13.09 – 19.09.2020. Schweiz. Der Bernina Trek, das ist Weitwandern in absolut herrlicher Berg- und Gletscherwelt rund um das Berninagebiet im Kanton Graubünden.

Eckdaten: 7 Tage,  ca. 135 km, 6249 m Aufstieg, 6932 m Abstieg

Route: Madulain – Chamanna d’Es-cha – Fuorcla Gualdauna – Albulapass – Fuorcla Crap Alv – Val Bever – Chamanna Jenatsch – Fuorcla Suvretta – Suvretta da San Murezzan – Silvaplana – Surlej – Corvatschbahn – Murtèl – Fuorcla Surlej  – Chamanna Coaz – Lej da Vadret – Chamanna da Tschierva – Val Roseg – Pontresina – Morteratsch – Chamanna da Boval – Morteratsch – Bernina Suot – Bernina Lagalb – Val Minor – Fuorcla Minor – Passstrasse Forcola di Livigno – La Rösa – Val da Camp – Rifugio Saoseo – Plan – Aurafreida – Urezza – Poschiavo

Sehr spontan entscheide ich, ein wenig in den Bergen wandern zu gehen. Irgendwie stosse ich auf den Bernina Trek, der mich sofort anspricht. 

Dieser hochalpine Weitwanderweg des Schweizer Alpenclubs (SAC) führt von Madulain ins Puschlav und zu allen Hütten des SAC Bernina. Sieben Tage wandere ich bei schönstem Herbstwetter durch grandiose Berglandschaften, vorbei an tiefblauen Bergseen, eisigen Gletscherflüssen und -seen sowie beeindruckenden Gletschern. Dabei treffe ich auf Murmeltiere, Steinböcke, gastfreundliche Hüttenwarte und Wanderkollegen.

 

Etappe 01, Madulain – Chamanna d’Es-cha

Nach der Anreise nach Madulain im Oberengadin bringt mich eine erste kurze Etappe zur Chamanna d’Es-cha auf 2594 m. Von der Terrasse aus hat man einen wunderbaren ersten Blick auf die Berninagruppe und in der Stube mit Stukkaturdecke wird es beim Abendessen urchig gemütlich. Hier treffe ich auch das erste Mal auf eine Gruppe vom Deutschen Alpenverein (DAV) mit Führer und ein Paar aus Stuttgart, die alle ebenfalls den Bernina Trek laufen. In den kommenden Tagen kreuzen sich unsere Weg immer wieder und Abends wird die eine oder andere Wegstory ausgetauscht.

Ankunft bei der Chamanna d'Es-Cha auf 2594 m

Ankunft bei der Chamanna d’Es-Cha auf 2594 m, links im Hintergrund der Piz Kesch

Die Chamanna d'Es-Cha mit dem neuen Anbau und grandiosem Blick zur Berninagruppe

Die Chamanna d’Es-Cha mit dem neuen Anbau und grandiosem Blick zur Berninagruppe

Die Berninagruppe, gut zu sehen der Biancograt und der Piz Bernina

Die Berninagruppe, gut zu sehen der Biancograt und der Piz Bernina

Nächtlicher Ausblick von der Chamanna d'Es-Cha

Nächtlicher Ausblick von der Chamanna d’Es-Cha

 

Etappe 02, Chamannna d’Es-cha – Chamanna Jenatsch

Nach einem guten Frühstück geht es mit wenig Höhenverlust zur Fuorcla Gualdauna und von dort aus herunter zur Albula-Passstrasse und zum Albulapass. Auf dem Weg muss ich durch eine Herde mit Mutterkühen. Ich umgehe die Tiere so gut es geht und lasse sie hinter mir. Doch da höre ich hinter mir plötzlich lautes Muhen. So eine Mutterkuh rennt mir tatsächlich nach, mit ihr die ganze Herde. Ich drehe mich um und laufe langsam rückwärts, bis das Tier irgendwann zum Glück umdreht. 

Erste Sonnenstrahlen bei der Chamanna d'Es-Cha

Erste Sonnenstrahlen bei der Chamanna d’Es-Cha

Blick zurück zur Chamanna d'Es-Cha

Blick zurück zur Chamanna d’Es-Cha

Weg von der Fuorcla Gualdauna hinunter zum Albulapass

Weg von der Fuorcla Gualdauna hinunter zum Albulapass

Nach der Passhöhe geht es bald wieder den Berg rauf zu den schönen Crap Alv Laiets, mehreren Bergseen. Dort gibt es noch zusätzliche Unterhaltung von einer Alphornbläserin. Der Weg führt weiter hoch zur Fuorcla Crap Alv auf 2466 m. Ein sehr steiler Abstieg bringt mich ins obere Val Bever. Meine Füsse finden Abkühlung im kalten Beverin, eine Wohltat nach dem anstrengenden Runterlaufen. Lange zieht sich der Weg entlang des Beverin in das Tal hinein und ein Schlussanstieg bringt mich nach langer Marschzeit zur Chamanna Jenatsch auf 2652 m. Nach einer Kurzwäsche mit eiskaltem Wasser gibt es dafür noch einen leckeren Aprikosenkuchen.

