10. – 21.07.2014. 257 km. Nach einem kurzen Stopp im Paradies der Langlebigen in Vilcabamba geht’s weiter durch den südlichen Oriente nach Palanda. Dort folgt die Schlammschlacht auf der Strasse und erste Schiebeeinlagen wegen zu steiler Strassen. Mit steilen Auf- und Abfahrten zieht sich die Schotterstrasse weiter durch die grüne Gegend, die letzte Etappe zur peruanischen Grenze macht mir das Schieberadleben noch einmal so richtig schwer. Und als letztes Erinnerungsstück an Ecuador importiere ich ein paar fiese Magenbiester nach Peru, die mich gleich ein paar Tage flachlegen.
Route: Loja – Vilcabamba – Yangana – Palanda – Isimanchi – Zumba – Pucapamba – La Balsa – Namballe – San Ignacio
10.07.2014. Eigentlich wollte ich ja mit der Amerikanerin Leah von Loja aus starten, aber sie braucht noch einen Tag länger Erholungszeit. Ich habe genug von Loja und mache mich schon auf den Weg nach Vilcabamba, dort wollen wir uns wieder treffen. So verabschiede ich mich von Hans und gegen 9 Uhr bin ich auf der Strasse. In Loja ist der Himmel grau und wolkenverhangen, in der Ferne sehe ich blau. Dorthin fahre ich. Aus Loja raus, bald folgt eine erste, längere Steigung. Und tatsächlich, das Wetter wird immer besser. Bald ist der Himmel blau, die Sonne scheint! Und der Wind bläst. Das gehört dazu. Nach der Steigung fahre ich runter, es wird immer wärmer. Es folgt eine zweite Steigung, dann die Abfahrt nach Vilcabamba. Gute 3 Stunden Fahrt von Loja her. Ein guter erster Tag nach der Pause. Vilcabamba ist berühmt für die Langlebigkeit seiner Bewohner, mittlerweile wohl aber auch für die unzähligen Gringos. Ausländer, vor allem Amerikaner, wohin man blickt und vor allem wohin man hört. In den Restaurants wird englisch gesprochen, und zwar auch vom Personal, da dieses natürlich auch importiert ist.
Hans hatte mir das Hostal Jardin Escondido empfohlen. Privatzimmer 20$, Dorm 12,50$. Uff, auch Gringopreise. Ich suche noch etwas, fahre raus aus dem Dorf, mache aber wieder kehrt. Wenn ich nur so kurz hier bin, möchte ich im Zentrum sein. Ich leiste mir also „Ferien“, ich sollte mir ja auch mal was Gutes tun. Dann gibt es ein vegetarisches Mittagessen, später Kaffee und Kuchen. Immerhin gibt es hier richtig guten Kaffee, der von einer nahen Finca stammt. Ich kaufe mir auch noch welchen. Später treffe ich wieder auf Sol und Guillermo, die beiden Kolumbianer. Wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein. Nach einem halben Tag habe ich dann Vilcabamba gesehen und eigentlich auch schon genug davon. Ich weiss überhaupt nicht, was ich an dem Ort so speziell fand. Im Jahre 2010 verbrachten wir einige erholsame Tage hier. Vielleicht lag es den dem Jacuzzi… Jetzt sehe ich überall nur Gringos, alles ist teuer. Müsste ich nicht auf Leah warten, würde ich morgen weiterfahren…
11.07.2014. So verbringe ich eben noch einen Tag in dem Gringokaff. Ich bereite mein Rad vor und immerhin kann ich den ganzen Tag im Hostalgarten bleiben. Das tue ich dann auch die meiste Zeit. Leah lässt dann auf sich warten. Ich nehme schon fast wieder ein Zimmer im Hostal, als sie gegen 18.30 Uhr endlich eintrifft. Zu Fuss. Sie seien auf dem Rumi Wilco Campplatz und seit etwa 2 Stunden hier. Schön… In der Dunkelheit machen wir uns nun auf den Weg zum Camping. Durch Flussbetter und auf Trampelpfaden geht’s durch das Dickicht. Ewig lange. Hätte ich das gewusst… Dann ist es geschafft. Lee, der Kanadier ist auch da, zudem ein argentinischer Backpacker und diverse Gringos. Wohl bemerkt, mit Gringo bezeichne ich den Amerikaner. Im Dunkeln stelle ich mein Zelt auf, dann unterhalten wir uns noch lange.
