03. – 21.09. 2015. 426 km. 3’326 Höhenmeter. Nach Bonito erwartet mich ein weiteres brasilianisches Highlight. Der Pantanal mit seiner einmaligen Landschaft und der wunderbaren Tierwelt. Die Tierwelt ist überall, das wird mir jeden Tag auch auf der Strasse bewusst. Und das es an Respekt fehlt, auch. Die meisten Tiere des Pantanals sehe ich überfahren am Strassenrand. Das bedrückt die Stimmung und die Gedanken kreisen. Da kommt ein längeren Aufenthalt in Campo Grande gerade recht. Hier erhalten die Gedanken andere Nahrung, es gibt Spass, Abwechslung und viele neue Gesichter! Und ich gehe fast drauf! In einem Auto…

03.09.2015. Schön war’s in Bonito. Und trotz einiger Einladungen, noch länger zu bleiben, mache ich mich auf den Weiterweg. Es ruft eine neues Abenteuer, der Pantanal! Frühmorgens breche ich auf. Die Tage werden immer heisser. Und bald beginnen auch teilweise ziemlich heftige Steigungen. Die Hügel sind lang und steil, der Schweiss rinnt. Eigentlich wollte sich Maria heute morgen noch verabschieden und velobotones kaufen, doch sie tauchte nicht mehr auf. Das holt sie aber nach, indem sie mir hinterherfährt, ohne Ausweise und Benzin. Was für eine Frau! So folgt der endgültige Abschied am Rande der Strasse! Es war toll, dich kennenzulernen, Maria! Vielen Dank für alles!

Der endgültige Abschied von Maria. War schön dich kennen zu lernen!

Ich erklimme weitere Hügel, ziemlich anstrengend heute! Doch dann erreiche ich eine Art Plateau der Serra do Bodoquena. Nun wird’s angenehmer, etwas flacher. Die ganzen Tiere gibt es tatsächlich auch hier zu sehen. Die grossen Roten Aras ziehen krächzend über mir durch die Lüfte. Eine ganze Affenfamilie überquert vor mir die Strasse. Die lustigen Tierchen bringen mich gut zum Lachen. Sogar einen Tapir sehe ich, als stinkendes Aas am Strassenrand. Überfahren. Leider. Wie so viele andere Leidensgenossen. Das stimmt mich etwas traurig. Immerhin hat es hier nun wirklich viel weniger Verkehr, das hilft zumindest mir ein bisschen. Ich pedale durch die Hitze und gegen 13 Uhr erreiche ich Bodoquena. Ich esse etwas Kleines, die Hitze nimmt den Hunger. Aus strategischen Gründen ist dies auch mein Ziel von heute. Ich mache mich auf Unterkunftssuche und finde netterweise bei der Parroquia einen Unterschlupf mit Ventilator.

04.09.2015. Vor „meinem“ Haus darf ich mit Blick auf zwei Gelbbrust-Aras frühstücken. Das bekommt man nicht alle Tage zu Gesicht! Nach zwei starken Mini-Kaffees mit dem Padre begebe ich mich wieder in die Hitze der Strasse.

