. Und natürlich kommt der Wind nicht von hinten, sondern bläst mir voll ins Gesicht. Es folgt nochmals eine Mördersteigung, für 5 km brauche ich zwei Stunden. Der Berg fordert mich. Dann erreiche ich eine Ebene und der Blick auf den Cotopaxi tut sich auf. Das ist wunderschön und zaubert doch ein Lächeln in mein Gesicht.

So macht das Fahren Freude!

Auch im Kleinen

Der Strassenbelag wechselt zu Schotter und es wird flacher. Nur der Wind weht hier oben noch viel stärker. Bald hat es auch hier wieder Steigungen, die mich in die Knie zwingen. Ich halte viel, aber bei dem Ausblick ist das nicht schlimm. Und Eile habe ich auch keine. Gegen 13.30 Uhr erreiche ich dann endlich den nördlichen Parkeingang des Parque Nacional Cotopaxi. Der Eintritt ist kostenlos, Wasser gibt es keines und die Kilometerangaben des Chicos sind sehr ecuadorianisch. In 5 km soll die Laguna Limpiopungo sein, in 7 km ein kostenloser Campingplatz. Ich komme nun besser voran, nun macht mir aber der Wind immer mehr zu schaffen. Die Laguna scheint weiter entfernt zu sein, was mich nicht verwundert.

Strasse durch den Parque Nacional Cotopaxi

Nach einer langen Weile erreiche ich die breite Südzufahrt zum Refugio des Cotopaxi. Nun geht es auf dem Holperasphalt runter, bald folgt der Abzweig zum Camping. Zelten kann man hier umsonst, es hat Klos und Wasser. Doch zuerst gönne ich mir nun eine Cola und zwei kleine Packungen Chips. Das muss jetzt sein. Es hat hier auch Dormitorios, im Moment schlafen all die Cotopaxibesteiger hier, da das Refugio weiter oben renoviert wird. Leider ist diese Seite des Cotopaxi total nebelverhangen, ich sehe nichts mehr von dem schönen Kegel. Ich unterhalte mich noch eine Weile mit einem Guia, der mit zwei norwegischen Jungs aufsteigen wird. Aber es ist kühl auf 3’800 m.ü.M., so bin ich schon sehr früh in meinem warmen Schlafsack.