12.07.2014. Ich stehe gegen 6.30 Uhr auf, packe alles zusammen. Sonst regt sich auf dem Camping nichts. Leah schält sich gegen 7 Uhr aus ihrem Zelt. Gegen 8 Uhr bin ich startklar, nun warte ich aber noch eine ganze Weile auf Leah. Dann geht’s auf dem Dschungelweg wieder zurück ins Dorf und auf die Hauptstrasse. Nach Vilcabamba beginnt gleich die erste längere Steigung. Leah ist viel leichter beladen als ich und fährt gut voraus. Ich erklimme den Berg in meinem Tempo. Bei blauem Himmel und Sonnenschein komme ich gut ins Schwitzen, obwohl der Wind etwas abkühlt.
Es folgt eine Abfahrt, dann eine zweite längere Steigung. Bei einem Haus schenkt mir Señora Teresa zwei Bananen aus dem eigenen Garten. Ein willkommener Snack. Es geht weiter hoch, dann folgt die Abfahrt nach Yangana. Der heftige Wind treibt mich vor allem in den Kurven etwa vom Kurs ab. In Yangana essen wir zu Mittag, dann geht’ weiter hoch. Eine kürzere Steigung, eine Abfahrt, dann beginnt das lange Hinauffahren. Hier hat es noch einige Schotterabschnitte, man sollte ja auch noch etwas eingestaubt werden. Nun bläst auch der Wind extrem stark, natürlich von vorne. Lange Zeit ist die Steigung sehr angenehm, ich finde einen guten Rhythmus. Dann wird die Strasse immer steiler, es wird anstrengender. Von Leah habe ich schon lange nichts mehr gesehen, ich warte mal auf sie. Und zwar ziemlich lange. Ihre Erkältung macht ihr noch zu schaffen. Doch auf dieser Strasse gibt es nichts, auch keine Campmöglichkeiten. Wir steigen noch lange weiter hoch. Ich fahre voraus, da sehe ich eine Erhebung neben der Strasse. Das ist unser Campspot. Ich sehe ihn mir an, nicht perfekt, aber wohl die einzige Chance, die wir heute haben. Nun müssen wir noch Gepäck und Räder von der Strasse auf den Erdwall hochtragen. Dann Zelt aufstellen und alles gut abspannen. Es ist sehr windig hier oben. Wir geniessen das letze Abendlicht, dann legt sich Leah schlafen. Ich koche mir im Zelt ein Süppchen, der Vorteil des Gaskochers. Leider konnte ich in Loja keine Ersatzkartusche finden. Na ja, lange werde ich dieses Vergnügen also nicht mehr haben.
13.07.2014. Es ist brutal windig auf der Platform. Ich schlafe die ganze Nacht nicht, weil das Zelt so arg durchgerüttelt wird. Der Wind kommt so böig, manchmal denke ich, jemand steht da draussen und rüttelt mit voller Kraft am Zelt. Echt heftig. Kurz vor 7 Uhr beginne ich die Sachen zusammenzupacken. Höre ich nun Tropfen? Ja, es regnet. Aber der Wind verbläst das Wasser gut. Das Zusammenpacken ist etwas schwieriger, immer alles gut festhalten. Dann müssen wir wieder alles auf die Strasse runtertragen und gegen 8.30 Uhr sind wir startklar. Es geht gleich weiter rauf. Der Wind bläst voll von vorne, zweimal erwischt er mich von der Seite und treibt mich ab. Das Rauffahren wird so noch anstrengender. Die Kurve, die ich gestern sah, war nicht die letzte, aber nach 2 km sind wir auch oben. Es beginnt die Abfahrt. An einer Stelle muss ein Bach durchquert werden. Ich suche eine gute Stelle, doch plötzlich blockiert das Vorderrad. Ich setze einen Fuss ins kalte Wasser. Anfahren kann ich nicht mehr, nun also auch noch den zweiten. Ein grosser Stein blockiert mein Rad, ich muss es aus dem Bach zerren. Meine Füsse sind eiskalt und es beginnt wieder eine längere Auffahrt. Ecuador halt. Zum Glück haben wir am Vorabend auf der Platform