25. – 30.07.2015. 171 km. 275 Höhenmeter. Auf einer steinig-staubigen Schotterpiste erreiche ich das Sumpfgebiet der Esteros del Iberá. Zwei Tage verbringe ich in bei der wunderbaren Lagune, wo ich tiefer in das Wunderland von Pflanzen und Tieren eindringen darf. Vogelschreie hallen durch die Luft, Yacarés und Capybaras nehmen ihre Sonnenbäder, eine Boa verdaut ihre letzte Mahlzeit. Dazu kommen die unvergesslichen Sonnenuntergänge, die ich direkt von meinem Zelt aus geniessen kann. Wunderbar!
Route: Mercedes – Estancia del Socorro – Colonia Pellegrini (Laguna Ibera) – Santo Tomé
25.07.2015. Bei dichtem Nebel verlasse ich Mercedes. Dieser wird immer dichter, bald tropft es von oben und allen Seiten. Die ersten 40 km in Richtung Colonia Pellegrini sind asphaltiert, dann wechselt der Belag zu Schotter. Steiniger Schotter, ich werde gut durchgeschüttelt. Konstant. Ich holpere nur noch mit guten 10 km/h dahin, das ist auf der flachen Ebene etwas frustrierend. Gegen Mittag fallen sogar einige Tropfen, es ist nass. Na ja. Das Geholpere geht den ganzen Tag weiter, ich passiere diverse Estancias. Am späten Nachmittag drückt dann doch noch die Sonne durch, die Wolken lichten sich. Eigentlich sollte ich langsam nach einem Zeltplatz Ausschau halten. Ich fahre in die Reserva Nacional de Iberá. Nun hat es auf beiden Strassenseiten nur noch dichten Sumpf. Hm, das war wohl ein Fehler. Ich rüttle weiter dahin, dann sehe ich in der Ferne ein Schild. Das muss mein Nachtlager sein. Nun, es ist die Eifahrt zur Estancia Rincon del Socorro, einem teuern Hotel. Gleich bei der Einfahrt ein Haus. Ich klopfe, eine Señorita macht auf. Cecilia. Zelten ist hier absolut verboten, aber gerne kann ich im Haus übernachten. Cecilia und ihre Kollegen sind Biologen und arbeiten für den CLT, den Conversation Land Trust. Ich treffe wieder auf einen bekannten Namen: Douglas Tompkins. Wie in Chile hat er auch hier viel Land gekauft. Wie in Chile gehen auch hier die Meinungen dazu auseinander. Immerhin ist es ihm hier gelungen, den ausgerotteten Ameisenbär wieder einzuführen. Ich verbringe auf jeden Fall eine angenehme Nacht in „seinem“ Haus in Gesellschaft von Cecile und zwei peruanischen Studenten. Pisco inklusive! Salud!
26.07.2015. Wie von Cecilia empfohlen fahre ich noch zum Casco der Estancia Rincon del Socorro. Diese gehört ebenfalls Doug Tompkins. Wirklich eine schöne Hosteria, viel Grün, viele wilde Tiere. Die Nandus grasen friedlich vor sich hin, die Carpinchos, oder Capybaras, sonnen sich. Ich fahre etwas durch die kleinen Wege, bis es mir zu matschig wird.
Ich höre die meisten Namen der Tiere und Vögel auf Spanisch, andere muss ich selbst suchen. Ich bitte daher um Verständnis, dass es sich bei der Namensgebung um ein Durcheinander von Spanisch, Englisch und Deutsch handelt!
Nun muss ich alles wieder zurück und auf der Ruta 40 fehlen nur noch 30 km bis zum Centro de Interpretacion der Laguna Iberá. Dort hat es diverse Wege zu entdecken, das spare ich mir aber für morgen. Ich fahre über Damm und Brücke nach Colonia Pellegrini. Eine Runde durch die sandigen Strassen des Dorfes, dann fahre ich zum Camping Municipal. Dieser liegt wirklich schön gelegen direkt an der Laguna. Ein friedlicher Ort. Und ich ende diesen Tag mit Blick auf einen wunderschönen Sonnenuntergang! Perfekt!
