27.10.–03.11.2024. Spanien. Eine Studienreise in die faszinierende Welt der Astronomie und mehr: dunkle Nachthimmel, tiefe Einblicke ins Universum, die Observatorien Roque de los Muchachos und Teide, viel Expertenwissen, andere Perspektiven, beindruckende Vulkan- und Wüstenlandschaften, grosse Meeresbewohner, kanarische Kultur und sympathische Mitreisende.

Viele Jahre habe ich mich rund um meine Haustüre bewegt, alleine mit dem Fahrrad oder zu Fuss. Doch an einem regnerischen Sonntag stosse ich per Zufall auf eine Studienreise zum Thema Astronomie. Und Zufälle sind ja nicht Zufälle. Wer mich etwas besser kennt, weiss, dass mich der Nachthimmel in seinen Bann gezogen hat. 

Ohne viel zu Überlegen, buche ich bei Background Tours die Reise: La Palma & Teneriffa, den Sternen ganz nah. Wenn ich zu lange überlege, kommen mir wieder tausend Gründe in den Sinn, es nicht zu tun.

Background Tours organisiert Studienreisen, die von Experten auf dem Fachgebiet begleitet werden. Während der ganzen Reise wird viel Hintergrundinformation zum Thema vermittelt. Für die Astronomie ist der Fachexperte Claude Nicollier. Der 1944 in Vevey geborene Astrophysiker, Pilot und Astronaut war lange der erste und einzige Schweizer, der den Weltraum besuchte. Claude diente als Besatzungsmitglied auf vier Shuttle-Missionen zwischen 1992 und 1999, darunter zwei im Weltraum stattfindende Einsätze am Hubble-Weltraumteleskop. Mittlerweile hat die Schweiz mit Marco Sieber einen zweiten, angehenden Astronauten. Claude ist Ehrenprofessor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule EPFL in Lausanne und gibt mit seinen 80 Jahren immer noch Vorträge oder begleitet Kurse wie z. B. an der ETH Zürich.

Claude beim Vorbereiten seines Vortrages am Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC)

Am Sonntag, den 27. Oktober, stehe ich um 06:35 am Flughafen. Treffpunktzeit 06:45. Lange ist es her, seit ich das letzte Mal in der Luft unterwegs war. Wie immer bin ich sehr früh dran, eine andere Teilnehmerin ist auch schon da. Bald kommt Markus, unser Reiseleiter, dann lerne ich Claude kennen. Für mich ist es das erste persönliche Treffen mit ihm, andere Teilnehmende waren wohl schon öfters mit ihm unterwegs. Mein erster Eindruck: ein sehr bodenständiger und äusserst sympathischer älterer Herr.

Auch um 07:00 sind noch nicht alle Teilnehmenden da. Das ist nicht die typische Schweizer Art. Aber ich muss sagen, ich hatte auch telefonisch beim Anbieter angefragt, wie das mit dem „gemeinsamen Check-in“ gemeint war. Ich würde mich davon ausschliessen, wenn ich schon online eingecheckt hätte. Nach einigen Telefonaten treffen noch ein paar weitere Teilnehmende ein. 

Wir laufen in die Halle 3, beim Check-in 1 kann man nicht einchecken. Hat es zumindest geheissen. Doch beim Check-in 3 kann man nur das Gepäck abgeben. Priya, eine weitere Teilnehmerin, schwirrt los und organisiert uns beim Service-Schalter ein Gruppen-Check-in. Das sollte ein guter Vorgeschmack auf die quirlige Inderin sein. Danach geht alles schnell und bald warte ich mit einem Kaffee in der Hand beim Gate. Dort treffen noch mehr Teilnehmende ein. So lerne ich Manuel kennen. Er beschäftigt sich mit Astro-Fotografie, und zwar mit der Deep-Sky-Fotografie. Ein Bereich , der mich schon lange interessiert. Manuel hat auch eigene Teleskope in Spanien und zu Hause in der Westschweiz. Ich denke mal, dass ich mich noch gut mit ihm unterhalten werde. Schlussendlich ist die Gruppe auch komplett. 10 Teilnehmende, Markus und Claude. 

Nach einem sehr angenehmen Flug mit der Edelweiss landen wir gegen Mittag auf La Palma. Bei der Fahrt ins Parador Hotel beginnt es zu regnen. Wir sind früh dran, einige Zimmer sind schon fertig, so auch meins. Andere Teilnehmende müssen noch etwas länger warten. Ich bringe mein Gepäck ins schöne Zimmer mit Balkon und Meerblick und laufe bald durch den riesigen, botanischen Garten des Hotels Parador de La Palma. 

Der riesige botanische Garten des Parador Hotels

Innenhof und Gartenansicht des Hotels

Am späten Nachmittag gibt Claude einen kleinen Einführungs-Vortrag. Dann sehen wir uns die SkySafari App genauer an und unterhalten uns über die Nachtfotografie. Es folgt das erste gemeinsame Nachtessen und eine Vorstellungsrunde. Ein bunter Haufen verschiedener Leute, die natürlich ein grosses gemeinsames Interesse haben, den Nachthimmel. Einige haben mehr Ahnung von Astronomie, andere wie ich wohl eher weniger. Zum Essen bestelle ich mir nur eine Vorspeise, Papas Arrugas. Auf gut Deutsch Schrumpelkartoffeln. Eine kanarische Spezialität. Serviert werden sie mit zwei verschiedenen Saucen. Die Portion würde auch für zwei reichen und es ist nur eine Vorspeise. Auf den Hauptgang habe ich zum Glück verzichtet, den hätte ich nicht geschafft. 