19.06.2014. Die Cotopaxibesteiger „frühstücken“ um 22 Uhr und um 23 Uhr brechen sie auf. Ich schaue kurz raus, in der Hoffnung, den nächtlichen Vulkan zu sehen. Doch ich sehe nur noch weiss, dichter Nebel umhüllt mein Zelt. Später beginnt es zu tröpfeln. Das hält die ganze Nacht über an. Wird wohl definitiv nichts aus meinem Cotopaxi-Nachtanblick. Schade. Um 6 Uhr höre ich immer noch Regentropfen. Ich bleibe liegen. Dann packe sich zusammen und wage mich raus. Feuchte Luft bläst mir ins Gesicht, Sichtweite 2 m. Was für hässliches Wetter. Ich mache Frühstück, doch in der überdachten Kochecke ist alles nass. So esse ich schlussendlich im Klo, der einzig trockene Ort. Danach packe sich das total nasse Zelt zusammen. Die Finger sind bald klamm vor Kälte. Na ja. Noch ein heisser Tee, dann mache ich mich auf den Weg. Auf der breiten Schotterstrasse geht es weiter runter, zum Glück hat es fast keinen Verkehr. Weiter unten wird die Sicht etwas besser. Bald wechselt der Schotter zu einer perfekten Asphaltstrasse inkl. Ciclovia. Nun flitze ich runter, sofern es der Wind zulässt. Der bläst schon wieder voll Rohr. Beim südliche Parkeingang halte ich kurz. Gleich werde ich von Männern belagert. Die zweite oder dritte Frage lautet meistens:“Tu solita?“ Der Einfachheit halber sage ich einfach „ja“. Meistens raten mir die Leute dann, mir doch einen Compañero zu suchen… Nun sause ich weiter runter zur Panamericana, dieser folge ich ein paar Kilometer bis zum Abzweig nach Toacazo. Auf der Nebenstrasse geht es eine Weile flach weiter, dann steigt die Strasse wieder an. Nun hat es ein paar ganz lästige Köter. Echt mühsam. Gegen Mittag erreiche ich Toacazo. Hier möchte ich bleiben und etwas ausruhen. Ich fahre ins Dorf, frage nach einem Hostal. Gibt es hier nicht. Na toll! Man verweist mich zu einem Holzhaus am Dorfrand. Eine Hosteria, aber auch die ist geschlossen. Ich rufe die Indigena-Señora, die im Garten arbeitet. Die Besitzer kommen erst morgen wieder, aber sie hätte auch einen Schlüssel. Sie könne mir ein Zimmer geben. Zusammen mit der Köchin sucht sie ein nicht abgeschlossenes Zimmer. Platz zum Zelt trockenen hat es auch, zudem eine heisse Dusche. 20$ soll das ganze kosten. Ich bin noch unerfahren mit den Preisen hier. Es scheint sehr viel, aber das ist mir heute scheissegal. Und wahrscheinlich wandert die Kohle ja in die Taschen der zwei Indigena-Damen. Ich packe alle nassen Sachen aus und werkle ein bisschen am Rad. Die Kette macht mir zu schaffen, obwohl mir Santiago in Tumbaco versicherte, dass ich mit der noch 1’500 km fahren soll. Da kommt die eine Señora und ruft:“Venga dentro!“. Gut, mal sehen. Ich werde in die Küche geführt. Ich solle doch mit den Zweien essen. Sehr nett. Es gibt eine Riesenportion Kartoffeln, Salat und Machua (oder so), ein anderes Wurzelgemüse, das gut für die Prostata sein soll. Ist sicher auch gesund. Zumindest kommt alles Gemüse aus dem eigenen Garten, biologisch angebaut. Ich stelle viele Fragen, die jüngere Indigena antwortet, die Ältere ist nicht sehr gesprächig. Danach stelle ich mich lange unter die heisse Dusche. Ahhh, was für eine Wohltat! Danach begebe ich mich kurz ins Dorf und um 16 Uhr werde ich in der Hosteria eingeschlossen. Das Haus gehört mir. Nur weiss ich alleine mit dem Pingpongtisch nicht viel anzufangen. Immerhin eröffnet sich später von meinem Bett aus ein fantastischer Anblick des Cotopaxi. Wunderschön!

Blick vom Bett aus

20.06.2014. Kurz vor Sonnenaufgang sehe ich noch den Umriss des Cotopaxi. Bald scheint die Sonne in mein Zimmer und gegen 6.30 Uhr schäle ich mich aus meinem bequemen Bett. Meine Sachen sind schnell gepackt und das Frühstück dauert auch nicht lange. Gegen 7.30 Uhr verabschiede ich mich von den beiden Señoras. Nun sehe ich nichts mehr vom Cotopaxi, eine dicke Wolkenwand wandert auf mich zu. Die Strasse führt weiter leicht nach oben, dann folgen intensivere Steigungen. Der Wind bläst jetzt schon heftig und es wird immer nebliger und kühler. Da muss ich sogar beim Rauffahren Windjacke und Handschuhe anziehen. Bald sehe ich nicht mehr viel, der Wind bläst voll von der Seite. Ich erreiche eine Höhe von ca. 3’500 m.ü.M., dann geht es in der Kälte runter in ein nächstes Tal. Ab und zu sehe ich etwas klarer, dann lichtet sich der Nebel mehr und mehr und schlussendlich fahre ich bei Sonnenschein. Was bleibt ist der Wind. Die Strasse windet sich durch die grüne, hügelige Gegend, der Wind bläst von allen Seiten. Tendenziell fahre ich nun runter, dann folgen richtig lange Abfahrten. Nun erhasche ich auch einen Blick auf die schneebedeckte Spitze des Illiniza.