Die nette Truppe von der Parroquia in Bodoquena

Hügelig geht’s weiter, auch heute mit wenig Verkehr. Doch trotz weniger Verkehr reiht sich auch heute ein überfahrenes Tier ans andere. Nicht schön! So wenig Respekt! Genauso gut könnte auch ich hier am Boden liegen, über- oder angefahren von einem Irren. Und dann einfach zum Verrotten liegen gelassen? Wie diese kleine angefahrene Krähe, die noch lebt. Ich weiss nicht was tun! An den Strassenrand legen und kläglich sterben lassen? Sie mitnehmen? Aber wie? Und dann? Hier gibt es nicht wie in der Schweiz Tierärzte die Wildtiere umsonst behandeln. Ich zögere lange, dann fahre ich weiter, in der Hoffnung, dass sie so schnell wie möglich ganz überfahren wird. Auch ich bin respektlos! Ich fühle mich schlecht. Das wird nicht besser, als mich auf einsamer Strasse ein Motorradfahrer anhält. Er will mir seine Geschichte erzählen. Nein, ich fahre einfach weiter. Bald sehe ich im Rückspiegel, dass mir der Typ folgt. Er wolle mit mir sprechen. Auf Englisch sage ich ihm, dass ich kein Portugiesisch spreche. „Español?“ „No!“ Bald gibt er auf und kehrt um. Der nächste Laverer folgt in Miranda, wo ich in Ruhe etwas trinken will. Ein älterer Herr lallt mich total zu. Ich wollte hier etwas kleines Essen, gebe die Idee aber auf. Bald biege ich auf die MS 262 ein. Die hat nun einen breiten Seitenstreifen, doch der ist so mies, dass ich kaum darauf fahren kann. Zum Glück folgt bei Km 545 der Abzweig zur Rancho Meia Lua. Dort will ich hin. Nun folgen noch 4 km ziemlich anstrengende Schotterpiste und dann ist das Ziel erreicht. Die Rancho Meia Lua im südlichen brasilianischen Pantanal. Die Schweizerin Mirjam und ihr brasilianischer Freund Wagner begrüssen mich herzlich. Zudem komme ich genau richtig zum leckeren Mittagessen. Dann gibt’s eine Siesta in einer Hängematte und später eine Wanderung durch einen nahen Wald. Auf Tierschau. Mirjam hatte gemeint, es hätte fast keine Mücken. Dies sind nun wohl die einzigen Tierchen, die ich sehe und sie fressen mich fast auf. Regen ist im Anmarsch. Dafür gibt’ heute keine Ameisenbären zu sehen, auch sonst herrscht eher tote Hose. Dafür gibt’ noch andere Blutsauger, wie ich später beim Duschen feststelle. Zecken! Etwa 10 Tierchen klaube ich mir vom Körper und es werden noch viel mehr folgen. Lecker!

Ein netter Ort, um ein paar Tage zu verweilen

Ein schöner und trauriger Sonnenuntergang. Die rote Farbe der Sonne wird durch Aschestaub des brennenden Pantanals verursacht

05.09.2015. Mirjam ermöglicht mir heute, mich einem Paar Holländern zu einem Ausflug zur Estrada Parque in den südlichen Pantanal anzuschliessen. Es wäre möglich gewesen, den Pantanal per Rad zu durchfahren, doch für einmal war mir der Umweg in Richtung Bolivien zu gross. Die Estrada Parque führt direkt am Buraco das Piranhas ziemlich gerade und über unzählige Holzbrücken in den südlichen Pantanal hinein. Wie sich bald herausstellt, verpasse ich auch nicht viel, denn die aufgeschüttete Schotter- und Sandpiste wird zur Zeit ziemlich intensiv von riesigen Viehtransportern befahren. Selbst in dem offenen Truck, mit dem wir uns auf die Estrada begeben, werden wir dauernd und gut eingestaubt von den viel zu schnell rasenden Riesenmonstern. Und so etwas nennt man Naturschutzgebiet?

Der Pantanal – oder Pậntano, portugiesisch für „Sumpf“ – ist eines der grössten Feuchtgebiete der Erde. Und obwohl er unter Naturschutz gestellt ist und seit 2000 zum UNESCO Welterbe erklärt wurde, ist er durch Industrialisierung und Rodung akut gefährdet.

Der Rio Paraguay hat auf seinem 600 km langen Weg durch die Tiefebene nur ein Gefälle von 30 Metern. Das Wasser fliesst nur langsam von Nord nach Süd ab. Während der Regensaison von November bis März werden weite Teile des Tieflandes überschwemmt und zwei Drittel des Gebietes stehen metertief unter Wasser. So entsteht ein komplexes System aus ganz verschiedenen Biotopen.