Es regnet die ganze Nacht, teilweise heftig. Anscheinend hat es im letzten halben Jahr nicht geregnet, aber genau jetzt giesst es für uns aus Kannen. Es ist auch richtig kühl, ich muss mir in der Nacht lange Unterhosen und ein langärmliges Shirt anziehen.

Nach dem Frühstück werden wir von einem Bus und Sule, kurz für Suleika, unserer Wanderführerin abgeholt. Rauf geht’s in die Berge in den Cumbre Vieja Naturpark. Dieser zieht sich vom Zentrum der Insel bis in ihren Süden. Der Gebirgszug der namensgebenden Cumbre Vieja ist vulkanischen Ursprungs. So ist auch der jüngste Vulkan, der Tajogaite hier zu finden. Sein Ausbruch dauerte vom 19. September bis zum 13. Dezember 2021. Die aus mehreren Spalten austretende Lava floss nach Westen und über die Steilküste ins Meer hinab. Dabei wurde eine grosse Zahl von Häusern in Dörfern zerstört.

Zum Tajogaite-Vulkan kommt man nur in einer geführten Wanderung. Das ist auch unser Plan für heute. Der Vulkan ist mittlerweile inaktiv, stösst aber immer noch Gase aus.

Als wir aus dem Bus aussteigen, regnet es in Strömen und es bläst ein kräftiger Wind. Nicht gerade das beste Wanderwetter. Es wurde von einer kürzeren Wanderung gesprochen. Doch Sule ist am Anfang etwas gestresst und treibt uns zu Eile an. Denn wir sollen gute 3 Stunden unterwegs sein. Unser Grüppchen zieht sich auch gleich zu Beginn in die Länge. Die Schnellläufer und die Stauner. Ich gehöre zu den letzteren und finde die Landschaft absolut toll. Das satte Grün der Kanarischen Kiefern, die den Grossteil des Parks bedecken, hebt sich kontrastreich von dem dunklen Grund ab. Dazwischen noch ein paar farbige Wanderer. Eine Augenweide!

Unsere Gruppe auf Wanderschaft in beeindruckender Landschaft

Wind, Kanarische Kiefern und schwarzer Lava-Sand

Kiefernwälder und Nebelstimmung

Die Kreise deuten darauf hin, dass hier Gas ausströmt

Wir folgen dem Weg durch die Kiefernwälder, immer wieder bekommen wir Informationen zu Pflanzen, Tieren und der vulkanischen Geologie der Insel. Es geht mehrheitlich runter, bis auf einige kleine Anstiege. Durch das Laufen im losen schwarzen Sand füllen sich die Schuhe langsam mit diesem. Auch meine Kameralinse füllt sich, mit Kondenswasser. Normalerweise kommt meine Olympus mit nassem Klima gut zurecht, bis jetzt hatte ich nie solche Probleme. Doch heute kondensiert die Linse von innen. Irgendwann kann ich nicht mehr fotografieren. Nun ich kann, mit meinem Handy. Ich mache normalerweise keine Bilder mit dem Handy, aber auf dieser Reise werde auch ich zur Handy-Fotografin. Nicht nur heute. 

An dieser Stelle noch eine allgemeine Information zu den Fotos. Zum allergrössten Teil sind die Bilder in diesem Beitrag meine eigenen, aber ein paar einzelne stammen von anderen Teilnehmenden. Der Einfachheit halber sind diese mit © Group gekennzeichnet. 

Wir nähern uns dem Tajogaite-Vulkan. Verkohlte, abgestorbene und einzelne grüne Kiefern säumen den Weg

© Group, ein Gruppenbild mit dem Tajogaite im Hintergrund

Ein Regenbogen und rechts ein verschüttetes Hirtenhaus

Langsam nähern wir uns dem Herzstück unserer Wanderung, dem Tajogaite-Vulkan. Der Regen lässt nach und ein Regenbogen bringt zusätzliche Farbe in die sowieso schon wunderbar farbige Landschaft. In der Nähe des Kraters liegen überall vulkanische Bomben, kleine und grössere Gesteinskugeln. Von so einer möchte man nicht getroffen werden. Bald stehen wir auf dem Kraterrand, es dampft aus einigen Löchern. Sule versucht uns gegen das laute Tosen des Windes das Ausmass des Ausbruchs auf Bildern zu erklären, während sie zuschaut, dass ihr die Seiten nicht aus den Händen geblasen werden. 

Eine vulkanische Bombe, rechts Sule, die uns den Vulkanausbruch erklärt

Nach einer Weile verlassen wir den faszinierenden Ort und machen uns an den Abstieg. Einige Kiefern sind grün, andere verkohlt oder braun. Langsam wird es richtig warm, die Sonne bahnt sich ihren Weg durch die Wolken. Meine Kleiderschichten fallen. Auf dem Weg nach unten sieht man sehr gut, wie der Lavastrom die Häuser zugedeckt hat. Ein trauriger und zugleich beeindruckender Anblick. Als ich unten ankomme, leere ich als erstes meine Schuhe. Da hat sich eine gute Menge schwarzer Sand angesammelt. 

Blick zurück auf den Vulkan und ein paar verschüttete Häuser

Blick auf das Lavafeld, das sich zum Meer hinzieht

Das Fussballfeld von San Nicolás

Wie schon erwähnt, dauerte die Wanderung länger als erwartet. Claude hat sehr gut Schritt gehalten. Ich höre ihn im Bus nur kurz sagen, dass seine Knie ein wenig weh tun. Das war’s. Es wird auch nichts mehr kommen. Dieser Mann wird mich jeden Tag ein bisschen mehr beeindrucken.