Die zwei Spitzen des Illiniza

Es geht weiter runter zu einem Fluss, dann folgt der Aufstieg nach Sigchos. Der hat es richtig in sich, einige Abschnitte sind brutal steil. Nun ist es auch richtig warm, seit Tagen komme ich wieder einmal so richtig ins Schwitzen. Gegen 12.30 Uhr erreiche ich Sigchos. Ich suche ein Restaurant, seit langem spüre ich mal wieder richtigen Hunger. Ich esse ein ganzes Menu. Hier hat es auch Bomberos und die heutigen 1’000 Höhenmeter waren mir genug. Zudem vermute ich, dass der Wind am Nachmittag noch stärker wird. Die Bomberos gewähren mir Asyl und ich wasche die Kleider. Bei Sonnenschein und dem Wind trocknen die in Windeseile, denke ich. Na ja, am Nachmittag lässt der Wind nach. Hätte ich das gewusst… Mal sehen, wie er morgen bläst. Und auch sonst ist es gut, dass ich früh bei den Bomberos war, denn um 16 Uhr machen diese dicht, ich bleibe alleine in der Station.

21.06.2014. Ich denke, um 6 Uhr erscheinen die Bomberos, doch da regt sich nichts. Als ich um 7.30 Uhr startklar bin, ist immer noch niemand da. Zum Glück ist das Tor nicht abgeschlossen. Auf runden Kopfsteinen geht es aus dem Dorf raus, dann führt eine gute Schotterstrasse durch die grüne Berglandschaft.

Ein kurzer Schwatz gefällig?

An Höhe gewinne ich lange nicht, denn immer wieder führt die Strasse runter zu einem Bach, dann wieder hoch. Das Spiel wiederholt sich ein paar Mal. Dann aber folgt doch der Aufstieg nach Chugchillan auf 3’200 m.ü.M. In dem kleinen Ort mit vielen schönen Hostales treffe ich gegen 11 Uhr ein. Mittagsmenus gibt es noch nicht, so gibt es heute Papas fritas mit einem frittierten Ei. Davon aber gleich zwei Portionen. Danach bin ich so quasi papa-satt. Ich mache mich mit vollem Magen auf den Weiterweg. Sanft steigt die Schotterstrasse durch die verschiedenen Felder an. Schön ist es hier! Mittlerweile hat der Wind aufgefrischt, Aber ich komme noch gut voran.

Lupinenfelder. Hier wird Chocho angebaut.

Ich erreiche die erste Baustelle, hier wird die Strasse in grossem Rahmen verbreitert. Einmal muss ich kurz warten, sonst fahre ich jeweils durch. Die grossen Schottersteine sind etwas mühsam, aber sonst hat es zum Glück bis auf die Baustellentrucks keinen Verkehr. Und dann fahre ich plötzlich auf bestem, neuen Asphalt. Super! Bis zu der ersten Mördersteigung. Wie kann man nur sooooo steile Strassen bauen. Da schiebe ich bald auf Asphalt. Dann wird die Neigung wieder etwas menschlicher, ich komme gut voran. Heute werde ich das erste Mal von Kindern angebettelt:“Regalame dinero!“. Sie betteln auch im Beisein der Eltern. Nun, irgendwoher muss es ja kommen. Es folgt eine kurze Abfahrt, ich sehe schon die Steigung auf der andern Seite. Die hat es dann auch wieder in sich. Bald schiebe ich. Und zwar ewig lange. Nun hat auch der Wind patagonische Masse angenommen und zickzacken kann ich auch nicht mehr, da jetzt ein sehr reger Lastwagenverkehr die Strasse rauf- und runterdonnert. So schiebe ich mein schweres Rad gegen den Wind den Berg hoch. Immer wieder versuche ich zu fahren. Erfolglos! Entweder zu steil oder ich werde vom Wind ausser Gefecht gesetzt. Die letzen Kurven kann ich dann doch noch fahren, dann erreiche ich auf ca. 3’900 m.ü.M. den höchsten Punkt. Ich versuche eine warme Jacke anzuziehen, ohne dass sie mir weggeblasen wird. Es folgt die kurze Abfahrt und schon bin ich in Quilotoa. Ich fahre in das absolute Gringodorf. Eine Barriere. Hier muss man 2$ an die Comunidad bezahlen. Nationalparks sind in Ecuador bis auf Galapagos mittlerweile alle gratis, aber hier wird man abgezockt. Ich diskutiere eine Weile, dann bezahle ich doch. Es wimmelt nur so von Hostales, ich bin müde, beim ersten, das ich anschaue bekomme ich für 10$ ein Zimmer. Nehme ich. Leider funktioniert das warme Wasser gerade nicht, aber die Señoras wärmen mir welches in der Küche auf. So kann ich mir wenigsten all den Staub vom Leib waschen. Dann mache ich mich dick eingehüllt auf zum Kraterrrand. Dann blicke ich runter zur Laguna Quilotoa. Die ist wirklich schön!