Hat man hier noch übrige Energie, kann man etwas in Richtung Fuorcla d’Agnel hochsteigen, dort oben hat es einen wunderschönen Gletschersee. 

Bei den Crap Alv Laiets

Bei den Crap Alv Laiets

Das war einmal ein Mungg

Das war einmal ein Mungg

Die Chamanna Jenatsch in Sichtweite

Die Chamanna Jenatsch in Sichtweite

 

Etappe 03, Chamanna Jenatsch – Chamanna Coaz

Nach einem frühen Start steige ich bald hoch in Richtung Fuorcla Suvretta. Ich durchquere eine Steinwüste und bald poltert es irgendwo im Hang. Steinschlag, ausgelöst von ein paar Steinböcken. Nach dem steilen Aufstieg geniesse ich von der Fuorcla Suvretta – mit 2966 m höchster Punkt des Treks – ein schönes Panorama in Richtung Oberengadin, Piz Nair und Berninagruppe. Beim Abstieg gibt es im oberen Teil ein paar Stellen, die mit leichter Kletterei überwunden werden müssen. Die Steinböcke sehen dabei sicher eleganter aus… Beim Lej Suvretta gibt es eine Pause mit Fussabkühlung im See. Über die Alp Suvretta zieht sich der Weg ziemlich lange hinunter nach Silvaplana. Ich wandere auf die andere Talseite zur Corvatsch-Luftseilbahn, die mich zur Mittelstation Murtèl bringt.

Die Chamanna Jenatsch in den ersten Sonnenstrahlen

Die Chamanna Jenatsch in den ersten Sonnenstrahlen

Blick zurück zur Chamanna Jenatsch

Blick zurück zur Chamanna Jenatsch

Aufstieg zur Fuorcla Suvretta, in der Bildmitte erkennt man zwei Wanderer

Aufstieg zur Fuorcla Suvretta, in der Bildmitte erkennt man zwei Wanderer

Steinböcke, Auslöser eines kleinen Steinschlags

Steinböcke, Auslöser eines kleinen Steinschlags

Panorama mit Piz Nair, Oberengadin und der Berninagruppe

Ein breiter Weg führt hoch zur Fuorcla Surlej mit dem schönen kleinen Bergsee. Zudem eröffnet sich hier das erste Mal der nahe Blick auf die schneebedeckten Berggipfel und Gletscher. Wunderschön, der Anblick. Auf dem Panoramaweg in Richtung Chamanna Coaz tun sich immer neue Aussichten auf. Ich muss aufpassen und entweder die Berge anschauen oder auf den Weg achten. Beides gleichzeitig ist wegen Stolpergefahr schlecht. Ich nehme mir viel Zeit und lasse immer wieder die Bergwelt auf mich einwirken. Der Weg bis zur Chamanna Coaz zieht sich lange dahin und erst kurz vor 18 Uhr erreiche ich nach 30 km in den Beinen die Hütte, die spektakulär auf einer kleinen Anhöhe umgeben von Gletschern thront.

Der kleine Bergsee auf der Furocla Surlej

Grossartiges Panorama von der Fuorcla Surlej

Auf Wanderschaft in beeindruckender Kulisse

Blick auf den Vadret la Sella und den Lej da Vadret

In der Bildmitte die Chamanna Coaz in atemberaubender Umgebung

Wolken verdecken den nächtlichen Himmel

 

Etappe 04, Chamanna Coaz – Chamanna da Tschierva

Der Tag startet mit dem Blick in das Val Roseg, in dem noch etwas Nebel liegt. Mein Blick taucht wieder ein in die faszinierende Gletscherwelt zwischen Il Chapütschin, Piz Roseg und dem Piz Bernina.

Früher Morgen in Richtung Val Roseg und Lej da Vadret

Morgenlicht mit Piz Roseg und Vadret da Sella

Blick zurück zur Chamanna Coaz

Bald führt ein Bergwanderweg hinunter zum milchig-grünen Lej da Vadret, was soviel heisst wie Gletschersee.

Achtung: Auf Schweiz Mobil ist dieser Wanderweg immer noch als Alpinwanderweg gekennzeichnet, ganz unten beim See findet sich auf einem Stein auch noch eine blau-weisse Markierung. Doch dieser Weg ist mittlerweile ein normaler rot-weisser Bergwanderweg.