Wir essen in einem italienischen Restaurant zu Mittag und später fährt uns Alberto, unser Busfahrer hoch zum Observatorium Roque de los Muchachos. Die Strasse ist eng und kurvig, der viele Regen hat einige Steine gelöst. Einmal liegt ein ziemlich grosses Exemplar mitten in der Fahrbahn. Einige versuchen, das riesige Ding zu bewegen, ohne Erfolg. Aber Alberto kann seinen Bus dazwischen durchmanövrieren. Von der Landschaft sehen wir nicht viel, wir fahren durch dichten Nebel.

Beim Besucherzentrum erwartet uns Kike. Er wird uns eine kleine Einführung in die Nachtfotografie geben, später wird er sein Teleskop aufstellen. Es ist kalt hier oben, ich ziehe alles an, was ich mitgenommen habe. Inklusive warmer Daunenjacke. Kike erzählt uns, dass man vor ein paar Tagen noch in T-Shirt und kurzen Hosen hier oben stehen konnte. Mit der nächtlichen Landschafts- und Himmelsfotografie, den Nightscapes, kenne ich mich aus, daher lerne ich hier nichts Neues. Kike zeigt uns auch einige seiner Nightscapes. Mich faszinieren vor allem die Nachtbilder mit den blühenden Tajinasten. Der Natternkopf oder Tajinaste ist eine endemische Pflanze auf La Palma und Teneriffa. Sie blüht von Mai bis Juni. Die hier oben stehenden Exemplare sehen im Moment ziemlich vertrocknet aus. 

Wunderbare Abendstimmung

Kike beim Tipps geben

Langsam lichtet sich nun tatsächlich der Nebel und wir bekommen den einmaligen Nachthimmel von La Palma zu sehen. La Palma ist ein Starlight-Reservat und wird vor Lichtverschmutzung geschützt. Ich verbringe viele Nächte draussen unter dem Sternenhimmel und muss sagen, hier fühlt man sich den Sternen tatsächlich näher. Es ist sehr dunkel und man sieht deutlich mehr Sterne. Venus beginnt zu leuchten und die Milchstrasse wir langsam sichtbar. Ebenso ist der Komet C/2023 A3 Tsuchinshan-Atlas immer noch schwach zu erkennen. Diesen können wir später auch noch durch Kikes Teleskop bestaunen. Wie auch Andromeda, Saturn mit seinem Ring und andere Himmelserscheinungen. Diese Blicke durch ein Teleskop sind immer wieder sehr faszinierend. Und ich muss sagen, den nächtlichen Himmel von La Palma würde ich gerne wiedersehen!

Die Milchstrasse, eine hell leuchtende Venus und immer noch schwach zu sehen der Komet C/2023 A3 Tsuchinshan-Atlas

Alberto bringt uns die kurvige Strasse wieder runter zum Hotel, am nächsten Morgen fahren wir die gleiche Strasse wieder hoch zum Roque de los Muchachos Observatorium. Das Observatorium, das am Rande des Nationalparks Caldera de Taburiente steht, beherbergt die grösste Konzentration von Teleskopen auf der nördlichen Hemisphäre. Die verschiedenen Teleskope befinden sich zwischen 2350 und 2400 Meter über Meer.

Teleskope stehen grundsätzlich auf Bergen oder in Wüsten, wo die Lichtverschmutzung und Luftturbulenzen gering sind. Ebenso muss das Wetter stimmen, viele klare Nächte sind optimal. So stehen die grössten Observatorien auf der südlichen Hemisphäre z. B. in Australien und in Chile, auf der nördlichen Hemisphäre auf Hawaii oder eben auf La Palma und Teneriffa.

In der Atacama-Wüste in Chile hatte ich denn auch die erste intensive Begegnung mit dem Nachthimmel. Das war im Jahr 2011, wir waren auf dem Fahrrad unterwegs in Richtung Norden, als wir durch die privaten Teleskope eines Franzosen tief ins All blicken durften. Dies zusammen mit den absolut beeindruckenden Sternen-Nächten in den hohen Anden hat wohl einiges bewirkt. Damals hatte ich keine ideale Kamera dabei, zudem ist man nach einem Tag auf dem Fahrrad ziemlich müde. Würde ich die gleiche Reise heute nochmals machen, würde ich dem Nachthimmel sicher sehr viel mehr Zeit schenken. Wer weiss, vielleicht lande ich ja noch einmal in Südamerika.

Wir werden wieder von Kike erwartet. Wir sind immer noch in Nebel gehüllt und es ist immer noch sehr kühl. Heute gibt es eine Tour durch das Observatorium. Zuerst schauen wir die beiden MAGIC Teleskope (Major Atmospheric Gamma-Ray Imaging Cherenkov Telescopes) an. Diese sind in der Lage, kosmische Gammastrahlung im energiereichen Bereich indirekt zu beobachten. Nun, wenn es zu technisch wird, verliere ich manchmal etwas den Faden. Mein Fensterplatz in Physik ist deutlich spürbar, aber ich versuche zu folgen.

Die beiden MAGIC Teleskope

© Group, Observatorium-Tour in der Kälte

Daneben stehen die Large Size Telescopes (LSTs), weitere befinden sich im Bau. Es sind die grössten CTA-Teleskope (Cherenkov Telescope Array) und mit ihnen werden Gammastrahlen niedrigster Energie aufgespürt. Kike spricht auch über das Hubble-Weltraum-Teleskop, wohl stimmt ein Detail nicht so ganz. Das ist der Moment, in dem Markus einschreitet und dem ahnungslosen Kike Claude vorstellt. Was für ein Moment! Lautes Lachen von allen und ein sehr baffer Kike! 