as klassische Foto der Laguna Quilotoa

Einfach aufpassen, dass mich der Wind nicht in die Laguna bläst. Der Wind bläst hier wirklich mit absolut voller Stärke, man kann im Dorf kaum umherlaufen. Ich koche mir etwas zu essen und um 20 Uhr klopft es an meine Türe. Ob ich denn nicht zum Essen komme? Na, hätte ich das gewusst. Nachtessen und Frühstück sind in dem Preis inklusive…

22.06.2014. Den heutigen Tag lasse ich ruhig angehen, zumal es um 6.30 Uhr wohl auch noch kein Frühstück gibt. Doch das ruhig angehen ist nicht so einfach, über mir toben zwei Kinder auf dem Holzboden rum. Gegen 8 Uhr gehe ich rüber ins Haus. Da sitzt schon eine grosse Runde am Tisch. Ecuadorianer und Spanier. Die meisten machen heute die Kraterwanderung, ich gönne mir drei Kaffees, gut Pulverkaffees, und unterhalte mich mit den wegen Höhenkrankheit Dagebliebenen. In einem Tag von der Küste auf 4’000 Meter kann zum körperlichen Problemen führen. Dann gehe ich nochmals zum Mirador, auch jetzt pustet der Wind um jede Ecke. Dann packe ich mich gut ein und nehme die Abfahrt in Angriff. Noch ein kurzer Aufstieg und ich bin in Zumbahua. Es ist noch früh, aber ich möchte das Rad putzen, die Bremsen nachziehen und die Route etwas planen. Ich quartiere mich für 7$ im Hostal Condor Matzi ein, gemäss Lonely Planet dem Besten hier. Inklusive Balkon mit Sicht auf die Plaza. Schade, der grosse Markt war gestern, Samstag.

Der Sonntags-Hut

Alleine Reisen wird teurer, wie es aussieht. Doch im Moment fehlt mir die Motivation für Vieles, inklusive die Gratis-Übernachtungsplatz-Suche. Nach ein paar Tagen kann ich sagen, dass mir das alleine fahren keinen Spass macht. Ich vermisse den Austausch, das Beisammensein, auch wenn ich vielleicht nicht so viel sage. Schon seltsam. Ich putze die Kette, dann mache ich mich an die hintere Bremse. Stehen die Pads schief? Ich löse die Schrauben. Nun, das Ganze ist ein Fehler, denn ich werkle zwei Stunden an dem Teil rum, ohne irgend etwas zu verbessern und rege mich nur auf. Als die Pads mal endlich nicht schleifen, höre ich auf. Diese Bremsen machen mich noch verrückt und die meisten Mechaniker, die sie anfassen, auch. Nun kommt aber doch noch der schöne Teil, ich geniesse die heisse Dusche, und zwar richtig lange. Wunderbar! Dann gibt es für 2$ ein Mittagessen und ich verbinde mich mal wieder mit der Aussenwelt.