gezeltet, wir hätten nichts mehr gefunden. Die Auffahrt zieht sich hin, oben muss ich dann doch die Schuhe wechseln. Nun geht es aber wirklich runter nach Valladolid. Hier fallen wieder ein paar Tropfen. Nun geht es auf Schotter weiter. Wieder ein Bach. Diesmal ziehe ich die Schuhe aus und wate barfuss durch. Ein Paar nasse Schuhe ist genug. Es geht tendenziell runter, die Piste wird immer matschiger. Gegen Mittag erreichen wir Palanda. In einem Restaurant gibt es ein Menu und etwas Routenplanung. Sollen wir noch weiter? Ich frage einen Taxifahrer nach dem Wegverlauf und den Dörfern. Wir beschliessen hier zu bleiben, ist ja auch noch Fussball-WM-Finale. Im Hotel Palanda finden wir für je 4$ eine günstige Bleibe und später setzen wir uns in die Nachbar-Bar. Einfach nicht zu laut für Deutschland jubeln…
14.07.2014. Ich stecke mir Ohropax in die Ohren und schlafe so gut wie schon lange nicht mehr. Um 6 Uhr klingelt Leahs Wecker. Seit langem der erste Wecker. Nun, ich war sowieso wach und 10 Minuten später regt sich das Leben in dem kleinen Zimmer. Frühstücken, packen, Bike beladen. Dann warte ich längere Zeit auf Leah. Kurz vor 8 Uhr verlassen wir schliesslich bei bewölktem Himmel und leichtem Nieselregen Palanda. Es geht weiter leicht runter, hier wird gerade tüchtig an der Strassenverbreiterung gearbeitet. Die Folge davon, zentimeterdicker Schlamm auf der Strasse. Die schweren Baumaschinen zerstören die Schotterstrasse aufs Massivste. Über eine winzige Fussgängerbrücke können wir heute einen Fluss überqueren, danach heisst es Schlammwaten. Ich weiss, wieso hier alle Gummistiefel tragen… Meine Schuhe stecken bald tief im Schlamm, das Rad wird dreckiger und dreckiger.
Auf dieser Abfahrt folgen noch viele Schlammabschnitte, dann ist der Fluss erreicht. Nun geht es auf gutem Schotter nach oben, hier wird nicht mehr gebaut. Das ist gut so, denn bald stosse ich das erste Mal. Leah pedalt mit ihrem leichten Bike fröhlich an mir vorbei. Wieso schleppe ich auch nur so viel Gerümpel mit? Na ja, ich schiebe nun längere Zeit, dann kann auch ich wieder fahren. Mittlerweile regnet es leicht. Die Steigung ist nicht sehr lange, ca. 3 km, dann geht es eigentlich ganz angenehm hügelig weiter. Und fast verkehrsfrei, das ist absolut fantastisch.
Wir passieren Canada und gegen 11.30 Uhr erreichen wir Bellavista. Zeit für das Mittagessen. Eine Señora kann uns für 2$ Pollo frito, Reis und Salat zubereiten. Das dauert aber eine Stunde. Etwas lange. Wir lassen also den Reis weg, dafür gibt es Patacones. Aber auch so warten wir noch eine ganze Weile, sehr zur Freude der Kids. Es werden tausend Fragen gestellt und die Räder genauestens unter die Lupe genommen. Die Kinder warten auf den Lehrer, der wegen einem Erdrutsch erst am Nachmittag kommen kann. Nun ist unser Essen bereit. Sehr lecker! Danach müssen die Kids in die Schule und wir machen uns auf den Weiterweg. Es geht wieder leicht runter, wir unterhalten uns, als von Leahs Rad komische Bremsgeräusche kommen. Dann ein lautes Pffffff! Ein Platten. Wir fahren an den Strassenrand. Eine kurze Inspektion und oh nein! Die Felge ist durchgerissen. Shit, so was habe ich noch nie gesehen! Die ist total zur Sau! Mit dem Rad fährt Leah nirgends mehr hin. Wir besprechen einige Optionen, aber das Beste wird sein, wenn sie sich in Loja eine neue Felge besorgt. Peru ist nicht mehr