© Group, ein grandioser Moment! Im Hintergrund ein LST.

Danach fährt uns Alberto zum Gran Telescopio Canarias (GTC) oder GRANTECAN. GRANTECAN ist ein 10,4-Meter-Primärspiegel-Spiegelteleskop. Es wurde mit der modernsten Technologie ausgestattet, ist eines der fortschrittlichsten Teleskope der Welt und das grösste Teleskop im optischen Infrarotbereich.

Als erstes sehen wir einen kurzen Film über das Observatorium, dann dürfen wir ausnahmsweise in die Überwachungszentrale. Am Tag sind dort nur zwei Personen zu finden. Gearbeitet wird hier logischerweise in der Nacht.

Auf dem Weg zum GRANTECAN

Blick in die Überwachungszentrale

Wir bekommen alle einen Helm und über eine Treppe erreichen wir das Teleskop. Der Primärspiegel des GTC besteht aus 36 sechseckigen Segmenten. Neben dem Hauptspiegel verfügt das GTC über einen Sekundär- und einen Tertiärspiegel, die das Licht zu den Brennpunkten umleiten, an denen wissenschaftliche Instrumente angebracht werden können. Ein faszinierendes Objekt. Kike gibt uns weitere Informationen, während die Kuppel stets in Bewegung ist. Eine absolut coole und sehr informative Führung!
Danach haben wir noch Zeit, uns die Ausstellung im Besucherzentrum anzusehen. Auch ein sehr lohnenswerter Besuch. 

Links der Primärspiegel (in der Mitte der Tertiärspiegel) und rechts der Sekundärspiegel

Fotograf Markus, Claude und ich im GTC

Als wir den Roque de los Muchachos wieder verlassen, drückt langsam die Sonne durch. Noch einmal fährt uns Alberto die kurvige Strasse runter. Am Nachmittag besuchen wir La Palmas Hauptstadt Santa Cruz de La Palma. Wir laufen etwas durch die Gassen und das historische Zentrum der Stadt. Hier finden sich Häuser im kolonialen und kanarischen Stil mit kunstvoll verzierten Holzbalkonen. Wir landen aber bald in einem Restaurant auf der Plaza beim Apéro. 

In den Gassen von Santa Cruz de La Palma

Eigentlich wollten wir auch heute Abend nochmals den Nachthimmel fotografieren, doch der Nebel ist hartnäckig. Es lohnt sich nicht, in die Höhe zu fahren, denn viel würde man nicht sehen.

In der Nacht bekomme ich heftige Bauchkrämpfe, die die ganze Nacht anhalten. Wer weiss, was mein Magen wieder hat. Der ist manchmal eine ziemliche Zicke. Schlecht ist mir nicht, aber ich weiss nicht, wie ich liegen soll, alles schmerzt. Ich mache kein Auge zu. Etwas unangenehm. Daher starte ich den Tag mit einem Kamillentee und einer Banane. Immerhin, die Bananen kommen von der Insel selbst und sind sehr fein. 

Ein kleines Propellerflugzeug der Binter Canarias bringt uns in 30 Minuten nach Teneriffa Norte. Als Boardverpflegung gibt’s auf dem Flug zwei Sprüngli-Pralinen von Markus. Die hebe ich mir gerne für später auf.  

Bereit zum Boarding

@ Group, Blick auf Teneriffa und den Teide

Unser Hotel liegt in der Altstadt von San Cristóbal de la Laguna und auch hier sind wir etwas früh dran. Noch nicht alle Zimmer sind bezugsbereit. Im Hotel-Bistro gibt es sehr lecker aussehendes Mittagessen, ich begnüge mich mit zwei kleinen, trockenen Brötchen. Am Nachmittag fahren wir auf Einladung von John Beckman in das Hauptquartier des Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC).

Claude und John kennen sich schon lange. John Etienne Beckman ist 83 Jahre alt und emeritierter Forschungsprofessor für Astrophysik hier am IAC. Nach einer sehr herzlichen Begrüssung führt er uns durch das Institut. In den letzen Tagen habe ich mitbekommen, wie leidenschaftlich Claude sein Wissen weitergibt und über seine Laufbahn berichtet. Nun steht auch John vor uns und erzählt mit der gleichen Passion über die Tätigkeiten des Instituts. Ich bin noch einmal schwer beeindruckt.

John Beckman führt uns durch das IAC

Nach dem Rundgang und viel neuem Wissen begeben wir uns zusammen mit einigen Studenten ins Auditorium. Hier haben wir nun das Vergnügen, Claudes erstem Vortrag beizuwohnen. Der Vortrag ist sowohl auf die Astrophysiker des IAC wie auch auf uns „Stargazer“ zugeschnitten. Claude berichtet über seine Hubble-Missionen; sein Vortrag ist lehrreich, spannend, witzig und voll aus dem Astronauten-Leben gegriffen. Mich faszinieren die Bilder mit Blick auf die Erde. Es muss einfach unglaublich sein, so etwas zu sehen. Ein Bild weckt mein besonderes Interesse, der Blick in Richtung Südamerika. Claude sieht Chile und die Standorte der dortigen Teleskope, ich sehe einen Kontinenten, den ich zweimal der Länge nach mit dem Fahrrad durchquert habe. Wie klein es vom All aus aussieht und doch habe ich Jahre dafür gebraucht. 