23.06.2014. In der Nacht juckt es mich plötzlich an mehrere Stellen. Neeeein, ich sehe Stiche. Es hat Bichos im Bett! Und das im besten Hostal… Na, was soll’s, ich schlafe in dem Bett weiter und träume von Viechern. Am Morgen zeige ich der Indigena-Señora die Stiche. Sie hat nicht viel dazu zu sagen, meint nur, dass sie sie suchen werde… Immerhin sind es keine Flöhe. Draussen ist der Himmel tief wolkenverhangen und grau. Als ich losfahren will, tröpfelt es. Ich gehe noch kurz in ein Internet, ich erwarte ein Mail von Rohloff. Mein Getriebe macht mir auch wieder Sorgen, in gewissen Gängen ruckt die Mechanik. Dieselben Probleme hatte ich schon mit dem ersten Getriebe, dass ich damals in Kolumbien austauschen musste. Ich bekomme auch Bescheid, aber diesmal werden tausend Fragen gestellt. Nun sieht der Himmel etwas freundlicher aus. Raus aus Zumbahua, hoch zur Hausptstrasse und in Richtung Quevedo. Es folgen 10 km Anstieg. Unten hat es noch einige steile Abschnitte, dann wird die Steigung angenehmer. Was stört, ist der heftige, kalte Wind. Nach 10 km erreiche ich den Abzweig nach Angamarca. Ich biege auf die Schotterstrasse ein, die weiter ansteigt. Nun beginnt es wieder zu tröpfeln, in den Bergen in Blickrichtung regnet es. Dorthin muss ich. Ich ziehe mit Mühe und Not die Regenjacke an, der Wind bläst sie mir fast aus der Hand. Der Wind auf gut 4’000 m.ü.M. ist eiskalt. Ich fahre etwas weiter, bald regnet es in Strömen. Nun muss ich in die volle Regenmontur schlüpfen. Nicht einfach, immer muss ich aufpassen, dass mir nichts weggeblasen wird. Ich versuche weiterzufahren. Der Wind bläst mich fast um und peitscht mir den Regen richtiggehend ins Gesicht. Zudem ist es kalt. Auf der Wiese neben mir waschen ein paar Indigena-Frauen Kleider. Was für ein Leben hier oben. Ich stoppe. Nachdenken. Bis Angamarca fehlt noch einiges auf der Schotterpiste. Danach wird es wieder hart mit viel Schieben bis nach Simiatug. Ich wäre sehr gerne von dieser Seite her zum Chimborazo gefahren, aber gerade jetzt frage ich mich, was ich hier mache. Die Berge vor mir liegen fast unsichtbar in einer grauen Suppe. Wie schön wäre jetzt die heisse Dusche in Zumbahua. Nicht das erste Mal denke ich an Rückkehr. Aber dann muss ich morgen wieder hochfahren? Oder einfach nach Latacunga und auf die Panam? Vielleicht nicht die schlechteste Idee. Ich hab es versucht in den Bergen mit meinem viel zu schweren Rad. Ich habe gelitten, gestossen, geflucht und verflucht. Das Wetter sagt mir heute, dass es nicht dieser Weg sein soll. Ich kehre um, wieder zurück auf die Asphaltstraße und runter nach Zumbahua. Dort treffe ich vor dem Mittag wieder beim Hostal ein. Man schaut mich schräg an und ich bekomme ein anderes Zimmer. Diesmal hoffentlich ohne Bichos. Nun stelle ich mich immer noch verfroren lange unter die heisse Dusche. Dann was essen und Siesta! Am Nachmittag trifft noch ein Ciclista im Hostal ein. Ein 67-jähriger Ami auf dem Weg an die Küste. Aber irgendwie ist er nicht an Cicilista-Gesprächen interessiert. Ami halt!