gerade ein gutes Ersatzteilland. Leah will zurück nach Palanda und von dort per Bus nach Loja. Glücklicherweise fährt bald ein Pick-up vorbei, bei dem wenigen Verkehr nicht selbstverständlich. Die Herren sind auf dem Weg nach Palanda und können sie mitnehmen. Nun, und ich fahre weiter. So schnell ist man wieder alleine. Hügelig geht es weiter, nun sogar bei Sonnenschein. Ich durchquere einen Erdrutsch, da ist gut was Runtergekommen. Ab El Progreso geht’s steil runter nach Isimanchi, die steile Auffahrt nach Zumba immer in Sichtweite. Kurz vor 15.30 Uhr erreiche ich Isimanchi. Nach Zumba schaffe ich es nur knapp. Ich frage hier etwas herum. Die Lehrer der Schule sind gerade am Gehen und schliessen alle Räume ab. Für mich wollen sie keinen offen lassen. Ich gehe zur Sala Comunal. Dort ist niemand, aber eine nette Señora will mich zum Präsidenten begleiten. Der ist aber auch nicht da. Aber Jorge hat einen Schlüssel. Also zu Jorge, der ist sehr nett und öffnet mir den grossen Saal. Klos hat es auch, Wasser fliesst auch, wenn auch etwas braun. Ein perfekter Übernachtungsort. Nur etwas staubig, denn das Gebäude liegt gleich neben der Schotterstrasse und Fensterscheiben gibt es keine mehr. Kein Wunder liegen hier Schichten von Staub. Mein Plätzchen wische ich etwas, dann wasche ich den ärgsten Dreck von Rad und Taschen, dann von mir. Es folgt noch das Nachziehen der hinteren Bremse, schon wieder, dann ist alles bereit für die morgige Etappe. Und bald fühle ich mich wie im Zoo, an den Gitterstäben hängen diverse Einwohner mit vielen neugierigen Fragen.
15.07.2014. Den heutigen Tag beginne ich gleich mit Schieben. Die Ausfahrt aus Isimanchi ist extrem steil. Aber bald kann ich fahren. Die nächsten steilen Abschnitte folgen aber bald, ich schiebe häufig. Zum Glück ist der Himmel bedeckt, aber auch so schwitze ich was das Zeug hält. Bald bin ich total durchnässt. Das ist Schwerstarbeit. Nach 4 km folgt ein kleines Dörfchen, danach geht es weiter steil hoch, nach 2 Stunden und 7 km ist der höchste Punkt erreicht.
Es folgt eine kurze Abfahrt und ein Militärposten. Sämtliche Daten werden notiert, dann fahre ich nach Zumba rein. Es ist kurz nach 10 Uhr und ich habe Hunger. Zuerst setze ich mich kurz in ein Internet, dann in ein Restaurant gegenüber. Dort gibt es Reis mit Huhn. Gut gestärkt fahre ich um 11 Uhr weiter. Mittlerweile scheint die Sonne, es wird heiss. Nun folgt eine steile Abfahrt, die alles von den Bremsen fordert. Unten wird ein Fluss durchquert, an den erinnere ich mich noch. Nun folgt eine nächste steile Auffahrt nach El Chorro. Auch hier gibt es diverse Schiebeeinlagen und Schweissausbrüche. In El Chorro esse ich bei der Plaza etwas Süsses, dann folgt wieder eine Abfahrt. Die ist so brutal steil und schlecht, dass ich nur ganz langsam runterfahre. An eine so steile Strasse müsste man sich auch erinnern, aber hier sieht es nach Hangrutschen oft anders aus. Unten muss ich einen Fluss durchqueren, ohne Schuhe. Dann folgt der Aufstieg. Nun wird es richtig brutal. Ich kann nicht mehr schieben, ich muss das Rad den Hang hochreissen. Das kostet Kraft. Manchmal drückt mich das Gewicht des Rades fast wieder den Hang runter. So schufte ich eine lange Zeit, dann kann ich wieder ein Stück fahren. Doch bald folgt der nächste Horrorabschnitt. Ich frage mich, wie diese Busse da hoch- und runterkommen.