Claude bei der Arbeit am Hubble, 5 Aussenboardeinsätze auf Space Mission 1

Blick vom Hubble in Richtung Atacama

Nach dem Vortrag werden wir von John zu Kaffee und Kuchen in die Kantine eingeladen. Hier haben die Studenten auch noch die Gelegenheit, einige Worte mit Claude zu tauschen. Man hat ja nicht jeden Tag einen Astronauten im Haus.

Den Rest des Tagen haben wir zur freien Verfügung. Eigentlich wollte ich noch etwas durch die Gassen der pittoresken Stadt schlendern, aber ich lege mich etwas hin und nicke ein. Priya hat derweil ein gutes indisches Restaurant entdeckt und möchte da zu Abend essen. Da gibt es sicher Reis, daher schliesse ich mich an. Zudem ist Diwali, das hinduistische Fest der Lichter, das Priya feiern möchte. Es kommen noch weitere Leute der Gruppe dazu. Im Restaurant riecht es sehr gut und Priya ist voll in ihrem Element: Essen. Sie erklärt die Speisen, gibt Empfehlungen und stellt auch gleich die Gerichte für alle zusammen. Ich bekomme meinen weissen Reis, doch dem Magen scheint es etwas besser zu gehen. Bei den leckeren Speisen kann ich ja nicht einfach nur weissen Reis essen. Ich versuche alle vegetarischen Gerichte, alle sind sehr lecker. Ein richtig gemütlicher Abend in netter Gesellschaft und feinem Essen. Und als Überraschung lädt uns Priya alle ein! Wow! Vielen lieben Dank Priya!

Im indischen Restaurant

Zum Frühstück kann ich wieder Kaffee trinken, sprich ich fühle mich wieder viel besser. Wir werden von einem Bus abgeholt, doch der ist so klein, dass das Gepäck nicht reinpasst. Lange wird diskutiert. In Markus’ Abwesenheit werde ich bald als Dolmetscherin beigezogen, denn ich spreche fliessend Spanisch. Die Fahrerin und ihr Kollege sind nicht gerade freundlich, aber sie fordern schlussendlich einen anderen Bus an. Der Witz kommt jetzt. Unser Gepäck wird in den grösseren Bus geladen, während wir in dem kleinen Platz nehmen müssen. Und klein ist alles, ich bekomme meine Beine kaum zwischen die Sitze geklemmt. Ich bin zwar gross, aber nicht die Grösste der Gruppe. Andere müssen noch unbequemer sitzen. Wir fahren los, der zweite Bus mit unserem Gepäck fährt uns nach. Und zwar die ganze Strecke bis hoch in den Teide-Nationalpark zu unserem neuen Hotel. Es gibt Dinge, die kann man nicht verstehen.

Für die nächsten drei Nächte wohnen wir im Parador de Las Cañadas del Teide, das Hotel liegt mitten im Nationalpark. Von meinem riesigen Zimmer sehe ich auf ein paar Ventilatoren von Klimaanlagen, aber ich habe die tolle Landschaft ja gleich vor der Türe. Das Bett ist sehr bequem, der Sessel auch und es hat eine Regendusche. Klasse!

Am Nachmittag werden wir von einem richtig grossen Bus abgeholt. Dieser bringt uns auf den Berg Izaña, wo sich auf 2390 m das Teide-Observatorium befindet. Dieses widmet sich hauptsächlich dem Studium der Sonne. Hier befinden sich die besten europäischen Sonnenteleskope, wie das GREGOR mit einem Durchmesser von 1,5 Metern. Ebenso widmet sich das Observatorium anderen Themen wie der Robotik in der Astronomie. 

Beim Eingang werden wir von unserem Guide Maxim erwartet. Maxim ist Russe, lebt aber schon lange auf Teneriffa. Hier geht alles etwas touristischer zu und her als auf La Palma, eine grössere Gruppe beendet gerade ihre Tour. Auf der Anlage des Teide-Observatoriums befinden sich Sonnenteleskope und Nachtteleskope von mehr als 60 Einrichtungen aus 19 Ländern. Wir laufen durch die Teleskop-Landschaft, zuerst durch die Pilze, wie die kleinen Teleskope genannt werden. 

Die Pilze, im Hintergrund ist Gran Canaria zu sehen

Allgegenwärtig der Teide

In das IAC-80 Teleskop dürfen wir rein. Nach dem GTC ist es natürlich sehr klein. Das  IAC-80 wurde 1991 installiert und ist das erste Teleskop seiner Klasse, das in Spanien entworfen und gebaut wurde. 

Im IAC-80. Der alte Computer ist nicht mehr im Eisatz.

Wir laufen am Carlos Sánchez Teleskop vorbei. Benannt ist es nach Dr. Carlos Sánchez Magro, einem Professor für Astrophysik der Universität La Laguna und wichtigem Mitglied des Instituto de Astrofísica de Canarias. Das Teleskop TCS wurde 1972 installiert und ist unter den Nachtteleskopen im Infrarotbereich eines der produktivsten Teleskope der Welt.

Unterwegs entstehen immer mal wieder interessante Diskussionen. Maxim ist kein Wissenschaftler, aber er hat auf die meisten Fragen eine Antwort. 

Das Carlos Sánchez Teleskop

Diskussions-Runde

Aus der Distanz betrachten wir die grossen Sonnenteleskope. Das 1,5-Meter-Sonnenteleskop GREGOR ist das grösste Sonnenteleskop in Europa und kommt für die Beobachtung der solaren Photosphäre und Chromosphäre im sichtbaren und nahen Infrarot zum Einsatz.