24.06.2014. Auch heute morgen hängen die grauen Wolken tief in den Bergen. Na ja. Ich mache mich auf den Weg, wieder raus aus Zumbahua, diesmal biege ich links in Richtung Latacunga ab. Es geht leicht runter, da hält vor meiner Nase ein Jeep mit Anhänger. Die Frau steigt aus. Nun gut. Ich überhole. Kurze Zeit später hält der Jeep wieder vor mir. Die Frau steigt wieder aus und gibt mir 2 Bananen und eine Tüte mit Mandarinen, fragt, ob ich alleine sei. Sehr nett. Ich bedanke mich und verstaue die Früchte in einer Tasche. Da kommt die Dame wieder mit einem Zettel und ihren Telefonnummern. Falls ich Hilfe bräuchte oder einen Platz zum Übernachten in Pujili. Ihr Vater sein Ausländer, aus der Schweiz. Na dann, ich auch! Sie rennt zurück zum Auto, nun steigt natürlich auch er aus. Na, eigentlich ist er Argentinier, hat aber in der Schweiz gearbeitet. Für einen Schwatz ist es mir auf der windigen Strasse zu kalt. So fahren die beiden weiter. Ich auch. Bald steigt die Strasse längere Zeit an. Dann folgt eine Abfahrt. Nun tröpfelt es, bald beginnt es zu regnen. In voller Regenmontur mache ich mich an die zweite Steigung. Irgendwie geht’s angenehm rauf, aber ich habe kaum Kraft, halte ständig. Zudem huste ich die ganze Zeit. Die 10 km ziehen sich endlos dahin, oben wird der Wind nochmals stärker. Dann ist es geschafft, wieder bin ich auf gut 4’000 m.ü.M. Nun folgt die Abfahrt. Wegen den starken Windböen fahre ich langsam runter. Doch was ist das? Nach 5 km Runterfahren geht’s wieder auf. Es folgen nochmals 5 km Steigung! Puh! Dann geht’s aber wirklich runter und gegen 14 Uhr erreiche ich Pujili. Eigentlich wollte ich bis nach Latacunga fahren und dort bei den Bombers um Asyl bitten. Aber eigentlich könnte ich ja die Leute vom Morgen anrufen. Etwas Gesellschaft kann nicht schaden. Gedacht, getan. Und bald schon holt mich Silvia bei der Plaza ab. Wir fahren aus dem Dorf raus auf ein Campogrundstück. Bald trifft auch Daniel ein. Der 70ig-Jährige hat die 24 Jahre alte Silvia adoptiert, nun bewirtschaften sie zusammen die Finca. Wir unterhalten uns lange und ich lerne einige interessante Dinge. Später essen wir zusammen zu Abend. Sehr nette Leute. Tut gut, mal nicht alleine zu sein!

25.06.2014. Ich stehe erst gegen 7 Uhr auf, bereite langsam meine Sachen vor. Gegen 8.15 Uhr bin ich startklar, von meinen Gastgebern ist nichts zu sehen. Ich warte noch eine Weile, dann laufe ich ich zum Haus, das weiter hinten liegt. Da kommt mir schon Silvia entgegen. Mit einem Laptop in der Hand. Ob ich wüsste, wieso der Bildschirm schwarz bleibt und ob ich das reparieren könnte. Da muss ich leider passen. Ich sage, das ich mich auf den Weg mache, da ruft sie Daniel. Nun gut, einen Kaffee trinke ich noch, auch der wird vorne in dem Häuschen serviert, wo ich übernachten durfte. Irgendwie ist das Haus tabu.