Ich komme nur langsam vorwärts, muss immer wieder verschnaufen. Blöderweise hat es gerade heute auf der engen Strasse auch noch viel Verkehr. Langsam steige ich hoch, dann fahre ich. Wieder ein Miltärposten. Hier muss die Passkopie raus. Zudem ist es den drei Herren wohl sehr langweilig. Einer will mich gleich heiraten und ein Kind mit mir haben. Das angebotene vierte Bett lehne ich dankend ab. Ich fahre ich Richtung La Balsa weiter, es folgt nur noch eine kleine Steigung. Das ist wieder so ein Mörderding, diesmal kann ich fast nicht mehr. Das Bike drückt mich den Hang runter, ich spule mit den Schuhen im losen Kies. Ich fluche und schreie. Wenn man wirklich Hilfe braucht, ist niemand da… Aber dann ist es irgendwie geschafft, ich bin in Pucapamba. Hier zelteten wir schon damals im 2010 neben dem Betonfussballfeld. Es ist 16 Uhr, ich würde es locker noch nach Peru schaffen, denn nun geht es runter. Aber irgendwie geht mir das zu schnell. Ich beschliesse, hier zu bleiben und auf dem mittlerweile gedeckten Fussballbeton zu campieren. Eine letze Nacht in Ecuador. Diesmal funktioniert auch die Dusche neben dem Volleyballfeld! Nach dem heutigen Tag eine richtige Wohltat! Und morgen sollte ich meine Kleider waschen, die riechen ziemlich streng.
16.07.2014. Gegen 23 Uhr gehe ich aufs Klo, danach ist nichts mehr wie es war. Der Magen fühlt sich komisch an, mir ist unwohl. Die ganze Nacht lang, schlafen kann ich nicht mehr. Am Morgen fühle ich mich immer noch schlecht, aber hier kann ich nicht bleiben. Ich quäle mich aus dem Zelt, das Zusammenpacken dauert ewig. Zum Frühstück gibt’s einen Kamillentee. Eigentlich wollte ich heute früh los, aber daraus wird nichts. Kurz vor 8 Uhr mache ich mich auf den Weg. Es geht steil runter, aber so pur ist die Abfahrt nicht, bald geht es eine Weile hoch. Ich komme kaum vorwärts, fühle mich total schwach. Dann weiter sehr steil runter auf der zerfurchten Strasse. Das fordert viel Konzentration. Dann sehe ich den Rio Canchis und die asphaltierte Strasse auf peruanischer Seite. Ich erreiche die ecuadorianische Migration. Ich rufe ein paar Mal, dann erscheint ein Beamter. Ich muss mich setzen, während der Pass
bearbeitet wird. Dann ist der Ausreisestempel drin, ich fahre über die Puente Internacional nach Peru.
Dort hat sich seit dem 2012 viel verändert. Die Strasse ist asphaltiert, die Zollgebäude sind neu. Die Migration ist aber zu, der Señor sitzt im Restaurant. Langsam bemüht er sich in das Büro, stellt ein paar Fragen. Dann muss ich für ein paar Stempel zur Polizei. Wieder zur Migration. Doch es fehlen noch zwei Stempel, also wieder zur Polizei. Als ich nach 5 Minuten wieder komme, sitzt der Señor doch tatsächlich wieder im Restaurant! Was für eine Arbeitsmoral! Aber dann habe ich dem Stempel im Pass, 180 Tage. Hier wechsle ich noch ein paar erste Soles, dann fahre ich die mehr oder weniger 6 km nach Namballe. Willkommen im Land der Mototaxis und der Gringo-Rufe! Von beiden hat es mit einem Schlag unzählige. Namballe ist ein tristes Kaff. Immerhin finde ich eine Cola, von der Träume ich schon seit der Abfahrt. Nun folgt die erste lange Steigung. Die ist angenehm steil, doch mir fehlt die Kraft, ich muss immer wieder halten und trinken. Lange geht es hoch, dann folgt eine kurze Abfahrt, bevor es weiter hochgeht. Meine hintere Bremse gibt wieder komische Töne von sich. Seit Tumbaco ist da echt der Wurm drin. Na ja. In Linderos fühle ich mich extrem schlapp. Ich trinke ein Orangen-Gaseosa und setze mich lange hin. Das angebotene Essen lehne ich dankend ab. Die ältere Señora bestaunt lange meine weissen Beine und noch mehr die vielen blauen Flecken von den gestrigen Schiebeeinlagen. Gegen 13 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg. Eine Abfahrt, dann folgt schon die nächste lange Steigung. Ich fahre wieder durch eine Zona Cafetera, überall auf der Strasse wird Kaffee getrocknet. 4 Soles, also vier Sonnen oder 4 Tage liegt der Kaffee so an der Sonne. Zu kaufen gibt es das edle Gut in San Ignacio.