In diesem einzigartigen Naturparadies gibt es ca. 665 Vogelarten – man schätzt, dass immer noch nicht alle entdeckt wurden – 123 Säugetierarten wie Jaguare, Ozelote Pumas und ihre Beutetiere wie Sumpfhirsche, Tapire oder Capybaras. Dazu gibt es 269 Fischarten, unzählige Reptilien und Amphibien, Insekten und mindestens 2’000 Pflanzenarten. Der Riesenstorch Jaribu, oder Tujuju, ist das Symboltier des Pantanals.

Nach der langen holprigen Fahrt machen wir und zu Fuss auf weitere Erkundungstour. Der Guia führt uns durch steppenartiges Grasland und dichten Wald. Nach dem eher zahmen wilden Leben, das ich rund um Bonito kennen lernen durfte, sehe ich nun wirklich wilde Tiere in ihrer natürlichen Umgebung. Und es hat viele von ihnen. Diverse Jaribus haben hoch oben in den Bäumen ihre Nester gebaut. Darunter und darum herum schwirren unzählige, laut krächzende Papageien. Wenn man gut hinhört, erkennt man auch das etwa tiefere Krächzen der Roten Aras und der Tukane. Dazu sehen wir diverse andere kleine und grosse Vögel, ein Gürteltier versteckt sich in seiner Höhle, ein scheuer Sumpfhirsch flieht ins Gebüsch. In den Bäumen tummeln sich zudem Coatis und Brüllaffen. Ich könnte noch ewig durch diesen faszinierenden Wunderwald laufen.

 

Aber es wird Zeit für das Mittagessen und die Hängemattensiesta auf einer Fazenda. Danach fahren wir per Holperjeep wieder zurück zum Passo do Lontra und von da steigen wir auf ein Boot um. Die Entdeckungsreise geht weiter auf dem Rio Miranda und dem Rio Vermelho. Noch mehr Vögel, ein Jaribu lässt sich aus nächster Nähe bestaunen, Capybaras und die schöne Flusslandschaft bei der langsam tiefer sinkenden Sonne. Ein wirklich sehr eindrücklicher Tag im Pantanal! Ganz herzlichen Dank Mirjam!

 

06./07.09.2015. Mirjam und Wagner arbeiten seit längerer Zeit an einem neuen Projekt auf ihrem eigenen Grundstück. Dieses zeigen sie mir heute. Dort lerne ich German, einen argentinischen Mönch kennen. Er ist vor einiger Zeit mit dem Rad von Bahia bis hierher gefahren. Das nichts Ungewöhnliches, doch er hat sich dabei nur von Pflanzen und Früchten ernährt, die er in der Natur gefunden hatte. Verrückt, nicht! Ich bekomme eine kleine Rundtour durch den Garten mit diversen Probierstopps. Hier ein Blättchen, dort ein Samen, da ein unbekanntes Früchtchen. Sehr beeindruckend, was man alles essen kann. Wenn man sich auskennt. Das dies auch schiefgehen kann, wissen wir seit Chris McCandless. Später stellt German aus ganz vielen Blättern einen Chlorophyll-Saft her. Die Sonnenenergie der Pflanzen wird an den Menschen weitergegeben. Und schmeckt sogar ganz gut. Zum Mittagessen gibt es dann weitere, lebendige Kost, eine spezielle Form der Rohkost. Ein sehr interessanter Tag!

Rohe Mandioka-Bällchen

Meinen letzen Tag auf der Rancho Meia Lua verbringe ich mit Arbeiten. Meine Gegenleistung für den tollen Aufenthalt auf der Rancho. Für das neue Projekt soll es auch ein Logo geben. Dem widme ich mich den ganzen Tag. Mensch, wann habe ich das letze Mal Illustrator gebraucht? Ha ha! Aber diese Liebe rostet nicht, oder zumindest nur ein bisschen… Dazu heisst es schwitzen. Die Luft ist schwül und heiss. Die Ruhe vor dem Sturm. Und der naht…

 

08.09.2015. Ich wurde und werde auf der Rancho Meia Lua absolut genial versorgt. Das Essen war jedes Mal superlecker und heute Morgen finde ich im Kühlschrank ganz tolles Frühstück für mich. Ich bin früh dran, will früh los. Wegen der Hitze. Bald verabschiede ich mich von Mirjam, Wagner und German, der zu Besuch ist. Heute ist der Himmel bedeckt, im Osten ziehen dunkle Wolken auf. Zum Abschied bekomme ich noch den Blick auf einen entfernt fressenden Ameisenbären. Danke!