Mit Silvia und Daniel in Pujili

Gegen 10 Uhr mache ich mich dann auf den Weg, nachdem man mir ewig lang die Ausfahrt erklärt hat. Nun, so schwierig ist es nicht und bald befinde ich mich auf der Strasse nach Latacunga. Es geht weiter runter. Nach ein paar Kilometern folgt ein Kreisel. Ich nehme die rechte, gesperrte Ausfahrt. Ein Tipp von Daniel. Die nagelneue Autopista nach Salecedo ist seit ein paar Monaten fertig, aber noch nicht offen. Aber mit dem Rad sollte man durchfahren können. Eine erste Sperre, der junge Security lässt mich durch. Nun fahre ich fast alleine auf dem guten Asphalt, ab und zu ein Lastwagen. Es geht mal rauf, mal runter, dann folgt die Abfahrt. Und immer wieder eine Sperre. Alle lassen mich durch, bis auf den letzten Abschnitt. Dort wird noch gebaut. Die Umleitung führt mich durch Salecedo. Hätte eine gute Bombero-Station hier. Bald bin ich auf der Panamericana. Uff, was für ein Wechsel nach all den ruhigen Bergstrassen. Ich vermisse sie jetzt schon. 4-spurig donnert der Verkehr an mir vorbei, mal mit, mal ohne Seitenstreifen. Zudem habe ich Gegenwind. Es folgt eine längere Steigung, dann eine Abfahrt. Bei einer Tankstelle esse ich etwas. Es folgt nochmals eine kurze Steigung, dann die Abfahrt nach Ambato. Gleich bei Stadteinfahrt versuche ich Leo von der Casa de Ciclistas zu erreichen. Ich hatte ihm eigentlich abgesagt, da ich ja durch die Berge fahren wollte. Nun bin ich doch in Ambato gelandet. Ist aber kein Problem, Leo lotst mich zu seinem Haus. Zum Glück hatte ich bei Stadteingang angerufen, denn das Haus liegt weit oben und nicht im Zentrum. Im Haus bekomme ich ein Zimmer und eine heisse Dusche. Zudem ist Leo Mechaniker. Er wird sich morgen mein Rad unter die Lupe nehmen, Santiagos Bremseinstellungen waren nicht gerade erstklassig. Ich gehe einkaufen, dann gibt’s einen Kaffee. Und hier werde ich endlich einen Ruhetag einlegen.

26./27.06.2014. Leo preist seine Casa als sehr speziell an, daher verlangt er auch etwas fürs Übernachten. Aber die so tolle Matratze macht mich überhaupt nicht an, sie hängt durch und hat riesige Löcher. Ich schlafe am Boden, sehr zum Erstaunen von Leo und seiner Frau Daniela, als sie frühmorgens mehrmals ins Zimmer stürmen, um irgendwelche Schuhe und Kleider zu suchen. Na ja, so beginnt der Ruhetag. Dann gibt es Kaffee und Frühstück und später wasche ich alle Kleider. Mich hatten in der Nacht wieder Bichos gebissen, die müssen in Kleidern oder Schlafsack stecken. Sauerei! Vor allem mit dem Dauneschlafsack. Am Nachmittag hat Leo dann Zeit für mein Rad. Er stellt die Bremsen neu ein, etwas seltsam für meinen Geschmack. Zudem muss das Bremskabel gewechselt werden und die Kette, die Santiago nicht wechseln wollte, ist total abgenutzt. Was soll ich sagen? Dann ist auch das Rad wieder fit. Hoffentlich. Nun, bis auf die Rohloff. Ich habe regen Mailkontakt mit der Firma, aber sie wollen mir momentan keinen Ersatz schicken. So werde ich es mit losen Schrauben und weniger Gewicht versuchen…

Es ist recht gemütlich bei Leo und seiner Familie, so hänge ich noch einen Ruhetag an. Das kann nicht schaden. Zudem will Leo unbedingt lernen, wie man die Drahtvelos bastelt. So gibt es einen Kurs. Eigentlich müsste ich dafür Geld verlangen. Schon viele Leute wollten lernen, wie das geht. Zudem wasche ich noch mehr Kleider, der Rest geht in die Tiefkühltruhe. Es gab wieder neue Stiche in der Nacht. Hoffentlich werde ich die Biester bald los! Danach mache ich für Leos Tochter Edeleine ein Armband aus den Perlen, die ich für die Drahtvelos dabei habe und später spielen wir lange „Kaffeetrinken“ mit den Puppentassen. So geht der Tag schnell zu Ende. Edeleine möchte, dass ich noch länger bleibe, da sie sonst niemanden zum Spielen hätte. Aber morgen geht es wieder auf die Strasse. Eigentlich wollte ich nochmals hoch zum Chimborazo, doch Leo versichert mir, dass man bei dem momentanen Wetter absolut nicht sieht. Er empfiehlt mir die Route nach Baños und durch den Oriente. Ich freunde mich schnell mit der Idee an, denn da war ich noch nie.