Blick auf GREGOR

In einer zum Auditorium umfunktionierten Kuppel gibt uns Maxim eine spannende Präsentation, vor allem über die Sonnenforschung, die hier betrieben wird.

Sehr detaillierte Aufnahme eines Sonnenflecks von GREGOR

Wir laufen weiter durch das weite Areal und am Schluss dürfen wir alle die Sonne selbst durch zwei tragbare Sonnenteleskope mit verschiedenen Filtern beobachten. Mit dem einen können wir die solare Photosphäre sehen und Sonnenflecken betrachten, im anderen können wir deutlich eine Sonneneruption erkennen. Was für ein spektakulärer Anblick!

Bei den beiden tragbaren Sonnenteleskopen

Wieder im Hotel stellen wir das Abendprogramm etwas um. Eigentlich sollte eine weitere Beobachtung des Nachthimmels mit einem Teleskop nach dem Nachtessen stattfinden, doch wir wollen gleich nach Sonnenuntergang loslegen. Der Guide bestätigt die frühere Startzeit, kommt dann aber doch eine halbe Stunde zu spät. Adriano ist sowieso ein eher spezieller Typ, mir ist er nicht sehr sympathisch. Auf dem nahen Parkplatz positionieren wir unsere eigenen Kameras, Venus und die Milchstrasse werden sichtbar. Doch es ist auch viel los rund um den Parador und immer wieder stören die Autolichter die Langzeitaufnahmen, während Adriano sein Teleskop aufbaut. Damit können wir noch einmal die verschiedensten Himmelsobjekte von nahem anschauen. 

Parkplatzidylle, die Milchstrasse, eine Sternschnuppe, Venus und der Komet

Es ist auch heute kalt und am Schluss sind wir nur noch zu viert auf dem Parkplatz. Claude, Markus, Manuel und ich. Auch wir begeben uns ins Hotel und in den Speisesaal. Es ist 21:30. Man könnte meinen, dass dies in Spanien normale Abendessenszeit ist, doch nicht hier oben. Wir sind fast die einzigen und bald die letzten Gäste. Der Kellner ist äusserst unfreundlich und um 22:30 werden wir rausgeworfen. Nicht gerade die feine Art.

Markus beschwert sich beim Hotel-Manager und am nächsten Morgen ist der Kellner wie ausgewechselt. Oder macht zumindest ein weitaus freundlicheres Gesicht und benimmt sich auch dementsprechend. Frühstück gibt es hier oben dafür erst um 08:00, unsere Ausflüge starten um 08:30. Da bleibt eher wenig Zeit, aber es reicht für die erforderliche Menge Kaffee und etwas feste Energie. Interessanterweise gibt es keine Bananen. 

Wir werden von zwei Wander-Guides abgeholt. Nach einer kurzen Busfahrt starten wir unsere heutige Wanderung im Teide-Nationalpark. Der Nationalpark wurde 1954 eingerichtet und 2007 zum UNESCO-Welterbe erklärt. Der namensgebende Teide liegt inmitten der Landschaft La Caldera de las Cañadas. Dabei handelt es sich um einen gewaltigen Kraterkessel, der einen Durchmesser von 16 Kilometern aufweist und von 500 Meter hohen Kraterwänden eingefasst ist. Es wird angenommen, dass der Vulkan, der hier einst in die Höhe ragte, weitaus grösser als der Teide war. 

Erster Ausblick in die wüstenartige Landschaft

Wir passieren Lavafelder und die typische Hochgebirgsbuschvegetation. Im Frühjahr blühen auch hier die Tajinasten, doch jetzt ist alles mehrheitlich beige, ab und spriesst etwas Grün. Den gewaltigen Teide mit der Seilbahn haben wir im Rücken. Ich komme aus dem Staunen und Fotografieren kaum raus und renne der Gruppe wie üblich hinterher. Wenn ich „nur“ wandere, dann kann ich ziemlich schnell laufen, aber hier gibt es so viel zu sehen. Wir passieren den Ort, an dem früher ein Sanatorium stand.

Der Teide, Lavafelder und buschartige Gewächse

Perspektiven

In der Ferne ist das Teide-Observatorium zu erkennen

Haarige Gewächse

Nochmals der Teide und eine Tajinaste

Vor uns liegt die Montaña Guajara. Der 2715 Meter hohe Berg ist die höchste Erhebung des Kraterrandes und der vierthöchste Berg Teneriffas. Für uns als Stargazer hat der Berg noch einer andere, interessante Geschichte. Auf dem Gipfel der Montaña Guajara errichtete der Astronom Charles Piazzi Synth 1856 das erste Hochgebirgsobservatorium der Welt ein. Eine Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass sämtliches Material auf den Berg hochgetragen werden musste. 

Unterwegs in Richtung Montaña Guajara

La Camellita

Einige Kletterer erklimmen den Roque La Camellita. Die öde Landschaft mit ihren Felsformationen ist faszinierend anzuschauen. Vor einiger Zeit hatte ich mir schon mal den GR 131 angesehen, einen Fernwanderweg, der über alle kanarischen Inseln führt. Der GR 131 verläuft auch in dieser Gegend. Ich muss mir das wirklich nochmals überlegen, ich finde die Landschaft einfach wunderschön. Vorbei an den Piedras Amarillas, den gelben Felsen erreichen wir gegen Mittag wieder unser Hotel.