Mit German, Mirjam und Wagner. Vielen Dank für alles!

Dann geht’s wieder auf die BR 262. Der Wind bläst kräftig aus Westen. Yeah, Rückenwind. Der Seitenstreifen bleibt obermies, ich lasse mich auf der Strasse dahinblasen. Bis hinter mir die Strassenpolizei hält. Ich dürfe nicht auf der Strasse fahren. Ich erkläre den Herren, dass der Seitensterifen absolute Katastrophe ein und ich einen Rückspiegel hätte. Gut, dann dürfen wir nun Fotos mit dir machen? Ha! Schon blöd, wenn endlich ein breiter Seitenstreifen da ist, aber leider total raduntauglich… Brasilien ist wirklich kein Radlerland. Bald fallen die ersten Tropfen. Der Poncho muss raus, für die Regenmontur ist es zu warm. In Aquidauana mache ich bei einer Tankstelle einen kurzen Halt, esse ein Pastel. Zum Glück, das wird für eine Weile mein letztes Essen sein. Denn kurz nach Aquidauana kommt der Regen. Und zwar heftig. Immerhin ist der Seitensteifen nun besser, auf der Strasse könnte ich nicht mehr fahren. Ich fahre langsam in die Serra do Maracaju. Schade, dass es regnet. Die nur vage zu erkennenden Bergformen sehen gut aus. Es geht lange rauf, der Regen hält an. Ich bin mittlerweile von Regen und Schweiss total durchnässt, zudem habe ich Hunger. Ich kämpfe. Nach 111 km die von Wagner beschriebene Tankstelle. Mein Ziel, denn hier hat es sonst nichts. Triefend und bis auf die Knochen durchnässt frage ich den Gerente nach einen Zeltplatz. Der hat netterweise sogar ein Dach. Nun heisst er raus aus den nassen Klamotten, unter die heute leider kalte Dusche und rein in trockene Kleider. Der Regen hat auch einen ziemlich Temperatursturz mitgebracht und bald sitze ich in meiner Dauenenjacke im Restaurant und gönne mir ein Pastel und einen Kaffee. Schön verrückt!

Die Polizei, dein Freund und Helfer

Heute schlafe ich in einer Möbelausstellung

09.09.2015. In der Nacht hört der Regen auf, doch die Luft bleibt feucht. Meine Kleider sind am Morgen etwas so nass wie am Vorabend. Hm? In den trockenen Kleidern fahren, aber wenn es wieder regnet habe ich nix mehr zum Anziehen? Ich schlüpfe in die nassen Sachen und los! Agggghhhh! Aber heute bleibt es trocken und langsam trockenen auch die Kleider. Langsam. Auch heute fahre ich wieder an unzähligen, überfahren Tieren vorbei. Das ist wirklich schade! Vor allem wenn ich alle paar hundert Meter eine Tafel sehe, die sagt, man solle die Tiere respektieren oder Ähnliches. Die brasilianischen Fahrer gehören leider wirklich zu den schlimmsten der ganzen Amerikas.

Strassenopfer Ameisenbär. Wo bleibt der Respekt?

Auch für einen Ciclista

Einer Studie zufolge werden in Brasilien jährlich 475 Millionen Wildtiere überfahren. Das ist eine absolut unfassbare Zahl. Und leider auch immer wieder einmal Menschen. Ein schwedisches Radler-Paar wurde angefahren, er wird schwer verletzt, sie überlebt den Unfall nicht. Das gibt einem als Radler immer zu denken. Wann werden die Blechbüchsenfahrer endlich mehr Respekt zeigen? Während des Fahrens spielt man nicht mit dem Handy, man trinkt einen Alkohol, man konzentriert sich auf die Strasse, befolgt die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Man sieht, hört, reagiert. Bitte! Bitte! Bitte! Die Tiere gibt es zum Glück manchmal auch lebend, immer wieder höre ich das laute Krächzen der Gelbbrust-Aras. Dreimal fahre ich einem Nest vorbei, dass die schönen Vögel vorzugsweise in abgestorbene Palmen bauen. Ich beobachte die Tiere lange Zeit.