Es ist Tag vier des Treks und es ist Zeit für ein Bad. Dieses nehme ich im kalten Gletschersee. Was für eine herrliche Erfrischung, zumal es bei dem Sonnenschein ganz schön warm ist.

Beim Abstieg zum Lej da Vadret

Lej da Vadret und Il Capütschin

Was für ein herrlicher Ort

Zeit für ein Gletscher-Bad

Irgendwo nach dem See führt eine Tyrolienne über den Ova da Roseg, ich finde sie aber nicht. Ich wandere etwas weiter zum Hotel Roseg Gletscher, wo ich den Fluss über die Brücke überquere. Zwei andere Wanderer berichten mir später, dass sie die Tyrolienne aufgrund eines Fotos des Hüttenwartes der Chamanna Coaz gefunden hatten, der Weg durch das breite und sehr geröllige Flussbett und der anschliessende Aufstieg zum Weg durch dichtes Gestrüpp aber etwas mühsam war.

Es geht weiter durch das Gletschervorfeld mit seinen geologischen Besonderheiten und den Zeugen der Gletscherentwicklung. Es stimmt aber auch traurig, wenn man sieht, bis wohin die Gletscher früher gereicht haben. Über die Moräne des Vadret da Tschierva erreiche ich schliesslich in dieser kurzen Etappe die Chamanna da Tschierva am Ausgangspunkt des bekannten Biancogrates auf den Piz Bernina, den einzigen 4000er Graubündens und der Ostalpen. Der Anbau der Tschierva-Hütte ist sehr modern, hier gäbe es auch eine gute Dusche. Mir hat das Bad im Gletschersee gereicht, dafür genehmige ich mir wie üblich bei früher Ankunft einen feinen Kuchen und geniesse dabei den herrlichen Blick auf die nahe Berg- und Gletscherwelt.

Beim Aufstieg zur Chamanna da Tschierva

Links die Chamanna da Tschierva, ebenfalls in grossartiger Kulisse gelegen, daneben der Piz Bernina

Links die zwei Stuttgarter beim Aufstieg am Moränenrand

Blaue Stunde bei der Chamanna da Tschierva

Blick aus meinem Zimmerfenster

 

Etappe 05, Chamanna da Tschierva – Chamanna da Boval

Die Temperaturen sind am frühen Morgen einfach perfekt auf der Schattenseite des Val Roseg und bald bin ich wieder unten beim Hotel Roseg Gletscher. Von dort führt ein breiter Wanderweg entlang des Ova da Roseg durch Lärchen- und Arvenwald weiter nach Pontresina. Weiter geht es durch den Taiswald und entlang des Bahngeleises in Richtung Morteratsch. 

Morgenstimmung beim Piz Bernina

Eichhörnchen im Taiswald

Dort beginnt der erneute Aufstieg durch immer lichter werdenden Arvenwald hoch über dem Morteratschgletscher zur Chamanna da Boval. Von der Hütte hat man einen wunderbaren Blick auf den Morteratschgletscher, den Persgletscher, den Biancograt, den Piz Bernina, den Piz Palü und andere Gipfel. Lange sitze ich auf der Terrasse und lasse den Anblick auf mich einwirken.

Aufstieg mit Blick zum Vadret da Morteratsch

Die Chamanna da Boval mit atemberaubender Aussicht

Die Blaue Stunde in Richtung Piz Bernina

Die Chamanna da Boval zur Blauen Stunde

Und weil es so schön ist, nochmals die Chamanna da Boval zur Blauen Stunde

Der Vadret da Morteratsch und die Milchstrasse

Die andere Seite der Milchstrasse über der Chamanna da Boval

 

Etappe 06, Chamanna da Boval – Rifugio Saoseo

Nochmals vorbei am Vadret da Morteratsch geht es hinunter nach Morteratsch. Der schönen Cascada da Bernina (Wasserfall) entlang geht es hoch nach Bernina Suot und weiter den Bahngeleisen entlang nach Lagalb. Von Morteratsch könnte man auch die Rhätische Bahn nach Lagalb nehmen, die Strecke den Bahngeleisen entlang ist nicht sehr sehenswert.

Der Piz Bernina bekommt die ersten Sonnenstrahlen

Der Vadret Pers im Morgenlicht

Blick ins morgendliche Val Morteratsch

Die Cascada da Bernina

Von der Talstation Lagalb führt der Weg des Bernina Treks in das Val Minor hoch zum Lej Minor und vielen weiteren kleinen Bergseen. Über die Fuorcla Minor folge ich dem Weg in Richtung Forcola di Livigno. Bei Höhenkurve 2300 m (etwas schwierig zu erkennen mit einer 20-Dollar-Casio) soll man gemäss Beschrieb weglos zur Passtrasse absteigen und dieser folgen oder gemäss Karte weglos um den Gess herum laufen. Ich ende irgendwie auf dem Gess selbst und muss über einen sehr steilen Grashang absteigen, die Stuttgarter nehmen die Passstrasse. Beides keine sehr angenehmen Varianten.