Die Piedras Amarillas

Der Guajara von der anderen Seite, davor die Piedras Amarillas

Unser Parador vor den Roques de Garcia

Am Nachmittag bringt uns ein Bus wieder in tiefere Gefilde, in das malerische La Orotava. Die Ortschaft ist eine der ältesten auf den kanarischen Inseln. Auch hier bekommen wir eine Führung und erfahren viel über die Guanchen, die Ureinwohner Teneriffas. Wir laufen gemütlich durch die engen, mit Kopfsteinpflaster besetzten Gassen. Die Gebäude der Altstadt spiegeln die kanarische Architektur mit ihren Holzbalkonen und wunderschönen Häusern wider. Auf dem Rathausplatz haben schon die Aufbauarbeiten für die Weihnachtskrippe begonnen. Das Highlight an diesem Platz findet jedoch zu Fronleichnam statt. Aus Unmengen von verschiedenfarbigem Lavasand von der Insel wird dort jedes Jahr ein riesiges Bild entworfen.

In den Gassen von La Orotava

Die Casa de los Balcones und eine Gasse mit farbigen Bougainvilleen

La Orotava Details

Die berühmte Casa de los Balcones betrachten wir nur von aussen. Im botanischen Garten „Hijuela del Botánico“ gibt es einen riesigen kanarischen Drachenbaum zu bestaunen. Viele weitere tropische Pflanzen erfreuen das Auge und Bänke laden zur Rast ein. Für die einen folgt bald die kulinarische Rast, bei der Heladeria Relieve gibt es das beste Eis der Kanaren.

Im botanischen Garten „Hijuela del Botánico“

Der riesige, kanarische Drachenbaum

Die Schlange vor der Heladeria Relieve

Der Himmel ist mittlerweile wolkenverhangen. Das typische Wetter hier. Bei der Fahrt zurück zum Parador durchqueren wir die Wolkendecke, darüber ist der Himmel strahlend blau. Die Wolken werden durch die Passatwinde sanft gegen die Berggipfel gedrückt, wo die Feuchtigkeit im Norden und Nordosten der Insel in 600 bis 1800 Metern Höhe kondensiert. Die trockeneren und wärmeren Höhenwinde oberhalb verhindern im Teide-Nationalpark das Aufsteigen der Wolken. So entsteht dieses berühmte Wolkenmeer.

Im Hotel wartet Claude bereits ungeduldig auf unsere Rückkehr. Er hat einen weiteren, spannenden Vortrag vorbereitet, für uns extra auf deutsch. Um die Kellner des Paradors nicht wieder zu ärgern, blasen wir das nächtliche Fotografieren ab und essen zeitig zu Abend.

Ein weiterer, spannender Einblick in Claudes Erfahrungen

Am nächsten Morgen bringt uns ein Bus wieder runter von unserem Berg zum Hafen von Puerto Colón. Heute soll es auf Walbeobachtung gehen. Auf Teneriffa kann man das ganze Jahr über Wale und Delfine sehen.

Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Booten, seit ich seekrank werde. Zuerst habe ich an eine weitere Wanderung gedacht, aber nun stehe ich trotzdem im Hafen. Dort steigen wir bald auf einen Katamaran. Ich denke, dass wir noch auf weitere Passagiere warten, doch das Boot legt ab. Wie genial! Wir haben den ganzen Katamaran plus drei Besatzungsmitglieder für uns. Damit habe ich nicht gerechnet, aber es fühlt sich richtig luxuriös an. Ich mache es mir mit den Ladies auf den Liegen gemütlich. Liegen ist immer am besten. Doch die See ist ruhig und nach anfänglichem komischem Gefühl im Magen legt sich dieses bald.

Auf dem Katamaran

© Group, die Ladies am Relaxen

Wir fahren raus und schon bald sehen wir die ersten Rückenflossen aus dem Wasser auftauchen. Es sind Kurzflossen-Grindwale, auch Pilotwale genannt. In den südlichen Gewässern von Teneriffa gibt es einen bedeutenden Bestand von Kurzflossen-Grindwalen. Sie gehören zur Familie der Delfine und werden zwischen 4 und 5 Meter lang.

Die ersten Rückenflossen ragen aus dem Wasser

Wir sehen eine Mutter und ihr Kalb. Die Kurzflossen-Grindwale nähern sich unserem Katamaran. Die Crew stellt den Motor aus. Es ist ganz ruhig, als die Tiere wirklich vor unseren Nasen umhertauchen. Die Mutter schwimmt unter das Boot. Ein ganz schön grosses Tier. Dann lässt sie das Kalb bei uns und entfernt sich. Das kleine ist ziemlich neugierig, später wird es von Mama wieder abgeholt. So cool!

Die Tiere schwimmen ganz nahe an unserem Katamaran vorbei

Mein Schatten im Wasser und ein Kurzflossen-Grindwal

Sie schwimmt auf uns zu

Gibt es Essen, ist Priya in der Nähe

Nach meiner anfänglichen Skepsis hat sich das Walbeobachten doch sehr gelohnt. Die Crew stellt uns einige Snacks bereit, dann fahren wir noch in die Nähe einer Grotte. Die beeindruckt mich eher weniger. Zum Schluss könnten wir noch schwimmen gehen. Doch bei uns oben in den kalten Bergen hat wohl niemand an schwimmen im Meer gedacht. Badehosen sind beim Teide geblieben.

Unser Bus bringt uns von der Küste wieder hoch zum Parador. Markus, Manuel, Irina und ich gehen auf eine kleine Location-Scouting-Tour rund um die Roques de Garcia. An unserem letzten Abend wollen wir nochmals den Nachthimmel fotografieren. Der Ort sollte aber gut zugänglich sein. Wir laufen eine Weile durch die Felsformationen und definieren schlussendlich eine leicht zu erreichende Platform als unsere Location. Zudem sehe ich tatsächlich noch eine Tajinaste mit einigen Blüten.