Ich kämpfe mich weiter den Berg hoch, nun bei Sonnenschein. Das macht es nicht einfacher. Zudem werde ich nun von Zancudos angegriffen und zerstochen. Bald muss ich mich wieder ausruhen, ich lege mich einfach an den Strassenrand. Heute habe ich noch nichts gegessen, ich versuche es mit einer kleinen Banane. Dann muss ich weiter hoch, irgendwann geht’s wieder runter und in Nueva Esperanza finde ich ein Sporade. Mein Gatorade-Ersatz. Das gibt wirklich neue Hoffnung! Doch es geht schon wieder hoch, ich frage mich, wie lange noch. Ich erklimme die Steigung, eine Abfahrt, noch eine Steigung. Langsam bin ich fix und fertig. Dann aber folgt tatsächlich die Abfahrt nach San Ignacio. Dort nehme ich mir ein Zimmer im ersten Hostal, dass ich mir anschaue. Ich bin total fertig und müde. 56 km, 6,5 Sattelstunden und fast 1’500 Höhenmeter sind genug für so einen Tag. Zudem sind meine Finger, Handoberflächen und Handgelenke total geschwollen von den Zancudostichen. Auf die reagiere ich an den Händen extrem allergisch.
Ich trage meine Sachen hoch, ohne zu fest an die schmerzenden Stichstelllen anzukommen. Dann gibt es eine kalte Dusche. Nun verspüre ich etwas Hunger, in einem Restaurant esse ich einen Teller gebratenen Reis. Dann hoffe ich, dass diese Nacht besser wird. Müde genug wäre ich…
17. – 21.07.2014. Ich schlafe gut, am Morgen fühle ich mich auch relativ fit. Ich wasche meine Kleider und in einem Lavacarro bekommt auch mein Rad eine gute Dusche. Danach kaufe ich mir Mandarinen und ich habe Lust auf Joghurt. In einem kleinen Lokal bestelel ich mir eins, dann zwei Stück Kuchen. Nun bleibt sogar Zeit für eine Siesta. Doch danach beginnt der Schlamassel. Ich renne nur noch aufs Klo, alles will irgendwie raus. Mir ist hundeelend. Und zwar noch lange. Dann bessert es wieder, um wieder schlechter zu werden. So vergehen die Tage in San Ignacio, jeden Abend hoffe ich, dass ich am Folgetag losfahren kann. Immerhin ist das Bett bequem und das Wi-fi lässt mich etwas am Leben teilnehmen, denn gross aus dem Zimmer schaffe ich es nicht. Am fünften Morgen habe ich genug gelitten, ich gehe in die gegenüberliegende Clinica. Die Ärztin hört sich kurz meine Geschichte an und verschreibt mir Antibiotika und sonstige Wässerchen und Pillen. Untersucht wird nichts. Na ja. Aber das Schöne an den Antibiotikas ist, dass es mir sehr schnell besser geht. Wie gut das tut! In den letzten 5 Tagen habe ich wohl gerade mal 5 Schieben trockenes Toastbrot runtergebracht, heute gibt’s schon eine Hühnersuppe. Fortschritt. Nun muss ich aber wirklich wieder Kilos anfressen, denn langsam aber sicher gefällt mir mein Gewichtsverlust überhaupt nicht mehr. Leider komme ich dem Zustand wohl nicht dazu, den feinen lokalen Kaffee zu testen. Ich bleibe lieber noch beim Tee, obwohl es hier viele gute Cafés mit richtigem Kaffee gibt… Am Abend trifft auch Leah in San Ignacio ein und am kommenden Morgen wollen wir zusammen weiterfahren. Ich fühle mich schon viel besser und ich habe genug Zeit in San Ignacio verbracht. Und ich hoffe, dass ich die kleinen Biester wirklich los bin, das war ein eher lästiges letztes Souvenir von Ecuador. Nun kann es hoffentlich nur noch besser werden!
Also, „Gefällt mir“ anzuklicken wäre ja etwas abartig, wenn man gerade von so fiesen Bichos im Bauch und in der Luft gelesen hat. Vermisse beides nicht.
Respekt aber für die Strecke von Loja nach San Ignacio, ich weiss nicht, ob ich meine Mula da allein die Hügel hinaufschieben könnte.
Ich hoffe, Dein Bauch hat sich inzwischen wieder ganz erholt damit Du Peru und die doch humaneren Steigungen dort geniessen kannst.
Suerte y un abrazo
Monika