27./28.07.2015. Zwei Tage verbringe ich bei der Laguna Iberá. Iberá bedeutet in der lokalen, indigenen Sprache Guaraní „helles Wasser“. Die Esteros de Iberá mit ihren 13.000 km² sind nach dem Pantanal in Brasilien das grösste Feuchtgebiet der Erde und eines der wichtigsten Süsswasser-Reservoirs des Kontinents. Eine Mischung aus Sumpf, Moor, Seen und Lagunen. Die Esteros del Iberá sind bekannt für ihre Artenvielfalt, darunter Otter, Wölfe, Sumpfhirsche, Pampahirsche, Yacarés (Kaimane), Capybaras (Wasserschweine, die grössten Nagetiere der Welt) und ungefähr 350 Vogelarten. Alle leben in einem natürlichen Gleichgewicht neben- und miteinanander. Wieder, muss man sagen. Die europäische Modeindustrie der 20er-Jahre entdeckte seinerzeit, dass das Yacaré-Leder genauso gut wie Krokodilleder ist. Die Jagd auf die Reptilien in Iberá begann, das war Gleichgewicht zerstört. Es dauerte eine Weile, doch seit 1982 sind die Esteros del Iberá Teil einer Schutzzone und die Anzahl der Yacarés ist wieder tüchtig gestiegen.
Beim Erkunden der diversen Spazierwege rund um das Centro de Interpretacion kann ich schon viele der Tierarten entdecken. Yacarés, Capybaras, einGraufuchs nähert sich mir bis auf ein paar Meter und die Brüllaffen zeigen sich hoch oben in den Bäumen. Diese jedoch sind keine native Art.
Bei einer Boots-Fahrt in die Laguna kann ich noch viel tiefer in diese wunderbare Welt eindringen. Yacarés wärmen ihre Körper in den ersten Sonnenstrahlen des Tages. Capybaras durchpflügen das Wasser auf Nahrungssuche. Ohren, Augen und Nase des Capybaras befinden sich in einer Linie. Ein perfekter Schwimmer. Der Guia lenkt das Boot übers Wasser, auf einer „Insel“ dürfen wir aussteigen. Fest, aber sehr wabbelig. Ein anderes Mal weist er auf ein paar braune Flecken auf einem Baumstrunk. Eine Boa curiyú, die gerade ihre letzte Mahlzeit verdaut. Immer wieder dringt der Schrei des Chajá zum Boot. Diese grossen Vögel bleiben ein Leben lang mit dem gleichen Partner zusammen. Fast schon beneidenswert. Tiere wie den Sumpf- oder Pampahirsch bekomme ich nicht zu Gesicht, der Lärm der Dutzenden von Exkursionsbooten schreckt sie ab. Im jetzigen Winter zeigen sich die meisten Pflanzen nicht in voller Blüte, dafür sind die Temperaturen angenehm und die Moskitoplage gering. Die beste Jahreszeit für einen Besuch der Laguna.
Der Star der Gegend ist sicherlich die Laguna und ihre Umgebung, aber fehlen darf sicher auch nicht ein Spaziergang durch die Colonia Pellegrini. Die sandigen Strassen führen vorbei an den traditionellen Lehmhäusern, die sich mit den moderneren Bauten der unzähligen Hotels vermischen. Haupteinnahmquellle des Dorfes heutzutage ist sicherlich die Jagd auf Touristen. Nun, besser als die Jagt auf Yacarés. Ich geniesse die ruhige Zeit am Ufer der Laguna und jeden Abend freue ich mich aufs Neue aufs Spektakel der untergehende Sonne.
Erreichte ich die Laguna Iberá auf einer steinigen und staubigen Schotterstrasse, so verlasse ich sie auf einer tiefen Sandpiste. Mein Rad schwaddert hin und her, immer wieder verliere ich die Kontrolle. Mal ist der Sand fester, dann wieder versinken die Räder tief in den kleinen Körnchen. Der Himmel ist bedeckt, aber ich komme trotzdem gut ins Schwitzen. Nach einer Stunde überholt mich ein Pick-up. Etwas weiter vorne bleibt der Wagen stehen, ich sehe, wie die weissen Rücklichter angehen. Dieses Signal kenne ich… Ein Frau steigt aus, fragt, ob sie mich mitnehmen sollen. Heute fällt mir die Entscheidung leicht. Fast 70 km Sandpiste der Ruta 40, danach folgt eine 70 km teilweise schlammige Strasse zur Ruta 12. Auf der Ladefläche des Pick-ups geht das alles viel leichter und nach 3 Stunden Fahrt laden mich Gustavo und Silvia bei der Ruta 14 ab. Vielen Dank fürs Mitnehmen! Meine Routenwahl war bis anhin nicht so klar, nun entscheide ich mich für Santo Tomé. Das heisst ein wenig zurückfahren, dafür kann ich danach die grossen Strassen meiden und verkehrsarm dem Rio Uruguay entlang in Richtung Norden radeln. Das hört sich gut an!
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