Der Roque Cinchado

Ein paar Blüten der Tajinaste sind noch übrig

Danach gibt Manuel noch eine sehr informative Präsentation und lehrreiche Einblicke in die Deep-Sky-Fotografie. Ein Thema, das mich seit langem sehr interessiert. Ich finde den Anblick dieser Objekte einfach unglaublich faszinierend. Sie sehen aus wie Kunstwerke. In diesen Aufnahmen steckt viel Equipment, Zeit und Wissen. Voilà, auch dir vielen Dank Manuel!

Vor Sonnenuntergang machen wir uns auf den Weg zu unserer ausgesuchten Location. Manuel und einige andere möchten Startrails oder Sternspuren aufnehmen. Ich hatte mir am Nachmittag noch einige andere Ort angeschaut und trenne mich von der Gruppe. 

Unser Parador und der Guajara im Abendlicht

Blue Hour bei den Roques de Garcia, im Hintergrund der Guajara

Die Fels-Silhouetten erinnern mich an die Statuen auf den Osterinseln, die ich nur von Bildern kenne. Ich sehe überall Gesichter. Venus verschwindet bald hinter den Felsen. Im Dunkeln wandere ich gut umher, aber es sind ziemlich viele Leute unterwegs. Immer wieder werden meine langen Belichtungen durch das Licht einer fremden Stirnlampe „verziert“. Auch die Autos der nahen Strasse erleuchten die Felsen immer mal wieder. Auf der Plattform ist das wohl kein Problem. Ich habe trotzdem meinen Spass und geniesse die Zeit, zumal es auch deutlich wärmer als noch vor zwei Nächten ist.

Venus verschwindet hinter dem Felsen, die Milchstrasse erscheint

Licht auf dem Felsen, Andromeda ist gut sichtbar

Die Milchstrasse zwischen den angeleuchteten Roques de Garcia

Bei einem letzten gemeinsamen Abendessen lassen wir diese Reise ausklingen. 

Am letzen Morgen können wir uns beim Frühstück viel Zeit lassen. Um 10:00 werden wir abgeholt und ein letztes Mal fahren wir wieder vom Berg runter, die gleiche Strecke wie am Vortag. Auf dem Flughafen haben wir noch viel Zeit, bis die Edelweiss uns wieder nach Zürich bringt. Beim Gepäckband nehmen wir Abschied voneinander und alle gehen wieder ihre eigenen Wege. Schön war’s!

@ Group, Adios Parador de las Cañadas del Teide

@ Group, Adios Stargazers!

Fazit:

Es war eine sehr interessante und lehrreiche Woche mit vielen unterschiedlichen Einblicken ins Thema Astronomie. Meine spontane Entscheidung hat sich definitiv gelohnt! Es war eine sehr angenehme Gruppe und der eine oder andere konnte mir tolle Tipps mit auf den Weg geben, mit anderen gab es bereichernde Gespräche übers Leben. 

Markus hat sich sehr gut um uns und alles Drum und Dran gekümmert. Er hatte es vor allem mit den Tinerfeños nicht immer einfach, hat aber jedes Problem gelöst.

Vor der Reise hatte ich gedacht, dass ich meine Zeit vielleicht in Zukunft auch den Deep-Sky-Objekten widmen könnte. Doch nach dieser Woche und einigen Gesprächen mit Manuel kann ich mit guten Gewissen sagen, dass ich momentan einfach bei meinen Nightscapes bleibe. Für mich geht es bei der nächtlichen Fotografie nicht um Wissenschaft, sondern um das draussen sein. Wenn ich irgendwo in den Bergen vor meinem Zelt sitze und mit einer heissen Tasse Tee in der Hand den Sternenhimmel betrachte, dann passt das. Zumal ich meine Ausrüstung auf meinem Rücken auf den Berg trage, muss ich mich etwas einschränken. Teleskope sind doch etwas grösser und schwerer. Aber was nicht ist, kann immer noch werden. Das lasse ich mir auf jeden Fall offen…

Das wahre Highlight der Reise war für mich aber definitiv Claude. Seine Persönlichkeit und Sicht der Dinge hat mich zutiefst beeindruckt. Claude ist auf dem Boden geblieben (nicht wortwörtlich), bescheiden, beantwortet wahrscheinlich die immer gleichen Fragen stets freundlich mit enormer Geduld und Hingabe. Genauso erklärt er Sachverhalte, detailliert und verständlich, oft begleitet von einer Skizze. Wenn er etwas macht, wie z. B. den Nachthimmel fotografieren, dann mit voller Hingabe. Seine Leidenschaft für das Thema Astronomie ist immer noch riesig und ansteckend. Aus seinen Vorträgen konnte ich viel mitnehmen. Ich werde mir seine Worte immer wieder zu Herzen nehmen und noch lange an diese Woche denken!

Hiermit ein grosses Danke an alle und ein gigantisches Danke an Claude! Es war mir eine riesige Ehre, ihn persönlich kennen zu lernen und diese Woche mit ihm zu verbringen!

Weil gut Ding Weile haben will, hat das Verfassen dieses Beitrags etwas länger gedauert, wir schreiben schon Januar 2025.

Ein gutes 2025 für euch alle, mit vielen klaren Nächten und erfüllenden Blicken in den Sternenhimmel!

 

PS: auch ich habe mich noch mit den Startrails beschäftigt.