Was für schöne Vögel. Mit so viel Respekt!

Soviel Respekt zwischen zwei Tieren und den Menschen fehlt er so oft. Tragisch! Nach 80 km erreiche ich die Einfahrt von Campo Grande. Nun fehlen noch 14 km bis zu Simones Haus. Dort werde ich dann herzlich empfangen. Dazu gibt’s ein eigenes Haus mit Pool! Das nenne ich Luxus!

10. – 21.09.2015. Ein paar Tage will ich Campo Grande bleiben, um etwas zu arbeiten und auszuruhen. Gleich zu Beginn fahre ich mit Simone in die Serra do Maracaju. Wir besuchen eine indigene Comunidade. Hier soll in Zukunft der Ecotourismus Einzug erhalten. Das benötigt viele Gespräche mit der lokalen Bevölkerung. Die Gegend mit ihren abgeflachten Bergen ist absolut genial, dazu bekomme ich endlich wilde Hyazinth Aras und Ameisenbären zu sehen. Wow!

Ein Hyazinth Ara auf Futtersuche

Ein grosser Ameisenbär, was für ein seltsames Tier

Die schöne Serra do Maracaju

Die Rückkehr zeigt dann einmal mehr, wie gefährlich Autos sind. Vor allem das Krüpelmodell von Simone. Eigentlich wollten wir am Morgen den Bus nehmen, den verpassten wir aber um 1 Minute. So fuhren wir dann doch mit dem Auto hin. Das will bei der Rückreise nicht mehr anspringen. Mit Schieben gelingt es, aber nun darf Simone den Motor bis Campo Grande nicht mehr abstellen. Wir fahren im Dunkeln dahin, als uns plötzlich die Motorhaube entgegengeflogen kommt. Ahhhhh! Ich sehe nix mehr, Simone sieht nix mehr. Shiiiit! Aber Simone reagiert gut, fährt gerade aus weiter, hält den Wagen auf der Strasse, denn hier hat’s keinen Seitenstreifen. Ich versuche die Motorhaube zu schliessen. Geht nicht und es ist hiess da drinnen. Zudem funktioniert ein Rücklicht nicht, das linke. Sehr schlecht! Und da kommt ein Truck… Simone fährt ins Gras, sie darf den Motor nicht abstellen. Ich fummle an dem Haken der Motorhaube rum, nach einer ewigen Weile schliesst sie. Für immer. Langsam fahren wir dahin. Dann beginnt es auch noch sintflutartig zu regnen. Ich halte den Atem an und atme erst in Campo Grand wieder aus. Was für eine Fahrt! Was für eine Schrottkiste! Fast wären wir draufgegangen! Ein Plädoyer fürs Fahrrad! Diese Autos sind Mördermaschinen! Egal ob von aussen oder innen!

Der Regen hält an und bringt auch hier einen gewaltigen Temperatursturz. Bald sitze in meine Daunenjacke gehüllt bei einem heissen Tee, in der Nacht krame ich den Winterschlafsack hervor. So was! Aber das ändert sich schnell wieder. Nach dem Regen folgt Sonnenschein. Die Temperatur steigt und steigt. Bald bin ich wieder froh, dass ich einen Pool vor der Haustür habe. Die Daunenjacke landet samt Winterschlafsack bald wieder in den Tiefen der Taschen und der Ventilator wird nebst Pool zu meinem besten Freund.

Mein temporäres Haus mit Pool!