Das Val Minor ist sehr schön, aber hier empfehle ich den Weg über den Ospizio Bernina. Von Morteratsch kann man auch getrost die Rhätische Bahn zum Ospizio Bernina nehmen, von der Wanderstrecke her verpasst man hier absolut nichts. Von dort kann man ebenfalls nach La Rösa absteigen.

Über La Rösa, Salva und Lungacqua geht es schlussendlich über eine Fahrstrasse hoch zum Rifugio Saoseo. Etappe 06 ist die längste aller Etappen und mir tun bei Ankunft die Füsse weh. Den Weg zum nahen Lagh da Saoseo verschiebe ich auf den nächsten Morgen, jetzt will ich nur noch Schuhe ausziehen und rumhängen. Und ebenfalls leiste ich mir hier die erste Dusche der Tour. Eine richtige Wohltat nach dem langen Tag!

Mein suboptimaler Abstieg vom Gess

Dafür sehe ich viele verblühte Edelweisse

Es wird südlich, Steinhäuser prägen das Landschaftsbild

Bei den Abendessen sitzen normalerweise bestehende Gruppen zusammen, Einzelpersonen und manchmal auch Paare werden an einen separaten Tisch gesetzt. Ich nenne ihn Tisch der einsamen Seelen, oder so. Hier entstehen oft ganz interessante und verschiedene Gespräche. Heute geht es um Fotografie und so kommt es, dass ich mich nach dem Abendessen mit meinen zwei Schwyzern Tischgenossen und mit Stirnlampe ausgerüstet doch noch auf dem Weg zum Lagh da Saoseo befinde. Die Milchstrasse wollen wir fotografieren, doch es ist so finster da oben, dass die Übung bald abgebrochen wird.

 

Etappe 07, Rifugio Saoseo – Poschiavo

Am frühen Morgen steige ich wie geplant nochmals hoch zum Lagh da Saoseo. Ein wirklich schöner Bergsee. Leider sind die Lärchen noch nicht gelb, das hätte dem ganzen noch mehr Reiz verliehen. Aber auch so ist der schöne See ein friedlicher Anblick, es herrscht absolute Ruhe da oben.

Der erste Anblick des Lagh da Saoseo bei Tageslicht

Die berühmten zwei Arven des Lagh da Saoseo

Farbige Wasser- und Spiegelwelten

Diese geniesse ich eine ganz Weile, bevor ich mich an den Abstieg zu einem weiteren kleinen See mache. Von dort geht es nochmals steil hoch auf eine sehr schöne Hochmoorebene beim Munt da Franzesch. Nach der Alp Aurafreida beginnt der lange aber angenehme Abstieg nach Poschiavo im Puschlav, oder Val Poschiavo, einem italienisch-sprachigen Tal Graubündens. Ich laufe einmal durch das schöne Dorf, überquere die Piazza Comunale und geniesse für ganz kurze Zeit etwas Italianità.

Auf dem Weg nach Aurafreida

Erster Blick ins Val Poschiavo mit San Carlo und Poschiavo

Angekommen auf der Piazza Comunale in Poschiavo

Beim Bahnhof Poschiavo endet die Weitwanderung. Die Rhätische Bahn bringt mich über die beiden UNESCO-Welterbe-Strecken der Rhätischen Bahn, Bernina und Albula, wieder zurück nach Chur. Eine schöne Art, die letzen sieben Tage nochmals Revue passieren zu lassen.

Der Bernina Trek, ein wunderbarer Weitwanderweg durch die herrliche Bergwelt Graubündens. Vom Albulatal hinein ins geologisch interessante Juliergebiet, durch das Bernina-Reich mit seinen beeindruckenden Gletschern den berühmten Gipfeln Piz Palü, Piz Morterasch und Piz Bernina und schliesslich zur charmanten Italianità des Val Poschiavo. Ich konnte in diesen sieben Tagen wunderbare und mir bisher unbekannte Ecken meines Heimatkantones kennen lernen. Absolut fasziniert und beeindruckt war ich natürlich von der Gletscherwelt, für mich das Highlight dieses Treks, das aber auch sehr zum Nachdenken anregt. Mit ein paar Routenanpassungen kann ich den Bernina Trek für Wanderer mit guter Kondition sehr empfehlen!

Weitere Informationen gibt es ebenfalls hier: https://bernina-trek.ch/