Mein Fahrrad braucht auch etwas technische Unterstützung. Die bekomme ich von Harlan von Ciclo Alemão. Mein Fahrrad ist nach einem Besuch bei Harlan so sauber wie noch nie zuvor. Man könnte meinen, es sei neu. Zudem wird es gepflegt und gehegt, und dies alles umsonst. Harlan und seine Frau wollen mir auch noch diverse Teile schenken, um mich zu unterstützen, aber im Moment brauche ich wirklich nichts. Wie schon so oft in Brasilien bin ich sprachlos. Ein anderer Radler hatte mir vor meinem ersten Brasilien-Besuch gesagt, die Leute hier seinen viel zurückhaltender als im restlichen Lateinamerika. Schlafplatzsuche würde schwierig sein und der Kontakt zu der Bevölkerung schwieriger. Dies hat sich als absolut falsch herausgestellt. Brasilien überrascht mich jeden Tag von Neuem. Die Leute sind herzlich, offen, grosszügig, gastfreundlich, einfach genial! Danke Brasilien!

Nicht nur das Rad braucht etwas Pflege, auch die Bekleidung. Das in Ayacucho, Peru, gekaufte Hemd ist am Rücken nur noch ein Fetzenteil. Die starke Sonnenstrahlung scheint den Stoff richtig aufzufressen. Immerhin ist die Ersatzteilsuche in Brasilien einfacher, vor allem die Herren scheinen längere Arme zu haben. Dann gibt es noch die Hosen zu nähen, die auf der Rancho Meia Lua von Blattschneiderameisen als Nahrung probiert und als unbekömmlich eingestuft wurden. Was es nicht alles gibt. Aber ich habe schon Zelte gesehen, die von den Viechern fast aufgefressen wurden…

Uppsss..! Zum Glück gibt es Harlan und seine Frau von Ciclo Alemão

Ansonsten heisst es hier arbeiten! Ja, arbeiten. Auch ein Reiseradler hat Arbeit. Oder so. Das Logo für Mirjam soll reingezeichnet werden. Fotos müssen gespeichert, ausgesucht und bearbeitet werden. Ich gebe einige Interviews und sogar einen kleinen Vortrag. In meinem allerbesten Portunhol. Es gibt viel zu schreiben. Dazu muss ich neue velobotones herstellen. Die verkaufen sich in letzter Zeit ganz gut.

Hier das Interview für Midiamax aus Campo Grande:
http://midiamax.com.br/turismo/50-mil-km-certeza-mundo-nao-ruim-mostram-jornais-273803

Ich gebe ein weiteres Interview für Midiamax

Das Grüppchen war klein, aber äusserst neugierig

Mit Elias, seiner Familie und Freunden

Ein Geschenk von Elias Frau. Muito obrigada!

Aber bei all der Arbeit darf auch der Spass nicht fehlen. Ich lerne in Campo Grande ganz viele tolle Menschen kennen. Elias und seine Familie laden mich zu einem leckeren Mittagessen ein. Mit Fabio nehme ich an der Atravecity teil. Auf dem Fahrrad geht’s durch Campo Grande, dabei müssen diverse Orte oder Dinge gefunden und fotografiert werden. Nicht so einfach, wenn eine Person keine Ahnung von der Stadt hat und die andere erst seit 4 Jahren hier lebt. Zudem hat keine von beiden GPS oder Telefon mit Internet. Das macht die Sache aber sympathisch und als letzte erreichen auch wir das Ziel. Natürlich, ohne alles gefunden zu haben. Aber eine schöne Art, die Stadt kennen zu lernen. Hat viel Spass gemacht!

Am Start der Atravecitiy

Tja, und so werden aus ein paar Tagen fast zwei Wochen. Zwei tolle Woche. Mein Dank geht an all die supergenialen Leute von Campo Grande, die ich hier kennen lernen durfte. Aber im ganz speziellen an Simone, bei der ich all die Zeit wohnen durfte, obwohl mich ihr Auto fast umbringen wollte. Ich werde Campo Grande mit den besten (und einer fürchterlichen) Erinnerung verlassen! Muito legal, muito obrigada!

Mit Simone. Muuuuuito obrigada por todo!!!